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die bank 07 // 2015

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING eine erste

ó BANKING eine erste Bewertung des Geschäftsmodells vor. Ist die Beurteilung positiv, wird zeitnah ein Meeting organisiert, bei dem neben der Geschäftsleitung auch Regulierung, Legal und Technik mit am Tisch sitzen. So sind alle Prozess-Stakeholder von Anfang an auf dem gleichen Informationsstand und es kann sehr schnell und kompetent entschieden werden, ob ein Start-up unterstützbar ist oder nicht. Vor allem für Gründer, die bereits bei anderen Banken vorstellig wurden, ist dieses Vorgehen mit dem frühen Involvement der Geschäftsleitung eine ganz neue Erfahrung. Nach dem Start-up-Meeting setzt ein „normaler“ Projektmanagement-Prozess ein, um die FinTech-Banken-Kooperation bis zur Marktreife weiterzuentwickeln. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die Hauptherausforderungen dabei tatsächlich in der Anpassung des Geschäftsmodells an die Regulierungsvorgaben liegen, ohne dieses zu zerstören. An der Technik, in anderen Bereichen eher die höchste Hürde, scheitern Gründungsideen dagegen so gut wie nie. Investitionen und Kooperationsformen Die Sutor Bank investiert in der Regel nicht selbst in Start-ups, verlangt von den Start-ups aber auch nicht unbedingt eine sofortige Bezahlung ihrer Dienstleistung. Man geht gemeinsam mit den Gründern über das Kooperations- bzw. Geschäftsmodell ins Risiko. In der Praxis bedeutet dies, jede Partei macht ihre „Hausaufgaben“, ohne von der anderen dafür bezahlt zu werden. Geld fließt für beide erst, wenn das Start-up erfolgreich am Markt ist. Je nach Ausgangslage, vor allem, wenn das Start-up bereits weit entwickelt ist und nur noch der Bankenbaustein fehlt, werden auch reine Dienstleistungsvereinbarungen geschlossen. Unabhängig von der Form der Zusammenarbeit hilft die Partnerschaft mit der Sutor Bank Start-ups, bei Investoren Geld einzusammeln. Denn erst in der Kooperation werden die Geschäftsmodelle lauffähig und damit investibel. Darüber hinaus schafft die Partnerschaft mit einer Traditionsbank Vertrauen – sowohl gegenüber Investoren als auch gegenüber Kunden. fl Jede Partei macht ihre „Hausaufgaben“, ohne von der anderen dafür bezahlt zu werden. Geld fließt für beide erst, wenn das Start-up erfolgreich am Markt ist. Mehr als reine Abwicklungsbank Die Plattform-Option birgt für Banken die Gefahr, dass sie zu reinen Abwicklungsinstanzen und damit austauschbar werden. Die Sutor Bank vermeidet diese „Eigen-Commodisierung“ dadurch, dass Kooperationen in der Regel als aktive Partnerschaften anlegt werden und sie nicht als reine White-Label-Bank agiert. In der Praxis bedeutet dies, dass die Bank in der Kommunikation eine sichtbare Rolle spielt. So wird etwa die Zusammenarbeit im Marketing als Alleinstellungsmerkmal des FinTech-Start-ups herausgestellt, oder der Bank-Prozess wird in der Kundeninteraktion als solcher gekennzeichnet. Kooperationsbeispiele Aktuell residieren drei FinTechs auf der Start-up-Plattform: Der Riester-Sparplananbieter Fairr.de, die Festgeld- und fl Das Kreditinstitut ist klein genug, um ähnlich schnell wie Start-ups zu agieren, hat ein starkes technisches Backbone und eine Banklizenz. Tagesgeldplattform Zinspilot und der Fin- Tech-Dienstleister FinReach. Für Fairr.de hat die Sutor Bank die Entwicklung des Anlagekonzepts übernommen, stellt die Kapitalgarantie, ist für die Kunden der Sparplan-Vertragspartner, stellt das Kundenportal und übernimmt das Management aller Anlage-Prozesse. In der Kooperation mit Zinspilot bietet die Sutor Bank ein Konto, mit dem Kunden die Zinspilot-Services nutzen können, und stellt die Transferkonten bereit, über die die Kundengelder auf ausländische Tages- und Festgeldkonten verteilt werden. FinReach, ein Start-up des Berliner Company-Builders FinLeap, bietet FinTechs an, Kunden-Onboarding-Prozesse als One-Stop-Servicelösung einzukaufen. Die Sutor Bank übernimmt dabei die Prozessschritte, für die eine Banklizenz notwendig ist: die Feststellung der Kundenidentität, die Antragsbearbeitung und die Verwaltung von Depots, falls dies im Geschäftsprozess vorgesehen ist. Digitalisierung als Chance statt als Bedrohung Die Digitalisierung und FinTechs als ihre unternehmerischen Träger, die viele Banken als Bedrohung ansehen, haben für die Sutor Bank die Chance eröffnet, neue Geschäftsfelder zu erschließen. Die Bank ist klein genug, um ähnlich schnell wie Start-ups zu agieren, hat ein starkes technisches Backbone und – anders als Fin- Techs – eine Banklizenz. Sie ist somit optimal aufgestellt, um in der digitalisierten Finanzwelt mit den vorhandenen Stärken zu reüssieren. ó Autor: Robert Freitag ist geschäftsführender Gesellschafter der Sutor Bank, Hamburg. 32 diebank 7.2015

BANKING ó Konkurrenz oder Kooperation? DIGITALE TRANSFORMATION Google und Facebook haben Banklizenzen erworben und eigene Bezahlsysteme auf den Weg gebracht – die deutschen Banken arbeiten an einer Alternative zu Paypal. Die Deutsche Bank hat angekündigt, Filialen zu schließen, die Postbank zu veräußern und zusätzlich 1 Mrd. € in die Digitalisierung zu investieren. Es ist Bewegung gekommen in die Diskussion um die Digitalisierung der Finanzbranche. Welche Richtung wird die Entwicklung nehmen? Wie (re)agieren Banken und FinTechs? Von den möglichen Handlungsoptionen haben Kooperationen derzeit die besten Chancen. Andreas Kern Keywords: Digitalisierung, Wikifolio, Finanztechnologie, FinTechs Weltweit versuchen schätzungsweise 3.500 Jungfirmen, den Banken Geschäft abzujagen. Allein in Deutschland bieten mittlerweile über 100 Finanztechnologie- Start-ups (FinTechs) ihren Kunden digitale Finanzdienstleistungen: Girokonten und persönliches Finanzmanagement via Smartphone, Peer-to-Peer-Kredite für Privatpersonen und Unternehmen (Social Lending), P2P-Beteiligungen (Crowdfunding), P2P-Versicherungen (Social Insurance) und P2P-Geldanlage (Social Trading). Dabei geht es nicht nur um neue Kommunikationskanäle, sondern auch um neuartige Dienstleistungen und Geschäftsmodelle ” 1. FinTechs reagieren damit auf gestiegene Ansprüche an Finanzdienstleister und die Bedürfnisse einer jüngeren Klientel. Der mediale Wandel, die veränderte Mediennutzung sowie ein Vertrauensverlust der Banken haben die Einstiegsbarrieren für neue Anbieter sinken lassen. Vor allem jüngere Ziel- und Nutzergruppen stellen klassische Finanzdienstleister vor neue Herausforderungen: Sie sind digital vernetzt, mobil und ständig online. Sie bevorzugen digitale Interaktionen, erwarten sofortige Reaktion, Privatsphäre ist ihnen weniger wichtig – Hauptsache es geht einfach, schnell und bequem. Andreas Kern Vor der Gründung von Wikifolio führte Andreas Kern mit Payolution schon einmal ein Start-up zu einer ansehnlichen Größe. Kern studierte Mathematik und Computerwissenschaften, hat einen Master of Science für Innovationsmanagement an der JK Business School und ist ausgebildeter Börsenhändler für Termin- und Kassamarkt. Finanzunternehmen und FinTechs Gemäß einer Studie der Unternehmensberatung A.T. Kearney (2013) rangiert Deutschland in der „Digital Banking Readiness“ auf einem Mittelplatz – vor Ländern wie Spanien und Polen, aber hinter Frankreich, Österreich und Schweden. Banken verfügen über ein großes Angebot unterschiedlicher Leistungen, und viele überlegen derzeit noch, wie sie digitale und mobile Services und Mehrwerte schaffen können. FinTech-Unternehmen hingegen konzentrieren sich meist auf eine einzige Idee. Etablierte Finanzdienstleister tun sich schwer, dabei den Überblick zu behalten, Geschäftsmodelle zu bewerten und Handlungsentscheidungen zu treffen: Was ist die beste Strategie? Welche Möglichkeiten zur Zusammenarbeit gibt es? Wie können beide Seiten von einer Zusammenarbeit profitieren? Die meisten neuen Anbieter versuchen, sich in die Schnittstelle zwischen Banken und Kunden zu schieben. Dort bieten sie ihren Kunden neuartige Erlebnisse: sofortige, leichtverständliche Interaktion; schnelle und sichere Abwicklung; faire Preise, Transparenz und Vergleichbarkeit. Noch ist das Geschäftsvolumen der Fin- Techs gering – die Strategieberatung Bain & Company schätzt ihren Marktanteil weltweit auf weniger als zwei Prozent. Doch das könnte sich schnell ändern, wenn Google oder Facebook im großen Stil ins Bankengeschäft einsteigen. Entsprechend sind viele FinTechs zumindest verbal mit dem Anspruch gestartet, die Finanzdienstleistung zu revolutionieren. Mit Bergfürst und Payone haben sich die ersten deutschen Anbieter eine Banklizenz bzw. Zulassung als Zahlungsinstitut (kleine Banklizenz) gesichert. Doch die meisten FinTechs besitzen keine Banklizenz und agieren außerhalb der BaFin-Sphäre. So musste Pockets United 7.2015 diebank 33

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