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die bank 06 // 2021

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG

REGULIERUNG ALL-CRIME-ANSATZ IN DER GELDWÄSCHE Was das Aus des Vortatenkatalogs für die Banken bedeutet Im Bereich der Geldwäschebekämpfung gab es eine entscheidende Änderung: Durch den Wegfall des Vortatenkatalogs kann nun jedes Delikt des Strafgesetzbuchs und des Nebenstrafrechts eine taugliche Vortat für eine Geldwäschehandlung darstellen. Die Zahl der Geldwäscheverdachtsfälle dürfte damit deutlich ansteigen. Zudem ergeben sich für die nach dem Geldwäschegesetz Verpflichteten zusätzliche Obliegenheiten. Die ohnehin schon stark in Anspruch genommene Kreditwirtschaft wird ihre Monitoring-Aktivitäten anpassen und noch ausweiten müssen. Im Februar hat der Bundestag das Gesetz zur Verbesserung der strafrechtlichen Bekämpfung der Geldwäsche („Gesetz“) in Form einer Vorlage des Rechtsausschusses beschlossen. Das neue Gesetz wurde am 17. März 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht. Unmittelbar danach, am 18. März 2021, ist es ohne Umsetzungsfrist in Kraft getreten. Durch die Neuregelung wird der Tatbestand der Geldwäsche (§ 261 StGB) umfassend reformiert. Das Gesetz setzt die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2018/1673 vom 23. Oktober 2018 über die strafrechtliche Bekämpfung der Geldwäsche („Richtlinie“) um. Allerdings geht es in Teilen deutlich über die Vorgaben der Richtlinie hinaus, wodurch die Strafbarkeit der Geldwäsche erheblich ausgeweitet wird. Mit der Umsetzung in deutsches Recht wird der bisher geltende Serious-Crime-Ansatz aufgegeben, nach dem bislang die für eine Geldwäschehandlung tauglichen Vortaten abschließend im Gesetz geregelt waren. Mit dem nunmehr geltenden All-Crime-Ansatz wurde dieser Vortatenkatalog abgeschafft, sodass nunmehr jedes Delikt des Strafgesetzbuchs und des Nebenstrafrechts eine taugliche Vortat für eine Geldwäschehandlung darstellen kann. Die Strafbarkeit wegen Geldwäsche wird damit künftig deutlich häufiger greifen als bisher. Mit dieser Ausweitung der Strafbarkeit wegen Geldwäsche ergeben sich für die Verpflichteten (§ 2 GwG) zusätzliche Obliegenheiten. Zunächst ist anzunehmen, dass sich mit der Gesetzesänderung der Kreis der Unternehmen, die den Pflichten des Geldwäschegesetzes unterliegen, vergrößern dürfte. Ferner haben insbesondere die Kreditinstitute, die ohnehin schon den Großteil der Pflichten aus dem Geldwäschegesetz zu tragen haben, ihre bisherigen Monitoring-Aktivitäten anzupassen und auszuweiten. Schließlich wird sich auch die Meldepraxis ändern. Viele Fragen sind in diesem Zusammenhang aus Sicht der Verpflichteten noch offen. Im Folgenden soll auf die Fragestellungen eingegangen werden, mit denen insbesondere Kreditinstitute aufgrund der Gesetzesänderung derzeit konfrontiert sind. In den Häusern stellt sich vor allem die Frage, welche Straftatbestände im Rahmen der Geldwäschebekämpfung nun zusätzlich zu betrachten sind und welche weiteren Monitoringund Meldeverpflichtungen für die Institute dadurch entstehen. Der Artikel verfolgt nicht das Ziel, die aufgeworfenen Fragen abschließend zu beantworten. Das wäre aktuell verfrüht. Es geht vielmehr darum, einige der zentralen Themen aufzuzeigen, die im Zusammenhang mit der Umsetzung der Gesetzesnovelle aus Sicht der Kreditwirtschaft auf der Tagesordnung stehen. Jede Art des Betrugs wird taugliche Vortat In den Fokus der Betrachtung rücken zunächst die einfachen Betrugsdelikte (§§ 263 StGB ff.). Bislang waren nur die besonders schwerwiegenden Begehungsweisen des Betrugs, also in gewerbsmäßiger Ausübung oder als Mitglied einer Bande, im Vortatenkatalog enthalten. 54 06 // 2021

REGULIERUNG Nunmehr wird man davon ausgehen müssen, dass jede Art des Betrugs taugliche Vortat der Geldwäsche sein kann. Es kommt also eine Reihe von möglichen Konstellationen hinzu, die Gegenstand einer Verdachtsmeldung sein können. Exemplarisch erwähnt seien dabei die Fälle der sogenannten Lastschriftreiterei. Dies sind Fälle von (unberechtigten) Lastschriftaufträgen. Die Täter, die mit dem Widerruf der Gutschrift durch den Inhaber des belasteten Kontos rechnen, verfügen unmittelbar nach Eingang des Geldes über den Betrag, um so die Rücklastschrift zu verhindern. Unter das neue Regime dürften auch jegliche Konstellationen des sogenannten Ebay- Betrugs fallen, also diejenigen Fälle von im Internet abgeschlossenen Kaufverträgen, bei denen es aufgrund von betrügerischen Absichten zu Leistungsstörungen kommt. Lediglich exemplarisch genannt seien hier die klassischen Fälle des Dreiecksbetrugs, des Austausch-Tricks, des Nachnahme-Tricks oder auch des Bezahl-Betrugs. Bei den zuvor genannten Beispielen handelt es sich um im täglichen Zahlungsverkehr zuhauf vorkommende Fälle. Da diese bislang aufgrund ihrer in der Regel einfachen Begehungsweisen nicht vom Vortatenkatalog der Geldwäsche gedeckt waren, erfolgten in der Vergangenheit diesbezüglich kaum Verdachtsmeldungen. Nunmehr sind diese auch dann von der Strafbarkeit erfasst, wenn sie nicht gewerbsmäßig oder als Mitglied einer Bande begangen werden. Die Kreditinstitute werden hier ihre Verdachtsmeldepraxis ausweiten müssen. Offen ist allerdings die Frage, welches Institut in derartigen Betrugs-Konstellationen zur Meldung verpflichtet ist. Im Normalfall sollte dies die Bank sein, die die betrügerischen Gelder entgegengenommen hat. Ungeklärt scheint jedoch, ob auch die Bank des Tatopfers zur Meldung verpflichtet wird. Dies würde nach Ansicht des Verfassers über den Regelungsgehalt des § 261 StGB hinausgehen, da das betrogene Tatopfer ja aus seinem redlichen Vermögen überweist und die Vermögenswerte erst mit Eingang auf dem betrügerischen Empfänger-Konto inkriminiert werden. § 261 StGB setzt jedoch tatbestandsmäßig voraus, dass die Gelder, mit denen die Geldwäsche begangen wird, aus einer rechtswidrigen Tat herrühren, also bei Tatbegehung bereits inkriminiert sind. Entsprechend greift auch die Meldepflicht des § 43 GwG erst ein, wenn ein „Vermögensgegenstand (…) aus einer strafbaren Handlung stammt“. Das ist bei Verfügungen des Opfers, die ja erst zur Erfüllung der Tatbestandsmerkmale der Vortat führen, offenkundig nicht der Fall. 06 // 2021 55

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