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die bank 06 // 2021

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT

MARKT LIQUIDITÄTSMANAGEMENT Mit Zweitmarktpolicen Cash-Reserven erhalten Strafzinsen sind nur ein Effekt der Niedrigzinspolitik, dafür aber ein teures Ärgernis. Wer angesichts von Covid-19 solide wirtschaftet und liquide bleibt, muss für seine Flexibilität mitunter zahlen. Ein innovativer Ansatz nicht nur für Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) ist hier das Liquiditätsmanagement mit Zweitmarktpolicen. Wie sich die Wirkung von Verwahrgeldern auf diese Weise neutralisieren lässt, zeigt der folgende Beitrag. Die Corona-Krise hat einerseits ganze Wirtschaftsbranchen mit voller Wucht getroffen. Es droht hier ohne Zweifel eine Pleitewelle. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln entwarf vor der ausgelaufenen Aussetzung der Insolvenzantragspflicht am 30. April ein Schreckensszenario mit mehr als 5.000 Zombie-Unternehmen. Auch im Zweitmarkt für Lebensversicherungen ist der Liquiditätsschock angekommen. Vor allem Gewerbetreibende müssen mittlerweile mit Mitteln aus ihrer Altersvorsorge finanzielle Engpässe überbrücken. Die Zahl derer, die ihre Police verkaufen müssen, ist seit Jahresbeginn noch einmal deutlich gestiegen, obwohl 2020 bereits 20 Prozent mehr Lebensversicherungen angekauft wurden als im Vorjahr. Allerdings berichtet die Deutsche Bundesbank davon, dass rund zwei Drittel der deutschen Unternehmen offenbar ohne einschneidende Beeinträchtigungen durch das erste Corona-Jahr gekommen sind und auch längere Engpässe überbrücken können. Sie verfügen laut April-Bericht generell über ausreichende Reserven auch im Horizont von mehr als zwölf Monaten. Bedingt durch die Pandemie bauen sich hier offenbar sogar enorme Investitionsrückstände auf. Die europäische Investitionsbank (EIB) hat schon zu Beginn des Jahrs angemahnt, dass fast die Hälfte der Unternehmen ihre Investitionen zurückhalten. Entsprechend haben sich hier mitunter immense Cash-Reserven aufgebaut. Bereits vor der Corona-Pandemie hatten Mittelständler einer Studie der Fachhochschule des Mittelstands (FHM) zufolge im Schnitt 2,5 Mio. € frei verfügbar, für die sie teils händeringend Investitionen suchen. Mittelstand agiert risikoscheu wie Privatanleger Für Unternehmen ist es überlebenswichtig, genügend Cash vorzuhalten, damit sie jederzeit ihre Rechnungen bezahlen können. Professionelle Liquiditätsplanung ist komplex. Es geht darum, Zahlungsströme adäquat zu steuern, das Inkasso zu optimieren und die freien Mittel zinsoptimal anzulegen. Die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat hier spürbare Auswirkungen auf mittelständische Unternehmen. Kredite gibt es zu günstigen Konditionen. Spätestens mit der Einführung sogenannter Verwahrgelder – rund 370 Banken verlangen mittlerweile im Privatkundenbereich Negativzinsen bis zu einer Höhe von 1 Prozent, bei Firmenkunden sind es 420 Geldhäuser – ist aber klar: Auf dem (Geschäfts-) Konto sollte niemals mehr Geld liegen als notwendig. Vielmehr sollten die täglichen Geschäfte damit abzudecken sein, inklusive eines je nach individuellem Sicherheitsbedürfnis ausgestalteten Puffers. Geld, das erst in sechs Monaten oder noch später benötigt wird, sollte möglichst gewinnbringend angelegt werden. Vor allem der Mittelstand agiert ähnlich risikoscheu wie Privatanleger. Hier sind die Zahlen alarmierend: Knapp die Hälfte des Geldvermögens von fast 7 Bio. € wird niedrig bis überhaupt nicht verzinst. Auch für viele Unternehmen bleiben Tages- und Festgeld in der Liquiditätssteuerung die erste Wahl. Strafzinsen können so zwar vermieden werden. Bei Zinsen von selten mehr als 1 Prozent und einer Inflationsrate, die im letzten März bei 1,7 Prozent lag, sind negative Realzinsen Realität. Dass damit Wert vernichtet wird, liegt auf der Hand. 34 06 // 2021

MARKT Auswege aus der Niedrigzinsfalle Zweitmarktpolicen könnten hier eine echte Alternative darstellen – und einen Ausweg aus der Niedrigzinsfalle aufzeigen. Die Nachfrage gerade von Bankpartnern hat seit Jahresbeginn stark zugenommen. Worum handelt es sich bei diesem Alternativinvestment? Zweitmarkpolicen sind klassische Kapital- oder Rentenversicherungen, die bereits einen Teil ihrer Laufzeit vollendet haben und als Kapitalanlage gehandelt werden. Kapitalbildende Lebensversicherungen werden oftmals über Laufzeiten von 30 oder 40 Jahren abgeschlossen. Das sind sehr lange Zeiträume, in denen sich die Lebensumstände ändern können. So wurden 2020 in Deutschland Lebensversicherungs-Policen im Wert von 14 Mrd. € storniert. Jede zweite Lebensversicherung wird vorzeitig gekündigt. Die Gründe hierfür sind sehr unterschiedlich. Schnelle Liquidität wird beispielsweise zur Finanzierung eines Eigenheims benötigt oder aktuell vermehrt auch, um finanzielle Notlagen zu überbrücken. Statt eine Lebensversicherung zu kündigen, kann der Inhaber sie auch verkaufen und auf diese Weise einen Aufschlag von 3 bis 5 Prozent erzielen, bei einem Rückkaufswert von 150.000 € sind das entsprechend 4.500 € bis 7.500 € mehr. Zusätzlich bleibt dem Verkäufer ein beitragsfreier Rest-Todesfallschutz erhalten. Handelbar im Zweitmarkt sind klassische Kapitallebensversicherungen oder Rentenversicherungen mit Kapitalwahlrecht, deren Rückkaufswert mindestens 10.000 € beträgt. Auch wenn die Nachfrage nach aufgekauften Lebensversicherungen als alternatives Investmentprodukt steigt und seit 2008 über den Zweitmarkt Verträge im Wert von rund 600 Mio. € als Investment verkauft wurden: Die Quote aller vorzeitig beendeten Policen, die den Weg in den Zweitmarkt finden, bleibt weiter stark ausbaufähig. 2020 sind mit 290 Mio. € lediglich rund 2 Prozent im Zweitmarkt für Lebensversicherungen gelandet. Oft kennen die Versicherungsnehmer die Möglichkeit des Verkaufs gar nicht. 06 // 2021 35

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