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die bank 06 // 2021

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT Zentralverwahrer

MARKT Zentralverwahrer (insbesondere im Hinblick auf die Verwahrung irischer Aktien im Vereinigten Königreich) als gleichwertig zugelassen. Die europäische Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA hat drei zentralen Gegenparteien und einem Zentralverwahrer im Vereinigten Königreich die entsprechenden Erlaubnisse für die Fortführung ihrer Dienstleistungen für EU- Kunden erteilt. Mit der Befristung hat die EU- Kommission allerdings signalisiert, dass sie diese Entscheidungen nur als vorübergehend betrachtet. Im Beschluss zu den CCP fordert sie die Finanzindustrie innerhalb der EU explizit zu Strategien auf, um die Abhängigkeit von den CCP im Vereinigten Königreich zu reduzieren. Über eine Verlängerung der Äquivalenz für Zentralverwahrer war zum Zeitpunkt als dieser Beitrag in den Druck ging noch nicht entschieden. Eine solche Verlängerung könnte sich erübrigen, nachdem die Wertpapiere irischer Aktiengesellschaften im März bereits nach Belgien transferiert wurden. Die zuständige EU-Kommissarin sieht keine Eile, dem Finanzplatz London Zugang zum EU-Binnenmarkt zu gewähren. Frankreich drohte der City of London im April gar mit Vergeltungsmaßnahmen, falls das Vereinigte Königreich Zugeständnisse in Fischereifragen verweigere. Auch die Bank of England ist zurückhaltend: Für ihren Governor stellt ein Äquivalenzregime zwar das wünschenswerte Szenario dar, sei es aber nicht wert, wenn sich das Vereinigte Königreich im Gegenzug EU-Regeln beugen müsse. Die Finanzindustrie in London ist ebenso gespalten. Manche ihrer Vertreter verweisen darauf, die EU benötige den Finanzplatz London und werde aus Eigeninteresse ein Abkommen abschließen, andere hingegen sind davon überzeugt, die globale Führungsrolle Londons könne am besten unabhängig von einer Äquivalenz mit den EU-Regeln weiterentwickelt werden. Äquivalenz wird unilateral gewährt und kann kurzfristig gekündigt werden Für die Anerkennung eines Regelwerks als gleichwertig bedarf es entsprechend der Grundsätze der Europäischen Union keiner Vereinbarungen zwischen der EU und dem jeweiligen Drittland. Vielmehr gewährt die Europäische Kommission Äquivalenz mit einer einseitigen Entscheidung in ihrem alleinigen Ermessen. Ebenso kann sie eine solche Entscheidung auch wieder einseitig aufheben, grundsätzlich mit einer Frist von lediglich 30 Tagen. 10 06 // 2021

MARKT 1 | Äquivalenzklauseln in wichtigen Regelwerken der EU zum Finanzmarkt Bereich Unmittelbarer EU-Zugang aufgrund Äquivalenz Professionelle Kunden Privatkunden Bankgeschäft (Kredite, Einlagen) Nein Nein Zahlungsverkehrsdienstleistungen Nein Nein Wertpapierdienstleistungen Ja Nein Regulierte Märkte (MiFID) Ja Alternative Investmentfonds Ja Nein UCITS Fonds Nein Nein Marktinfrastruktur (EMIR) Ratingagenturen Zentralverwahrung Transaktionsregister (SFTR) Finanzmarktindizes Ja Ja Ja Ja Ja Quelle: Europäisches Parlament, April 2021. Allerdings ist die Europäische Kommission nicht frei in ihren Entscheidungen. Gleichwertigkeit der Regulierung kann sie nur aussprechen, sofern die jeweiligen Richtlinien und Verordnungen auch Öffnungsklauseln enthalten. Bei der Erarbeitung und Verabschiedung der Regelwerke im vergangenen Jahrzehnt hatte die EU jedoch kein Konzept, solche Klauseln einzubauen, geschweige denn widmete sie dem Gedanken Aufmerksamkeit, Äquivalenz quasi als Back-up nach dem Austritt eines Mitgliedsstaats zu etablieren. Es herrscht Heterogenität. Dies ergibt sich schon aus höchst unterschiedlichen Zielsetzungen: So können Öffnungsklauseln durch internationale Vereinbarungen (zum Beispiel im Rahmen von WTO, BIZ oder G20) initiiert sein. Sie können auch dem Ziel der verbesserten Dienstleistungen oder dem Verbraucherschutz dienen oder gar den Zugang von EU- Finanzinstituten zu ausländischen Märkten ebnen. Einige Äquivalenzentscheidungen werden sofort für die gesamte EU rechtskräftig, andere erfordern, dass nationale Regierungen für das Inkrafttreten im eigenen Land optieren müssen. Entscheidend dabei ist, dass sich Öffnungsklauseln nicht durchgängig und umfassend im Regelwerk für die Banken- und Kapitalmärkte finden. Eine Studie, die die Economic Governance Support Unit (EGOV) des Europaparlaments im August 2019 veröffentlicht hat, zeigt dies deutlich in Tabelle ÿ 1. So gibt es insbesondere für das Kerngeschäft der Banken keinerlei Öffnungsklauseln. Das gilt für die Vergabe von Krediten – einschließlich Hypothekenkrediten –, die Entgegennahme von Einlagen, Zahlungsverkehrsdienstleistungen, die Vermarktung und den Vertrieb von UCITS Fonds, für Privatkunden ebenso für Wertpapierdienstleistungen und Alternative Investmentfonds. Gleiches gilt übrigens auch für die Vermittlung und den Vertrieb von Versicherungen. Das ist nicht nur ein Schwachpunkt bei Äquivalenzentscheidungen, es zeigt vielmehr auch die bevorstehenden Herausforderungen für die angestrebte Banken- und Kapitalmarktunion. Fehlende Bestimmungen über Öffnungsklauseln ermöglichen nämlich nationalen Regierungen, Gesetze und Umsetzungsvorschriften für Anbieter aus Drittländern zu erlassen. Während große oder wettbewerbsarme nationale Märkte damit für Finanzinstitute aus dem Vereinigten Königreich attraktiv sein können, werden die gleichen Institute in kleinen oder wettbewerbsintensiven Märkten keine Anstrengungen für Lizenzen oder den Marktzutritt unternehmen. Schon jetzt sehen sich zum Beispiel britische Staatsangehörige mit Erstwohnsitz in der EU je nach Mitgliedsland mit völlig unterschiedlichen Konsequenzen für ihre laufenden Konten, Wertpapierdepots und Kreditkarten im Vereinigten Königreich konfrontiert. Auch für die betroffenen Banken ist diese Vielfalt und Unsicherheit ein wahrer Albtraum. Vor diesem Hintergrund darf manche Kritik relativiert werden: So wird der EU- Kommission häufig vorgeworfen, der Begriff der Äquivalenz sei zu schwammig, Art und Umfang der angeforderten Informationen 06 // 2021 11

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