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die bank 06 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT 1 | Zuordnung der

MARKT 1 | Zuordnung der Variablen auf Skalenniveau Bildungsniveau » Finanzthemenverständnis (FTV) » Mathematisches Finanzverständnis (MFV) » Höchster Berufsabschluss (HBA) » Akademischer Abschluss (HAA) Geldanlageverhalten Migrationshintergrund » Migrationshintergrund (MH) Sonstiges » Beratungsaffinität (Ba) » Anlageaspekt (Aa) » Bisheriger Anlageerfolg (BAe) » Alter (A) » Geschlecht (G) » Familienstand (F) » Einkommen (E) » Monatliche Sparmöglichkeit (MSm) Als weitere möglicherweise einflussnehmende Variablen wurden die Faktoren Beratungsaffinität, Anlageaspekt, bisheriger Anlageerfolg, Alter, Geschlecht, Familienstand, Einkommen sowie monatliche Sparmöglichkeit hinzugefügt. ÿ 1 Die ausgewählten Variablen sind nicht einheitlich einem bestimmten Skalenniveau zuzuordnen. Es sind sowohl nominale (Migrationshintergrund, Beratungsaffinität, Anlageaspekt, Geschlecht und Familienstand) als auch ordinale (Finanzthemenverständnis und mathematisches Finanzverständnis, Schul- und akademische Abschlüsse) sowie metrische Merkmalsausprägungen (bisheriger Anlageerfolg, Alter, Einkommen und monatliche Sparmöglichkeit) vorhanden. Bei den nominalen Variablen ist festzuhalten, dass keine natürliche Ordnung gegeben ist und es sich um rein qualitative Merkmalsausprägungen handelt. Zwar sind ordinal skalierte Variablen ebenso qualitativer Natur, jedoch kann man sie anhand einer Qualitätseinschätzung hinsichtlich ihrer Wertigkeit in Rangfolge bringen. Die metrischen Werte weisen Merkmalsausprägungen auf, die aus Zahlen bestehen und eine Dimension sowie einen Nullpunkt besitzen. Wie ÿ 1 zu entnehmen ist, weisen die als wesentlich definierten Variablen Bildungsniveau und Migrationshintergrund keine metrische Skalierung auf. Analyse der Regressoren Eine nach Größe sortierte Rang-Korrelationsmatrix bestätigt diese Vermutungen. ÿ 2 Die Regressoren FTV und MFV sind rangkorreliert mit 67,46 Prozent. Selbst- und Fremdbild passen somit in der Tendenz zueinander. Berufs- und Bildungsabschluss verhalten sich wie erwartet: HBA und HAA sind rangkorreliert mit 46,54 Prozent. Überraschenderweise scheint ein zunehmender Migrationshintergrund das Finanzverständnis zu schwächen. Migrationshintergrund und mathematisches Finanzverständnis sind rangkorreliert mit 42,92 Prozent. Die Clusterung in der Grafik zeigt, dass es schwierig ist, mit drei getrennten latenten Konstrukten wie Bildungsniveau, Migrationshintergrund und Sonstiges zu argumentieren. Wir überspringen von daher diese Zwischenebene. Ergebnis der Schätzung und Prognosegüte Das übliche Verfahren zur Erklärung einer binären Variablen ist die logistische Regression (Logit-Modell). In Anbetracht der Größe der Stichprobe begrenzen wir unseren Fehler, eine wahre Nullhypothese abzulehnen, auf 1 Prozent (sog. Alpha). Dank des Umfangs der Stichprobe ist die Maximum-Likelihood- Schätzung sinnvoll und führt zu einem aussagekräftigen Ergebnis. Für die Nullhypothese, dass alle Regressoren irrelevant sind, weist der Likelihood- Ratio-Test einen p-Wert von nahezu Null aus. Die globale Modellgüte ist von daher als gut anzusehen. Einzelne Regressoren stechen hinsichtlich der p-Werte ebenso hervor. Die signifikanten Regressoren sind Finanzthemenverständnis und mathematisches Finanzverständnis sowie monatliche Sparmöglichkeit und Alter. Die jeweiligen 99 Prozent Konfidenzintervalle (KI) behalten die Vorzeichen bei, sodass FTV und MFV wie erwartet negativ wirken und die Übrigen positiv. In der Stichprobe halten 56,14 Prozent der Anleger Aktien oder Fonds. Insofern erzielt ein naives Modell, das stets eine eins vorhersagt, eine Genauigkeit (Trefferrate) i. H. v. 56,14 Prozent. Demgegenüber erzielt 24 06 // 2018

MARKT 3 | Rangkorrelationsmatrix Bae HAA HBA Aa MSm G MH FTV MFV Ba F E A Bae HAA HBA Aa MSm G MH FTV MFV Ba F E A das Logit-Modell eine Trefferrate von 83,40 Prozent.Würde man nur MFV und MSm als Regressoren verwenden, verringerte sich die Genauigkeit auf 82,76 Prozent. Dies mag in der praktischen Anlageberatung eine praktikablere Alternative des Modells sein, da die Kunden nur auf ihr Finanzverständnis geprüft und die Sparmöglichkeit eruiert werden müssen. In Anbetracht der Stichprobengröße besteht jedoch keine Notwendigkeit, das Modell weiter auszudünnen. Eine Erhöhung von FTV bzw. MFV senkt die Wahrscheinlichkeit Aktien oder Fonds zu halten – cum grano salis 3 – um 36 Prozent bzw. 66 Prozent. Das ist eine beruhigende Botschaft. Klassifiziert sich jemand um eine Schulnote schlechter in seinem Finanzverständnis, so sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass die Person Aktien hält. Noch drastischer – aber ebenso beruhigend – wirkt das mathematische Verständnis. Wenn jemand bereits an einfachen Fragen scheitert, ist es rational, von riskanten Investitionen Abstand zu halten. Der Wechsel in eine höhere Altersgruppe erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Person Aktien hält, um grob 19 Prozent. Auch dies erscheint stimmig. Der Wechsel in eine höhere „Sparklasse“ erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die Person Aktien hält, um grob neun Prozent. Dies passt zur Tatsache, dass Aktien oder Fonds zum Totalverlust führen können. Wer kaum Sparmöglichkeiten hat, tut somit gut daran, wenig zu riskieren. FAZIT Die dargestellten Ergebnisse sprechen für ein durchaus rationales Vorgehen der Befragten bei der Geldanlage. Die empirische Forschung zeigt auf, dass das Bildungsniveau einen signifikanten Einfluss in Bezug auf die Kaufentscheidung von Aktien oder Fonds hat. Ebenso verhält es sich bei den Variablen Alter und monatliche Sparmöglichkeiten. Diese vier Größen wirken jeweils in der erwarteten Richtung. Bei der Variable Migrationshintergrund konnte kein signifikanter Einfluss erkannt werden. Dies kann etwa daran liegen, dass entweder tatsächlich kein signifikanter Einfluss besteht oder erst durch einen Zusammenschluss mit anderen Variablen – wie beispielswiese dem Alter für die Erkennung generationsbedingter Unterschiede. Autoren Utku Özcan, Student an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management am Studienzentrum Düsseldorf. Dr. Frank Lehrbass, Professor für Allgemeine BWL, insbesondere Risikomanagement, an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management am Studienzentrum Düsseldorf und Inhaber der L*PARC Unternehmensberatung, Düsseldorf. Dr. Alexander Zureck MBA, Professor für Allgemeine BWL, insbesondere Banking & Finance, an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management am Studienzentrum Düsseldorf, Inhaber der Zureck Consulting, Gelsenkirchen. 1 Black, S. E., Devereux, P. J., Lundborg, P., Majlesi, K.: On the Origins of Risk-Taking in Financial Markets, Journal of Finance (72), 2017. 2 Wir nutzen dazu die frei verfügbare Software "R", insbesondere das Paket "logistf" und das Paket "stats". 3 Zur Berechnung der diskutierten Effekte müssen die geschätzten Koeffizienten exponiert werden (=exp(Koeffizient)). Das Salzkorn besteht darin, dass wir das Relative Risk als Odds Ratio berechnen. Dies ist eine Approximation. Hinweis: Unsere Leser können über die Redaktion weiterführende Informationen anfordern, wie z. B. eine nach Größe sortierte Rang-Korrelationsmatrix oder die Maximum- Likelihood-Schätzung zur Prognose. 06 // 2018 25

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