DIGITALISIERUNG platz für die Agenten hingegen sind heutzutage kostengünstig und einfach zu haben. Der große Nachteil dieser Ausführung ist allerdings, dass sie derzeit in einigen regulierten Bereichen nicht zugelassen ist, da bei dieser Ausführung keinerlei Eingriffs- oder Kontrollmöglichkeit seitens des Mitarbeiters besteht. Der „Faktor Mensch“ hat auch durchaus seine Vorteile gegenüber dem Agenten: Er verfügt über Anpassungsgabe und die Fähigkeit, Muster zu finden und zu erkennen, was einem Computerprogramm deutlich schwerer fällt. Daher muss das VideoIdent-Expertensystem alle Verifikationsvorgänge, die es nicht einwandfrei bestätigen kann, als nicht bestanden ablehnen oder in die halbautomatische Ausführung zurückfallen lassen, wo ein Mitarbeiter eingreifen und die Entscheidung treffen muss. Außerdem ist die Programmierung eines Agenten aufwendig, erfordert viel Knowhow im Bereich Bildverarbeitung und -erkennung und viel Aufwand zur Erkennung und Bearbeitung der verschiedensten, teils ausländischen Ausweisdokumente. Große Herausforderungen Die größte Herausforderung für das VideoIdent-Verfahren ist die Qualität der verwendeten Kameras. Auf Kundenseite sind viele verschiedene Kameras vorhanden, die unterschiedliche Auflösungen unterstützen und sich auch in Eigenschaften wie der Farbwiedergabe unterscheiden. Selbst wenn alle Kameras eine hohe Auflösung böten, wäre die zur Übertragung benötigte optimale Bandbreite immer noch eine Herausforderung. Für die Entwicklung automatischer und halbautomatischer Expertensysteme sind zudem tiefe Kenntnisse unterschiedlicher Disziplinen wie Texterkennung, Spracherkennung, Gesichtsvergleich und Bildverarbeitung notwendig. Diese Komponenten werden in der Regel nicht selbst entwickelt, sodass eine Lizenzierung bestehender Produkte notwendig wird. Dies wirft unweigerlich die Frage nach dem Datenschutz und der Datensicherheit dieser eventuell in der Cloud und im Ausland liegenden VideoIdent-Expertensysteme auf, da ein solches System sensible, personenbezogene Daten verarbeiten würde. FAZIT Ein vollständig automatisierter Ansatz ist bereits mit heutigen Mitteln durchaus denkbar und bietet auch einige Vorteile hinsichtlich Skalierbarkeit und Effizienz. Allerdings ist er derzeit in den Vorschriften der BaFin nicht vorgesehen. Hinsichtlich der Sicherheit ist die Maschine im Vergleich zum Menschen unbestechlich und zuverlässiger, gerade was die Texterkennung angeht, bei der Menschen vertauschte Buchstaben einfach überlesen können. Allerdings scheitern Maschinen an der Erkennung von Emotionen und Situationen. So könnte ein Mitarbeiter beispielsweise leicht erkennen, wenn ein Kunde bedroht würde und den VideoIdent- Vorgang nicht freiwillig durchführt. In ihren Schwächen und Stärken ergänzen sich Mensch und Maschine jedoch sehr gut. Ein halbautomatisches VideoIdent- Expertensystem kann als zweite Meinung den Menschen bei der Entscheidungsfindung unterstützen und somit eine höhere Sicherheit bieten als der Mensch allein. Dieses Verfahren, bei dem der Mensch die Entscheidungsgewalt behält, wird von der BaFin ausdrücklich unterstützt und erzielte in den Tests des if(is)-Forschungsprojekts beste Ergebnisse. Autoren: Norbert Pohlmann ist Professor für Informationssicherheit und Leiter des Instituts für Internet-Sicherheit - if(is) an der Westfälischen Hochschule in Gelsenkirchen sowie Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands IT-Sicherheit-TeleTrusT. Jan-Hendrik Frintrop ist Master-Student, Rick Widdermann und Tim Ziegler sind wissenschaftliche Mitarbeiter, alle drei sind am if(is) im Forschungsbereich Zahlungssysteme und Banktransaktionen tätig. 1 Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Hg.) (2017): Rundschreiben 3/2017 (GW) - Videoidentifizierungsverfahren. 2 http://www.spiegel.de/netzwelt/web/personalausweis-eid-funktionsoll-standard-werden-a-1125707.html 3 Guillochen sind Schutzmuster aus feinen, ineinander verschlungenen Linien. Bei Reproduktionen werden die Linienstrukturen des Originals in punktierte Rasterstrukturen aufgelöst. (Quelle: Bundesministerium des Innern, „Sicherheitsmerkmale des Personalausweises“). 70 06 // 2017
DIGITALISIERUNG Intensivseminar Neues aus dem Datenschutz 2017 EU-Datenschutzgrundverordnung, DSAnpuUG und andere aktuelle Entwicklungen aus Sicht der Kreditwirtschaft am Dienstag, 5. Juli 2017, 10:00 bis 17:00 Uhr in Köln Das Intensivseminar bietet auch in diesem Jahr neben einem praxisorientierten Einstieg in die EU-Datenschutzgrundverordnung anhand von Schwerpunktthemen Gelegenheit, sich mit aktuellen Datenschutzfragen in der Kreditwirtschaft auseinanderzusetzen. Die für Mai 2018 eintretenden Neuerungen verändern grundlegend das Datenschutzrecht und stellen die Kreditwirtschaft vor viele neue Herausforderungen. Vor dem Hintergrund, dass die EU-Datenschutzgrundverordnung Sanktionsmöglichkeiten drastisch angehoben hat (Strafen von bis zu 10 bzw. 20 Millionen €, bzw. 2% oder 4% des Jahresumsatzes des Unternehmens, je nachdem, welcher der Beträge höher ist) eignet sich die Veranstaltung auch für Mitarbeiter aus Revisions- und Compliancebereichen, um sich einen Überblick über die neuen Regelungen aus dem Blickpunkt der Kreditwirtschaft zu verschaffen. Die drei Referenten beschäftigen sich seit Jahren intensiv mit Datenschutzfragen und begleiten die Umsetzung verschiedener datenschutzrechtlicher Vorhaben in ihren Häusern aktiv. Auch dieses Mal ist beabsichtigt, die Fragestellungen innerhalb der Gruppe der Teilnehmenden zu diskutieren und genügend Zeit für einen fachlichen Austausch zu finden. Information und Anmeldung: Stefan Lödorf | 0221/5490-133 | events@bank-verlag.de Jetzt anmelden events@bankverlag.de www.bub-fachtagung.de 06 // 2017 71
NR. 6 Juni 2017 ZEITSCHRIFT FÜR BA
EDITORIAL » Für viele Institute i
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