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die bank 06 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT INTERVIEW

MANAGEMENT INTERVIEW Alle Prozesse über eine einzige Plattform Mit ihrer neuen Digitalagentur will die Commerzbank Techniktrends erkennen, IT-Anwendungen nutzerfreundlicher gestalten und für die Bank nutzbar machen. 24 Mitarbeiter arbeiten bei Neugelb in Berlin- Kreuzberg, bis Ende des Jahres sollen es 45 sein. Ole Franke, Mitglied des Verwaltungsrats von Neugelb und seit 2013 Leiter Direct Banking Privat- und Unternehmerkunden, über innovative Projekte, kreative Kollegen und das Potenzial künstlicher Intelligenz. diebank: Vor einem Jahr wurde die Digitalagentur Neugelb gegründet. Was konkret ist Ihre Aufgabe? Franke: Neugelb ist eine Service- und Design-Agentur. Unsere Spezialisten beschäftigen sich mit Technologie für Online- und Mobile-Applikationen. Dabei sollen sie vor allem das Thema Mobilität vorantreiben, da immer mehr Kunden ihre Bankgeschäfte von unterwegs erledigen. Neugelb agiert als Dienstleister für die Commerzbank und nicht wie eine interne Tochter. Nicht jeder in der Bank muss Neugelb beauftragen. Da gibt es keinen Zwang. Deshalb arbeitet Neugelb nicht nur für die eigene Bank – die aktuell für rund 80 Prozent des Geschäfts steht – sondern auch für externe Kunden wie einen Lebensmittelhersteller und einen Automobilzulieferer. So stellen wir sicher, dass wir durch Aufträge für andere Branchen unterschiedliche Fertigkeiten erarbeiten und damit die Kreativität weiter fördern. diebank: Was unterscheidet die Agentur von der Bank? Franke: Bei Neugelb haben wir eine andere Kultur, andere Mitarbeiter und andere Freiräume. Das beginnt beim Agentursitz in einem Hinterhof in Berlin-Kreuzberg, einem Stadtteil, in dem sich zahlreiche Kreative der Digitalszene angesiedelt haben. Bei uns herrscht eine klassische Agenturkultur mit flachen Hierarchien. Wir sind sehr teamorientiert und transparent. Unsere Geschäftsführer und Mitarbeiter kommen nicht aus dem Bankenumfeld, sondern aus der Agenturwelt, aus Technologieunternehmen, oftmals aus Start-ups. Die Mitarbeiter dürfen nicht in Konzernkarrieren denken, sondern sollen eine Agentur-Denke mitbringen. diebank: Viele Konzerne haben mittlerweile Think Tanks oder Töchter gegründet, die sich mit der Digitalisierung beschäftigen und oftmals in Berlin sitzen. Wie leicht ist es, geeignete Mitarbeiter zu finden? Franke: Auch in Berlin haben wir ganz klar einen Bewerbermarkt. Leicht ist es auch für uns nicht, die passenden Talente in der Hauptstadt zu finden. diebank: In einer früheren Pressekonferenz hieß es, dass Neugelb jeden Monat neue Ideen kreieren und diese möglichst schnell im Sinn der Kunden umsetzen solle. Was waren bislang die Highlights? Franke: Das bisherige Highlight ist unsere neue Banking-App, die wir 2016 eingeführt haben. Wir haben jetzt nur noch eine App, die für alle Devices, also Desktop, Smartphone und Tablet, gilt. Bei der Entwicklung haben wir vor allem Wert darauf gelegt, dass alle Oberflächen und die Navigation verständlich sind. Zahlreiche Geschäftsvorgänge, wie Kontostand prüfen, Überweisungen erledigen oder Geldautomaten finden, können mit der App ganz einfach und in wenigen Sekunden durchgeführt werden. diebank: Wie haben die Kunden reagiert? Wie wurde die App angenommen? Franke: Die Banking App wird von unseren Kunden sehr gut angenommen. Rund 800.000 Kunden nutzen sie bereits, und monatlich kommen 30.000 neue Downloads hinzu, Tendenz steigend. Während die alte Banking App überwiegend zum Check 34 06 // 2017

MANAGEMENT von Kontoständen und Umsätzen genutzt wurde, verwenden unsere Kunden die neue Banking App dank verbesserter Nutzerfreundlichkeit und TAN-Freigabe ohne Zweitgerät verstärkt auch für Überweisungen. So hat sich die Anzahl der Überweisungen seit Dezember bereits verdoppelt. diebank: Was sind mittelfristig die Ziele der Agentur? Franke: Um den Dialog zwischen Mitarbeitern in der Filiale und den Kollegen im Kundencenter mit unseren Kunden zu erleichtern, laufen alle Prozesse künftig nur noch über eine einzige Plattform. Dafür brauchen wir nutzerfreundliche Anwendungen und Prozesse, die einfach, schnell und sicher zu bedienen sind. Diese Aufgabe wird uns noch Jahre beschäftigen. Unterstützen sollen uns dabei innovative Mitarbeiter, die wissen, wie man solche Anwendungen baut. Das ist die Aufgabe von Neugelb. diebank: Neben der Umgestaltung der Filialen setzt die Commerzbank auch wieder auf das Geschäft mit Ratenkrediten, das in der Branche seit Jahren zu einem der wenigen Wachstumsfelder zählt, auch wegen der niedrigen Zinsen. Bisher hatte die Commerzbank das Geschäft mit den Konsumentenkrediten zusammen mit der BNP Paribas ausgelagert, möchte es nun aber wieder ins eigene Haus holen. Gibt es Pläne, auch dieses Angebot zu digitalisieren? Franke: Ja, wir haben in den vergangenen sechs Monaten einen neuen Ratenkredit entwickelt, der ab dem zweiten Halbjahr komplett digital abgeschlossen werden kann, sowohl online als auch mobil per Smartphone. Vom Kreditwunsch bis zum fertigen Vertrag dauert es dann weniger als zehn Minuten, da wir den gesamten Kreditprozess automatisiert haben. Einnahmen und Ausgaben prüfen wir digital anhand der Umsätze des Girokontos – auch wenn das Konto nicht bei uns ist. Auch Schufa und Risikobewertung laufen voll automatisch, sodass die Auszahlung innerhalb eines Tages erfolgt. Mit dem digitalen Ratenkredit wollen wir dieses Geschäft verdreifachen: von aktuell 2,3 Mrd. € auf 6 Mrd. € im Jahr 2020. diebank: In Japan, etwa in der Mizuho-Bank, begrüßt der Roboter Pepper Bankkunden und berät sie zu Basisprodukten. Wäre das auch in Deutschland denkbar? Franke: Wir werden wohl kaum Marsmännchen mit zwei Antennen durch die Filialen fahren lassen. Wenn ein Kunde in die Filiale kommt, wünscht er sich eine persönliche Beratung. Die werden wir auch weiterhin bieten. In zehn Jahren wird eine von Hand ausgefüllte Überweisung dann aber sicher nicht mehr in den Filialbriefkasten eingeworfen. Und natürlich wird der Einsatz von künstlicher Intelligenz künftig eine immer größere Rolle spielen, um Effizienzgewinne zu erzielen, sei es bei der Abfrage von Informationen über die Hotline der Bank oder bei der Suche von Informationen auf der Website. diebank: Herr Franke, vielen Dank für das Gespräch. Die Fragen stellte Eli Hamacher. 06 // 2017 35

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