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die bank 06 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT BANKSTEUERUNG

MARKT BANKSTEUERUNG Risikotragfähigkeitskonzepte im Umbruch Nachdem in den vergangenen Jahren im Zug des einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) eine europäische Harmonisierung des aufsichtlichen Überprüfungs- und Bewertungsprozesses (SREP) eingeleitet wurde, sehen sich die europäischen Kreditinstitute mit der Frage konfrontiert, wie das Risikotragfähigkeitskonzept der Zukunft aussieht. Zurzeit unterscheiden sich die Konzepte im europäischen Raum deutlich. 14 06 // 2017

MARKT Während im deutschen Raum duale Risikotragfähigkeitssichten im Sinn einer Liquidationsperspektive (Gone-Concern-Sicht) und einer Fortführungsperspektive (Going-Concern-Sicht) von der Aufsicht propagiert und eingefordert werden, dominieren im angelsächsischen Raum die RTF-Konzepte in der Logik des EBA-Stresstests. Anders als in Deutschland, wo über das Basler Säulenmodell jahrelang eine unabhängige Aufstellung von regulatorischer Risikotragfähigkeit (gemäß Säule I) und bank-interner Risikotragfähigkeit (gemäß Säule II) vorgenommen wurde, wurde im angelsächsischen Raum schon seit mehreren Jahren über die „Individual Capital Guidance“ (ICG) eine Übertragung von zusätzlichen Säule-II-Anforderungen auf die Säule I vorgenommen. Hierdurch wurde faktisch der heute praktizierte SREP-Mechanismus zur Sanktionierung der Ergebnisse aus dem SREP vorweggenommen. Dass nun in Verbindung mit der europäischen Harmonisierung ein einheitlicher Überprüfungs- und Evaluationsprozess die Angemessenheit national geprägter Konzepte sichern soll, gibt Anlass dazu, über deren Zukunftsfähigkeit und mögliche Ausgestaltungsrahmen zu diskutieren. Verzahnung Säule I und Säule II Die zuständige Aufsichtsbehörde ist über den SREP aufgefordert, zusätzliche Kapitalanforderungen für die Säule I durch ein standardisiertes Prüfvorgehen bezogen auf die Säule II abzuleiten. Das grundsätzliche „Kochrezept“ der Aufsicht für die Ableitung eines SREP-Aufschlags wird über die SREP-Guideline zwar den Kreditinstituten erläutert, eine Quantifizierung des SREP-Aufschlags bzw. ausgewählter Komponenten des Aufschlags für die Banken ist jedoch nur näherungsweise möglich, da das genaue Vorgehen der Aufsicht intransparent ist und zudem qualitative Aspekte und in der Quantifizierung zusätzliche regulatorische Referenzgrößen einfließen (z. B. die Berücksichtigung von „Regulatory Benchmarks“). Einige Kreditinstitute operationalisieren die zusätzlichen Kapitalanforderungen, indem sie ergänzend eine „Säule-I+-Tragfähigkeit“ aufstellen. Bei dieser leitet sich das Risikodeckungspotenzial aus den regulatorischen Eigenmitteln ab. Demgegenüber werden die Kapitalanforderungen gestellt, die sich aus dem Maximum von regulatorischen Kapitalanforderungen (gemäß Säule I) und ökonomischen Kapitalanforderungen (gemäß Säule II) auf Ebene der Risikoarten ergeben („Risk by Risk Floor“). Eine Säule-I+-RTF ist damit in der Lage, den durch den „Risk by Risk Floor“ generierten aktuellen Anteil des SREP- Zuschlags erklärbar zu machen bzw. dessen zukünftige Entwicklung zu approximieren. Zwei Aspekte sind bei der Säule-I+-RTF zu beachten: Zum einen geht die Einhaltung einer Säule-I+-Tragfähigkeit nicht unmittelbar mit einer Einhaltung der SREP-Anforderungen einher. Die Aufstellung und Einhaltung einer Säule-I+-RTF bedingt somit keine Einhaltung der zusätzlichen regulatorischen Anforderungen. Zum anderen beruht eine Säule-I+-Risikotragfähigkeit auf einer inkonsistenten Sicht auf Kapital und Kapitalanforderungen und weist damit betriebswirtschaftliche Schwächen auf. Das regulatorische Eigenkapital aufseiten des Risikodeckungspotenzials wird mit einem hybriden Kapitalbegriff aufseiten der Kapitalanforderungen vermischt, wodurch das Risikodeckungspotenzial und die Risiken inkonsistent definiert sind. Aufgrund dieser beiden Aspekte leitet sich aus einer Säule-I+-RTF zwar ein weiterer Steuerungs- bzw. Monitoringkreis ab, dieser kann jedoch aktuell nicht die bestehenden Steuerungskreise zur Säule I und zur Säule II vollständig ablösen. Neue Gestaltung der Going-Concern- Risikotragfähigkeit Für die Going-Concern-Risikotragfähigkeitskonzepte – die als „Ongoing Basis“ auch im jüngsten EZB-Papier vom März 2017 zum ICAAP gefordert werden – hat sich im deutschsprachigen Raum folgender methodischer Standard etabliert: Als (Going- Concern-)Risikodeckungspotenzial wird ungebundenes regulatorisches Eigenkapital zuzüglich ausgewählter stiller Reserven/ Lasten und zuzüglich Planergebnissen herangezogen. Dem wird ein Risikokapitalbedarf gegenübergestellt, der über eine GuVorientierte Risikomessung quantifiziert wird und unerwartete GuV-Verluste als negative Abweichung vom Planwert aufzeigt. Häufig werden wahrscheinlichkeitsorientierte Risikomessverfahren („Earnings at Risk“) für Marktpreis- und Kreditrisiken eingesetzt. Als Risikohorizont wird wahlweise das Kalender- 06 // 2017 15

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