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die bank 06 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT Zentralstelle für Verdachtsmeldungen beim Bundeskriminalamt nennt für das Jahr 2013 die Zahl von 19.095 Meldungen, 2014 waren es schon 24.054. Mit zuletzt 87 Prozent kommt der Großteil der Verdachtsmeldungen aus dem Bereich der Kreditinstitute. Das Problem sind also nicht die Banken, sondern Unternehmen aus dem Nichtfinanzsektor. Noch mehr Druck auf Kreditinstitute Gerade nach dem Bekanntwerden der „Panama Papers“ wollen Politiker die Kreditinstitute noch stärker in die Pflicht nehmen. Die „Trockenlegung des Steuersumpfes“ müsse über die Banken führen, denn Banken vermittelten die Reise des Geldes aus den Steueroasen in die Realwirtschaft. Finanzminister Wolfgang Schäuble veröffentlichte dementsprechend einen Zehn-Punkte-Plan gegen Steuerbetrug und Geldwäsche. In Bezug auf die Banken will Schäuble will dafür sorgen, dass sie Rechtsrisiken aus dem Anbieten oder Vermitteln von Steuersparmodellen künftig „nicht mehr eingehen wollen“. Nach dem Katalog des Finanzministers sollen die Maßnahmen zur Bekämpfung von Geldwäsche über den Finanzsektor hinaus weiter verstärkt werden. Mit den Bundesländern, denen die Geldwäschekontrolle im gewerblichen Bereich im Wesentlichen unterliegt, kündigte Schäuble Gespräche an. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel unterstützt ihn in diesem Vorhaben. Nach dem, was man aus den Veröffentlichungen zu den in Panama registrierten Briefkastenfirmen wisse, gehe es dabei um Steuerhinterziehung, Terrorismusfinanzierung, Drogenhandel und Geldwäsche, so Gabriel. Die EU-Mitgliedstaaten werden die 4. Geldwäsche-Richtlinie bis Ende Juni 2017 in ihre jeweilige nationale Gesetzgebung umsetzen. Ein wesentlicher Punkt darin besagt, dass auch zwischengeschaltete Zahlungsdienstleister künftig feststellen müssen, ob der Auftraggeber und der Begünstigte angegeben werden oder ob erforderliche Informationen fehlen. Die neue Geldtransferverordnung werde innerhalb der Union zu einer einheitlicheren und effektiveren Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung führen, kommentierte etwa Rechtsanwalt Jens H. Kunz aus der Practice Group Banking & Finance bei Noerr LLP. Allerdings ließen Initiativen zur weiteren Überarbeitung dieser Richtlinie sowie zur Einschränkung des Bargeldverkehrs bereits jetzt erahnen, dass diese Maßnahmen wohl nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einer noch umfassenderen Regulierung sein würden. Risikobewertungsrichtlinien Von besonderer Bedeutung für die Verhinderung von Geldwäsche und Terrorfinanzierung ist in diesem Zusammenhang die Aufnahme der Geschäftsbeziehung zwischen dem Kunden und der Bank, die Kontoeröffnung. Der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) hat seinen Allgemeinen Leitfaden zur Kontoeröffnung überarbeitet und als „Anhang der Leitlinien über ein solides Risikomanagement in Bezug auf Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung“ veröffentlicht. 1 Ziel war es, den Leitfaden an die diesbezüglichen Empfehlungen der FATF anzupassen. Der Leitfaden beschreibt „vorbildliche“ Verfahren, mit deren Hilfe Banken die FATF-Standards umsetzen können. Aufgegriffen werden beispielsweise Mechanismen, die Banken bei der Entwicklung eines effektiven Kunden-Identifikations- und -Verifikations-Programms verwenden können. 2 Erläutert wird aber auch, welche Informationen einer Bank zum Zeitpunkt der Kontoeröffnung vorliegen müssen, damit ein Kundenrisikoprofil vollständig entwickelt werden kann. Die Banken stehen hier also unter erheblichem Umsetzungsdruck. ó 1 Vgl. BaFin-Journal März 2016. 2 Leitlinien: http://www.bis.org/bcbs/publ/d353.pdf fi INTERVIEW diebank: Herr Weckler, was droht Banken und Finanzdienstleistern, wenn sie die Vorgaben der Geldwäscherichtlinie nicht in vollem Umfang umsetzen? Weckler: Abgesehen von den direkten Konsequenzen – angefangen von Strafzahlungen in Millionenhöhe bis hin zum Entzug der Banklizenz – können auch die indirekten Folgen und hier insbesondere Reputationsschäden für Banken erhebliche Konsequenzen für das operative Geschäft haben. Neben der formalen Einhaltung regulatorischer Vorgaben ist es wichtig, dass die hierfür notwendigen Prozesse auch von den Mitarbeitern in der Bank im Rahmen einer soliden Corporate Governance korrekt durchgeführt werden. diebank: Wie können die Mitarbeiter dabei unterstützt werden? Weckler: Gleich an zweiter Stelle nach dem Faktor Mensch kommt die IT ins Spiel, denn mit veralteten Systemen ist eine effektive und fehlerfreie Umsetzung neuer Prozesse nur schwer bis überhaupt nicht möglich. Insbesondere die deutschen Banken haben in Sachen IT noch großen Nachholbedarf, da die zu bewältigenden Datenmengen auch in Zukunft weiter wachsen werden. Was nützt es schon, wenn die Compliance-Abteilung fachlich zwar auf dem aktuellen Stand ist, die IT jedoch aus dem letzten Jahrhundert stammt und die Anforderungen dauerhaft nicht erfüllen kann? diebank: Sehen Sie eine Prioritätenliste der umzusetzenden Punkte? Weckler: Ganz oben auf dieser Liste sollte der risikoorientierte Ansatz stehen. Hier 42 diebank 06.2016

Nach dem Faktor Mensch kommt die IT ins Spiel BETRIEBSWIRTSCHAFT ó diebank sprach mit Ralph Weckler, Managing Principal und Head of Compliance bei Capco, über Verbesserungsmöglichkeiten im bankinternen Compliance-Management, strenge Datenschutzanforderungen und Reputationsrisiken. wird zukünftig die Risikokultur einen signifikant hohen Stellenwert einnehmen. Diese sollte so früh wie möglich von den Banken in Angriff genommen werden. diebank: Größere Transaktionen müssen schon lange gemeldet werden. Gemäß FFI- Report von Emilie Oftedal (Anm. der Red.: Die Wissenschaftlerin arbeitet am FFI, einem Forschungsinstitut des norwegischen Verteidigungsministeriums. Sie hat die Anschläge von 40 Dschihadistenzellen in Europa zwischen 1994 und 2013 ausgewertet.) ließen sich in den letzten zehn Jahren drei Viertel aller Terroranschläge mit weniger als 10.000 US-$ finanzieren – ein Betrag, der unterhalb der Wahrnehmungsschwelle liegt. Es ist schwer, diese Geldströme aufzuspüren. Weckler: In der Tat scheint diese Herausforderung der berühmten Suche nach der Nadel im Heuhaufen zu gleichen. Allein und ohne technische Hilfsmittel ist dies natürlich ziemlich aussichtslos – mit einer fachlich gut aufgestellten Mannschaft und modernster IT ist die Aufgabe allerdings durchaus zu bewältigen. In Sachen Software arbeiten wir zum Beispiel mit einem der Marktführer zusammen, um unseren Kunden unter anderem beim Aufspüren von dubiosen Geldströmen und im Kampf gegen die Terrorfinanzierung zu helfen. diebank: Sind – unabhängig vom Schattenfinanzindex – alle Staaten gleichermaßen vom Thema Terrorfinanzierung betroffen oder kann man geografische Schwerpunkte feststellen, etwa zugunsten von Staaten mit ohnehin hohem Transaktionsvolumen, wo sich verdächtige Kontenbewegungen nur mit einem noch größeren Aufwand feststellen lassen? Weckler: Durch die Globalisierung der Finanzwelt sind prinzipiell alle Staaten von diesem Thema betroffen. Zwar sind im Hinblick auf die regulatorischen bzw. rechtlichen Rahmenbedingungen Ungleichgewichte, wie zum Beispiel zwischen Deutschland und einem Entwicklungsland, festzustellen, jedoch wissen auch Kriminelle und Terroristen diese Ungleichgewichte zu ihrem Vorteil auszunutzen. Es wäre außerdem fatal, wenn man einzig aufgrund hoher Transaktionsvolumina den Kampf aufgibt oder Länder wie Deutschland als vermeintlich „ausreichend sicher“ betrachtet. diebank: Wie sieht die Lage in den Banken aktuell aus? Wo liegt noch der größte Umsetzungsbedarf bzw. wie weit werden die Anforderungem bereits erfüllt? Weckler: Die Maßnahmen in den Bereichen KYC und Sanktionen bzw. Embargos zählen aktuell sicherlich zu den heikelsten und dringlichsten Punkten. Die jüngsten und höchsten Strafzahlungen waren vor allem hierauf zurückzuführen, daher besteht aus unserer Sicht an dieser Stelle auch zukünftig ein erhöhtes Risiko für Banken und Finanzdienstleister. Aber auch das ganze Themenspektrum Cyber Risk verlangt höchste Aufmerksamkeit. diebank: Zentrales Ziel ist, auf risikoorientierter Basis für mehr Transparenz in den Geschäftsbeziehungen und Finanztransaktionen zu sorgen. Kunden müssen identifiziert werden, den Hintergrund einer Geschäftsbeziehung gilt es aufzuklären, um verdächtige Transaktionen zu erkennen. Gibt es dabei nicht auch Probleme mit dem Datenschutz? Weckler: Datenschutz ist natürlich immer ein heikler Punkt. Solange es dabei jedoch um Kundendaten geht, die innerhalb der Bank bleiben und auch im Rahmen der Verarbeitung, Übertragung und Speicherung nicht die jeweiligen Landesgrenzen überschreiten, entstehen in der Regel keine großen Probleme oder Bedenken datenschutzrechtlicher Natur. Ganz anders sieht es allerdings aus, wenn z. B. im Rahmen der Prüfung von Transaktionen oder beim Abgleich von Kundendaten mit Sanktions- oder Terrorlisten ein Datenverkehr zwischen zwei Standorten in verschiedenen Ländern, sagen wir zwischen Deutschland und den USA, stattfindet. Das ist selbst dann unter Umständen kritisch, wenn es sich um zwei Niederlassungen derselben Bank handelt. Will man hier nicht gegen die strengen Datenschutzanforderungen verstoßen und somit zusätzliche Strafzahlungen in Kauf nehmen, dann kommt man ohne fachliche Expertise und eine geeignete IT-Lösung nicht aus – und anonymisierte Datensätze sind im Kampf gegen die Terrorfinanzierung absolut keine Lösung. Nackte Zahlen sagen Ihnen jedenfalls nicht, ob es sich um ein Geburtstagsgeschenk oder um eine Teilzahlung für den nächsten Terroranschlag handelt. diebank: Und wie könnte die Lösung für dieses Problem aussehen? Weckler: Ganz einfach: grundsätzliche globale Einigkeit und Akzeptanz, die Vorgaben aus den KYC-Anforderungen ausnahmslos international umzusetzen. Anonymität dürfen Banken zukünftig nicht mehr akzeptieren, analog der aktuellen juristischen Vorgabe. diebank: Herr Weckler, vielen Dank für dieses Gespräch. 06.2016 diebank 43

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