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die bank 05 // 2023

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG 5 |

REGULIERUNG 5 | Exemplarische ökologisch nachhaltige Positivkriterien verkürzte Checkliste Erneuerbare Energien Kundendialog Einholung von Informationen vor Erbringung der Beratungsleistung über Bedarf, persönliche und finanzielle Situation sowie Präferenzen und Ziele des Kunden Benötigte Nachweise zu Größe EE-Anlage Standort EE-Anlage Art EE-Anlage (ggf.) Zertifikate etc. Handelt es sich um den Bau oder Betrieb einer Stromerzeugungsanlage zur Herstellung von elektrischem Strom mittels Erneuerbarer Energien? Beispielhafte Fragen zum Prüfprozess Erfolgte die Bemessung der im Lebenszyklus anfallenden Treibhausgase über anerkannte Methoden (z. B. Empfehlung 2013/179/EU, ISO 14067:2018 oder ISO 140-1:2018)? Erfolgte eine qualifizierte Prüfung der im Lebenszyklus anfallenden Treibhausgase? … Quelle: Darstellung angelehnt an relevante Kriterien der TaxonomieVO. die EU-TaxonomieVO einen allgemeinen Ansatz möglicher Positivkriterien am Beispiel der Finanzierung von Erneuerbaren Energien. Sofern im jeweiligen Marktsegment lediglich keine bis geringe Erfahrung vorliegt, sollten Kreditbeurteilungsprozesse sukzessive aufgebaut, verprobt und unter Umständen auch spezifische, standardisierbare sowie erfolgsversprechende Segmente priorisiert werden. Es ist dabei auch zu bewerten, ob die nötige Kompetenz innerhalb der Bank in ausreichendem Maß aufgebaut werden kann oder ob zur Beurteilung technischer Bewertungskriterien auch fachspezifische Expertise von außerhalb der Bank hinzugezogen werden sollte (bspw. Energiegutachter:innen). Mitarbeitende aus den Marktfolgeeinheiten sind daher speziell auf die prozessualen Besonderheiten von ESG-Faktoren im Zug des Green Lending zu sensibilisieren. Sie sollten in die Lage versetzt werden, beurteilen zu können, welche Tätigkeiten den nachhaltigkeitsbezogenen Kriterien der Bank entsprechen (d. h. Positiv-/Checklisten) und welche ESG-Informationen (d. h. Nachweise) für konforme Kreditanträge benötigt werden. Risiko-Controlling – Umgang mit neuen Risikoinformationen lernen Im Zuge der Green-Lending-Prozesse entstehen neuartige Risikoinformationen, die im Risikomanagement verarbeitet werden müssen. Dafür ist auf die übergreifende Datenqualität zu achten und eine entsprechende Datenstrategie für möglicherweise bestehende Datenlücken zu erarbeiten. Fehlen z. B. ESG-relevante Daten zum Bestand im risikorelevanten Kreditgeschäft, so ist es eine Möglichkeit, diese im Zug der jährlichen Überwachung nachzupflegen. Bei Neugeschäft sollten diese über Anpassungen im Kreditprozess automatisch erfasst werden. Das Risikocontrolling ist damit nun von einer (zukünftig) etablierten ESG-Infrastruktur und der konsistenten Verarbeitung von Daten etwa aus den von Kunden bereitgestellten Nachweisen abhängig. All diese vervollständigten Daten aus den Teilprozessen des Markt- und Marktfolgebereichs sind zu aggregieren. Das Risikocontrolling ist gefordert, Bewertungsstrategien auf Basis der neuen Informationen zu entwickeln. Sukzessive können so risikomindernde Effekte aus ökologisch nachhaltiger Kreditvergabe (Stichwort: transitorisches Risiko) messbar werden. Organisation – Das bestehende Geschäftsmodell zukunftsfähig ausrichten Green Lending stellt neue und damit zusätzliche Anforderungen nicht nur an die kreditbezogenen Organisations- und Regelungsbereiche. Neben der Kreditrisikostrategie und deren Durchsetzungsmethoden, den bankseitigen Genehmigungspraktiken und Überwachungsverfahren sind generelle Change- Anforderungen zu managen. 36 05 | 2023

REGULIERUNG FAZIT UND AUSBLICK: ESG-FAKTOREN ALS GRUNDLAGE ZUR „RICHTIGEN“ KAPITALALLOKATION Spielen für die Realwirtschaft und die Verbraucher konditionsgetriebene Überlegungen bei kreditbezogenen Nachhaltigkeitskriterien immer noch eine wichtige Rolle, so bestehen bei Banken erhöhte aufsichtliche Anforderungen an das Risikomanagement. Um sich als Bank zudem vertrieblich optimal in diesem neuen Zusammenspiel zwischen Kunden (d. h. Kreditnehmern) und Aufsicht zu positionieren, bedarf es tiefgreifender Weiterentwicklungen der Bankprozesse, der Mitarbeitenden und der Organisation. Derzeit spricht jedoch vieles dafür, dass sich all diese Anstrengungen bereits kurz- bis mittelfristig in Form von z. B. optimierten Risikokosten, einer vermehrt nachhaltigen Kreditvergabe, Cross-Selling-Potenzial und einem zunehmend von Nachhaltigkeit geleiteten wirtschaftlichen Gesamtkontext für die schon heute ESG-aktiven Banken lohnen werden. Die Entscheidung, das zur Verfügung stehende Kapital richtig zu allokieren, wird mit der Prävalenz des zunehmenden Klimawandels verstärkt und wettbewerbsentscheidend sein. Um den Markt, die Marktfolge und das Risiko-Controlling im ökologisch nachhaltigen Kreditvergabeprozess zu befähigen und ihnen klare Vorgaben zu machen, ist – wie in Teilen dieses Beitrags vorgestellt – die Organisation gefordert, z. B. detaillierte Kataloge mit Positivkriterien zu formulieren, aktuell zu halten und den einzelnen Bereichen zur Verfügung zu stellen. Zugleich ist zu erschließen, wie sich Wechselwirkungen zwischen Unternehmenskultur und neuen Geschäftsprozessen positiv ausgestalten lassen, damit durch die „Kür“ die Zukunftsfähigkeit des Geschäftsmodells, die Arbeitgebermarke in Zeiten des Fachkräftemangels und der Transformationsprozess selbst positiv gestaltet werden können. Autoren Dr. Benjamin Wilhelm (Foto links), Abteilungsleiter, und Dr. Christian Golnik (Foto rechts), Referent. Beide sind tätig im Bereich Sustainability Services – Engagement des Genossenschaftsverbands – Verband der Regionen. e.V. Interessierte Leser können bei der Redaktion eine Liste mit Literaturangaben anfordern. 1 Zu den Ansätzen zur Umsetzung der neuen aufsichtlichen Erwartungen an die Organisation und das Risikomanagement siehe den Beitrag in der Ausgabe „die bank“ 04 | 2023. 2 Bei Einreichung des vorliegenden Beitrags am 26. April 2023 lag die finale Fassung der 7. MaRisk-Novelle noch nicht vor. Somit beziehen sich auch in diesem Beitrag sämtliche Aussagen zu den MaRisk auf den MaRisk-Entwurf vom 26. September 2022. 3 Verordnung (EU) 2020/852 (kurz: TaxonomieVO). 4 Wird Green Lending als neues Produkt eingeführt, so sind gegebenenfalls auch bestehende Anforderungen zu Neu-Produkt-Prozessen (MaRisk, AT 8.1) zu beachten. 5 Neben „grünen“ Finanzierungen bestehen auch weitere Standards für soziale oder insgesamt nachhaltigkeitsorientierte Ziele. Hierzu bestehen jedoch in der EU keine vergleichbaren Kodizes zur EU-Taxonomie. 6 Emittierten Finanzinstitute in Deutschland im Jahr 2015 noch 500 Mio. Euro an Green Bonds, so waren es im Jahr 2021 bereits 10,6 Mrd. Euro (Quelle: Bloomberg zit. nach Deutsche Bundesbank (2022)). 05 | 2023 37

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