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die bank 05 // 2022

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MARKT 2 |

MARKT 2 | Internationaler Zahlungsverkehr nach Währung in Prozent, Februar 2022 Sonstige 11,6 % CNY 2,2 % JPY 2,7 % GBP 6,8 % USD 38,9 % EUR 37,8 % Quelle: Eigene Darstellung nach SWIFT, RMB Tracker March 2022, S. 3, Grundlage: Volumen der über SWIFT ausgetauschten Nachrichten. Gelänge es der People’s Bank of China aber künftig, grenzüberschreitende Transaktionen über den E-Yuan zentral zu überwachen, dürfte Beijing den Kapitalverkehr schrittweise lockern. Folglich nähmen Renminbi-Zahlungen gegenüber US-$ und € zu, was wiederum CIPS zugutekäme. Beide Zentralbankprojekte, der E-Yuan und CIPS, würden verschmelzen. Grenzen dieser internationalen Renminbi- Expansion liegen in der untergeordneten Gesamtrolle, die der Renminbi noch über Jahre spielen dürfte. Neben seiner Zahlungsfunktion ist nämlich sein bisheriges Gewicht als Reserve-, Anleihe- und Anlagewährung äußerst überschaubar. Um auch für den weltweiten Zahlungsverkehr deutlich attraktiver zu werden, erscheint ein liberalisierter Kapitalverkehr somit notwendig, aber nicht hinreichend. Es bedarf weiterer institutioneller Änderungen in Chinas politischem System – aus heutiger Sicht ein weiter Weg. 5 Nur für China attraktiv? Die jüngsten SWIFT-Sanktionen gegenüber Russland dürften CIPS stärken: Es lässt sich mit anderen nationalen Zahlungssystemen verflechten und nutzt dieselbe Nachrichtensyntax wie SWIFT. Neben der unmittelbaren Abwicklung internationaler Renminbi-Transfers könnten dadurch zum Beispiel auch Rupien oder Rubel über die chinesische Plattform ge- handelt werden. Bei Geschäften in US-$ und € würde CIPS zumindest die Zugangspunkte zu SWIFT kontrollieren. Russlands SPFS erscheint schon deshalb weniger erfolgversprechend als CIPS, weil die russische Wirtschaftsleistung nur rund ein Zehntel der chinesischen beträgt. Daneben ist die Volksrepublik Russlands wichtigster Handelspartner – nicht umgekehrt. Das Gesamtvolumen der bilateralen Ein- und Ausfuhren stieg 2021 auf 147 Mrd. US-$ – ein Plus von 36 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Im ersten Halbjahr 2021 bezahlte Russland 28 Prozent seiner chinesischen Importe in Renminbi. 2013 waren es nur zwei Prozent gewesen. 6 Dieser Anteil dürfte 2022 dramatisch zunehmen und damit CIPS für die russische Regierung an Attraktivität gewinnen. Unter den direkten CIPS-Teilnehmern findet sich zwar noch keine russische Bank, wohl aber die Russlandtochter der riesigen Industrial and Commercial Bank of China. In den kleineren Volkswirtschaften der chinesischen Belt and Road Initiative war ebenfalls schon vor der diesjährigen Ukraine- Invasion durch Russland klar, dass sie weder am digitalen Renminbi noch an CIPS vorbeikommen. Dazu gehören Länder mit fragilen Institutionen, die finanziell stark von China abhängen – beispielsweise Kambodscha und Myanmar, aber auch Pakistan und Thailand. FAZIT Solange der chinesische Renminbi im internationalen Zahlungsverkehr eine untergeordnete Rolle spielt, wird CIPS nicht in der Lage sein, SWIFTs marktbeherrschende Stellung anzugreifen. Langfristig sprechen aber drei Faktoren dafür, dass ein geschwächtes SWIFT mit einem erstarkten CIPS ein Duopol bilden könnte: Erstens der Unmut der von SWIFT ausgeschlossenen Länder bzw. Personen sowie weiterer Staaten, die mit der Vormachtstellung von US-$ und € hadern. Zweitens die technologische Disruption durch digitales Geld privater und staatlicher Emittenten. Schließlich Chinas wachsende Fähigkeit, grenzüberschreitende Renminbi-Transaktionen per digitalem Zentralbankgeld und CIPS zu kontrollieren. Jenseits der Neuen Seidenstraße dürften schließlich weitere Regierungen wie Nicaragua und die Zentralafrikanische Republik, zahllose Unternehmen und einflussreiche Einzelpersonen an CIPS interessiert sein, denen die reichen Demokratien fehlende Rechtsstaatlichkeit, Korruption, Terrorfinanzierung, Menschenrechtsverletzungen und Kriegsverbrechen zur Last legen. Bei entsprechender Größe könnte sich CIPS eines Tages eine eigene Nachrichtensyntax zulegen. Die Vereinbarkeit mit SWIFT wäre zwar dahin, dessen Reichweite als Sanktionsmittel aber ebenso. 7 12 05 | 2022

MARKT Überschaubare Reaktionen SWIFT selbst stemmt sich gegen seinen Bedeutungsverlust: 2014 startete mit „SWIFT India“ das erste Gemeinschaftsunternehmen. Es dient dazu, auch Indiens inländischen Interbanken-Zahlungsverkehr über die belgische Plattform abzuwickeln. Seit 2019 bietet die belgische Gesellschaft über eine Auslandseinheit in Beijing speziell chinesischen Nutzern lokale Dienstleistungen an. Ebenfalls in Beijing gründete SWIFT im Januar 2021 ein Gemeinschaftsunternehmen mit vier chinesischen Körperschaften, darunter CIPS. Dessen Anteil liegt jedoch nur bei fünf Prozent, während SWIFT mit 55 Prozent die Mehrheit hält. Das Joint Venture soll grenzüberschreitende Zahlungsinformationen sammeln und auswerten. Die USA setzten ihrerseits bisher eher darauf, globale Marktteilnehmer zu einer klaren Entscheidung für oder gegen ihr Land zu bewegen. Das wurde anlässlich der erwähnten Iran-Sanktionen besonders deutlich. Ob dieser Weg auf Dauer erfolgreich bleibt, erscheint ungewiss: Immer mehr Staaten pflegen enge Handelsbeziehungen mit China, vor allem innerhalb Asiens. Andererseits dürften die reichen Demokratien seit der „Zeitenwende“ vom 24. Februar 2022 geneigt sein, geostrategische Klumpenrisiken zu verringern. Ratsam wäre es in jedem Fall, sich in den USA und Europa stärker mit CIPS zu beschäftigen und insbesondere die Teilnahmebedingungen für heimische Banken klar zu regeln. 8 Autorin Prof. Dr. Britta Kuhn lehrt VWL mit Schwerpunkt International Economics an der Wiesbaden Business School der Hochschule RheinMain. 1 Vgl. detailliert neben cips.com bzw.swift.com: Wong, Liana / Nelson, Rebecca (2021): International Financial Messaging Systems. CRS Report R46843, Version 2. 19. Juli 2021; Work, Andrew (2021): Der Aufstieg des e-RMB: Innenpolitische Kontrolle, Globaler Einfluss. Global Innovation Hub Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit, November 2021. 2 Vgl. detailliert: Wong/Nelson (2021); Work (2021). 3 Vgl. Kuhn, Britta (2022): E-Yuan: China führt bald digitales Zentralbankgeld ein. Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen 75 (3), 154–158. 4 Vgl. Boz, Emine, et al. (2020): Patterns in Invoicing Currency in Global Trade. IMF Working Paper WP/20/126, Juli 2020, S. 17. 5 Vgl. detailliert: Work (2021); Prasad, Eswar (2021): The future of money. Cambridge/London, 307 ff. 6 Vgl. Reuters (2022): Factbox: China-Russia trade has surged as countries grow closer, 1. März 2022, https:// www.reuters.com/markets/europe/china-russia-trade-has-surged-countries-grow-closer-2022-03-01/, letzter Abruf 8. April 2022. 7 Vgl. detailliert: Work (2021). 8 Vgl. detailliert neben swift.com: Wong/Nelson (2021); Work (2021). 05 | 2022 13

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