MARKT 1 | Das Gleichgewichtsmodell ∑ = 0 t = 1 Netto-Neugeschäft 700 600 t = 2 Position aus t-1 Netto-Neugeschäft Volumen -300 - 100 Volumen -900 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre 5 Jahre 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre 5 Jahre Laufzeitband Laufzeitband t = 3 Position aus t-2 Position aus t-1 Netto-Neugeschäft Zeitstabiles Gleichgewicht Volumen Volumen 900 1.200 500 - 100 1 Jahr - 2.500 1 Jahr 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre 5 Jahre Laufzeitband 2 Jahre 3 Jahre 4 Jahre 5 Jahre Laufzeitband untere Grenze für die gleichgewichtige Geldmarktposition darstellt. Die NSFR-Vorgaben unterscheiden Positionen danach, ob sie einen stabilen Refinanzierungsbedarf auslösen (Required Stable Funding, RSF) oder stabile Refinanzierungsmittel darstellen (Available Stable Funding, ASF). Dazu werden verschiedenen Produktarten unterschiedliche RSF- und ASF- Faktoren zugeordnet. Diese geben an, welcher Anteil jeweils als stabil angesehen wird. Insbesondere stochastische Positionen weisen RSF-Faktoren bzw. ASF-Faktoren von unter 100 Prozent auf. Die Höhe des zulässigen Liquiditätsgaps im ersten Zeitfenster hängt im Gleichgewichtsmodell vereinfachend davon ab, wie stark sich die NSFR-Faktoren von den internen Ablaufannahmen des Instituts unterscheiden. Angenommen, ein Institut würde seine (stochastischen) Einlagen – mit einem ASF- Faktor von 50 Prozent – gemäß interner Fiktion zu 80 Prozent mit Laufzeiten von mehr als einem Jahr modellieren. Würde das Institut nun seine daraus resultierende offene Liquiditätsposition durch Kreditgeschäfte mit RSF- Faktoren von 100 Prozent strukturkongruent schließen, würden die NSFR-Vorgaben nicht erfüllt. Denn 80 Einheiten des Kreditgeschäfts stünden gemäß NSFR nur 50 Einheiten aus stabilen Einlagen entgegen (NSFR = 50 / 80 = 0,625). Um eine Einhaltung der NSFR zu gewährleisten, müsste das Institut in einem Gleichgewicht folglich 30 Prozent seiner Einlagen auf dem Zentralbankkonto vorhalten (NSFR = 1). Dies zeigt exemplarisch, wie auch aufsichtsrechtliche Nebenbedingungen für das Gleichgewichtsmodell formuliert werden können. Strukturelles Liquiditätsrisikomanagement braucht strategische Perspektive Die Übernahme von Risiken ist elementarer Bestandteil des Geschäftsmodells von Banken. Im Sinne einer wertorientierten Steuerung ist die Allokation von Risikokapital mit einem adäquaten Erfolgsanspruch verbunden. Dies gilt ebenso für strukturelle Liquiditätsrisiken, auch wenn diese aufgrund ihres Charakters und ihrer tendenziell trägen Steuerbarkeit maßvollen Rendite-Risiko-Überlegungen unterzogen werden müssen. Ein strukturelles Liquiditätsrisikomanagement sollte eine strategische Perspektive einnehmen, da strukturelle Steuerungsmaßnahmen eher langfristig wirken. Gleichzeitig besteht die Notwendigkeit, strategische Ziele zu operationalisieren und so konkreten Maßnahmenentscheidungen zugänglich zu machen. Dies wird durch das Gleichgewichtsmodell ermöglicht, indem der langfristige Struktureffekt der innerhalb eines Jahres geplanten Geschäftsaktivitäten sowie deren Auswirkungen auf zentrale Performance-Indikatoren simuliert werden können. 22 05 // 2019
MARKT FAZIT Mithilfe des Gleichgewichtsmodells lassen sich unter Beachtung der genannten Nebenbedingungen mathematische Optimierungsmodelle entwerfen, anhand derer beispielsweise Funding-Pläne abgeleitet werden können, die jederzeit eine Rückkopplung auf das übergeordnete Strukturziel ermöglichen. Eventuelle Planabweichungen geben dem Treasury-Manager unmittelbar Impulse für strategiekonforme Gegenmaßnahmen. Zusätzlich kann dieser die Abweichungen zwischen der aktuellen Liquiditäts- und Gleichgewichtsposition überwachen, um seine Steuerungsmaßnahmen immer wieder in den strategischen Kontext einordnen zu können. Das vorgestellte Verfahren unterstellt zeitstabile Neugeschäfte und unterliegt demzufolge einem steten Geschäftsfortführungsgedanken. Zur Ableitung einer strategischen Zielposition, die per se mit großer Unsicherheit behaftet ist, erscheint dies gerechtfertigt. Darüber hinaus lassen sich die zentralen Grundgedanken des Modells beispielsweise auch auf Business Cases übertragen, denen ein temporäres Geschäftswachstum oder ein temporärer Geschäftsabbau zugrunde liegt. Ebenso können zusätzliche Nebenbedingungen sowie kürzere Zeithorizonte als Vorstufen des Gleichgewichts berücksichtigt werden. Autor Kevin Schmidtko ist Spezialist für das strategische Asset-Liability-Management der Norddeutschen Landesbank, Hannover. 1 Zur Ermittlung des LVaR vgl. z. B. Thomae, H.: „Das Risiko exakt bemessen – Berechnung des Liquidity Value at Risk“ in „die bank“ 12/2008. 05 // 2019 23
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