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die bank 05 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG

DIGITALISIERUNG FIRMENKUNDENGESCHÄFT Effizienter Launch einer Kreditplattform Mitte 2017 wurde die Kreditplattform 2.0 für den Geschäfts- und Firmenkundenbereich der Postbank final gelauncht. Die Umsetzung des IT-Großprojekts erstreckte sich über eine Gesamtlaufzeit von 22 Monaten. Dabei musste eine Lösung erschaffen werden, die in das Herz der Systemlandschaft integriert werden kann und dazu noch alle regulatorischen Vorgaben in diesem Umfeld berücksichtigt. Banken stehen schon seit langer Zeit vor massiven Herausforderungen. Die New Economy erzeugt mit neuen Geschäftsmodellen einen enormen Druck auf die Wirtschaft, der Kostenaspekt gewinnt in der Bankensteuerung weiter an Bedeutung und die sinkenden Zinsmargen führen zu einer kontinuierlichen Überprüfung der Geschäftsmodelle. Daneben steigen die regulatorischen Vorgaben, sodass Investitionsbudgets weitgehend in deren Umsetzung allokiert werden. IT- Großprojekte müssen daher (kosten)effizient umgesetzt werden. Das Beispiel der neuen Kreditplattform der Postbank zeigt, wie das funktioniert. ratives) Vorgehen auf allen Ebenen: bei der Programmierung, im Team und beim Management. Anders als beim Wasserfallmodell wird die neue Anwendung nicht im Voraus in allen Einzelheiten genau geplant und dann in einem einzigen langen Durchgang entwickelt. Schließlich können sich die Anforderungen während der Projektlaufzeit noch ändern, und oft sind sie zu Projektbeginn noch gar nicht vollständig bekannt. Stattdessen wechseln sich beim agilen Vorgehen kurze Konzeptions- und Entwicklungsphasen ab. Agiles Management oder Wasserfallmodell? Gerade technisch hochgradig vernetzte und integrierte IT-Systeme mit einer Vielzahl von Input- und Output-Schnittstellen werden traditionell nach dem klassischen Wasserfallmodell bearbeitet, um die Abhängigkeiten von Datenmodellen, Datenstrukturen und Datenflüssen bereits in der Konzeptionsphase hinreichend zu berücksichtigen. Kennzeichnend für diese lineare Vorgehensweise ist, dass die Phasenergebnisse immer als bindende Vorgaben für die nächsttiefere Phase einfließen. Dem gegenüber steht die agile Vorgehensweise, die sich vor allem in der App-Entwicklung durchgesetzt hat. Im Kern geht es dabei um möglichst häufige Rückkopplungsprozesse und zyklisches (ite- 56 05 // 2018

DIGITALISIERUNG Um die Vorteile der beiden Modelle optimal miteinander kombinieren zu können, hat man sich in diesem Fall für eine iterativ-inkrementelle Vorgehensweise entschieden. Der Grundgedanke dahinter ist, auf der Basis feststehender Anforderungen und Rahmenbedingungen eine Anwendung schrittweise zu entwickeln und den Anwendern für den Test bereitzustellen. Damit wird das Projektteam in die Lage versetzt, Erfahrungen aus vorangegangenen Entwicklungsschritten unmittelbar zu nutzen. Begonnen wird mit der einfachen und ausbaufähigen Implementierung einer definierten Untermenge der Anforderungen. Schrittweise erfolgt dann der Ausbau der sich entwickelnden Versionen bis zur vollständigen Umsetzung der Anwendung. Somit laufen Entwicklung, Systemtest und resultierende Anpassungen der Konzeption parallel. Hauptziel: Digitalisierung der Limit-Genehmigung Mit der Kreditplattform 2.0 hat die Bank eine zukunftsfähige IT-Plattform für die Non- Retail- Portfolios (Geschäfts- und Firmenkunden, Large Corporates, Financial Institutions) geschaffen. Sie erfüllt eine Vielzahl von Funktionen: Mit ihr können die Gruppen verbundener Kunden (GvK) abgebildet, Ratings erstellt und Limite kompetenzgerecht genehmigt, gemanagt und überwacht sowie ad hoc Auskunft über die Portfolios und Einzelengagements erteilt werden. Dabei werden aus den bestandsführenden Systemen Kunden- und Geschäftsdaten automatisiert in die Anwendung importiert und der Datenfluss in die Meldewesen-, Kreditrisikocontrolling- und Datenqualitätsüberprüfungssysteme koordiniert. Das Primärziel des Projektes war die Digitalisierung der Limit-Genehmigung für die Non-Retail-Portfolios: weg von der Papierakte, hin zu einer vollständig elektronischen Verarbeitung und Archivierung. Sekundärziele wie Prozessoptimierung, Effizienzsteigerung und zusätzliche Transparenz wurden ebenfalls an das Projekt adressiert. Offizieller Projektstart war im September 2015. Doch die Arbeiten begannen bereits davor: Der Projektauftrag wurde vier Wochen vor dem Kick-off klar definiert, gemeinsam mit allen Beteiligten und Stakeholdern in der Bank. In einem ToR (Terms of Reference) konnten die Kernfragen, das „Was“, „Wer“, „Wie“ und „Wann“, beantwortet und zu einem Zielbild zusammengefügt werden, das von allen Beteiligten mitgetragen wurde. ÿ 1 Von Beginn an stand fest, dass die Verwendung eines starren Vorgehensmodells bei dieser Anwendungsentwicklung ineffizient sein würde. Die neue Kreditplattform ist verbunden mit 15 Umsystemen, also Systemen, die mit dem eigentlichen System vernetzt sind. Um all diese Schnittstellen von Anfang an ausreichend einzubinden, setzten die Projektverantwortlichen auf einen Mix aus Wasserfallmodell und agilem Management. Die Zielvorgaben waren dabei zwar klar definiert, zum Erreichen wurde jedoch dynamisch und flexibel miteinander an den besten Lösungen gearbeitet. Zum Kernteam des Projekts zählten sechs bis acht Fachexperten, zehn IT-Spezialisten sowie bis zu zwölf Entwickler. Durch die Terms of Reference war es möglich, schon vor Projektstart eine transparente Ressourcenplanung vorzunehmen und Arbeitspakete für jeden Projektmitarbeiter bzw. jedes Teil-Team zu schnüren. Entscheidend für den Erfolg des Projekts waren jedoch zwei wesentliche Grundvoraussetzungen: Die internen Fachexperten der Bank wurden zu 100 Prozent von ihren Linienaufgaben freigestellt und belegten für die Projektdauer zusammen mit den Business- Analysten ein gemeinsames Projektbüro. Dies war nur möglich durch ein massives Buy-in des Senior Managements. In Workshops zum Projektfahrplan In Workshops, die vor dem eigentlichen Projektstart stattfanden, wurden die wichtigsten Parameter abgesteckt und ein Projektziel mit allen Beteiligten geschärft. Neben technischen Fragen mussten vor allem die Datengrundlage und regulatorische Anforderungen geklärt werden: Welche Rahmenbedingungen bestehen? Welche Kundengruppen gibt es und welche Portfolios müssen berücksichtigt werden? 05 // 2018 57

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