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die bank 05 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT INTERVIEW Die

MANAGEMENT INTERVIEW Die Autobanken müssen auf dem Fahrersitz bleiben Jeder zweite Neuwagen in Deutschland wird inzwischen durch die herstellerverbundenen Finanzdienstleister auf die Straße gebracht. Noch eilt die Branche von Rekord zu Rekord. Doch gerade in den Metropolregionen wandelt sich die Einstellung der Käufer: „Nutzen statt Besitzen“ scheint immer häufiger die Devise zu sein. Mit Dr. Peter Renkel, Verbandsgeschäftsführer der Banken der Automobilwirtschaft (BDA), sprach die bank über die Zukunft der Autobanken und die Chancen der Digitalisierung. die bank: Welche Bedeutung haben die Finanzdienstleistungen der Autobanken für die Automobilwirtschaft insgesamt? Renkel: Ob für private Autokäufer, gewerbliche Kunden oder große Flottenbetreiber – die Finanzdienstleistungen der Herstellerbanken sind bei der Fahrzeuganschaffung heute nicht mehr wegzudenken. Fast jedes zweite Neufahrzeug in Deutschland wird aktuell durch die Leasing- und Finanzierungsprodukte der BDA-Institute auf die Straße gebracht. Damit sind sie ein unverzichtbarer Stabilisator der Automobilwirtschaft und tragen zur Sicherstellung der gesamten automobilen Wertschöpfungskette bei. Neben ihrer Funktion als wesentliche Absatzförderer für Automobilhersteller und ihre Handelspartner leisten sie auch einen überaus wertvollen Beitrag zu langfristigen und soliden Kundenbeziehungen. Als Bankengruppe stehen sie dabei zwar eher im Hintergrund, sind mittlerweile aber durchaus zu einer volkswirtschaftlich relevanten Größe herangewachsen: Im Jahr 2016 hatten die Banken der Automobilwirtschaft einen Vertragsbestand von über 113 Mrd. € in ihren Büchern und schlossen Neugeschäft in Höhe von über 41 Mrd. € ab. die bank: Wie viele der BDA-Mitgliedsinstitute haben ihr Produktspektrum auch auf andere Bankdienstleistungen als die Autofinanzierung ausgeweitet und welche Angebote stehen im Vordergrund? Renkel: Neben dem Kerngeschäft Leasing und Finanzierung haben die Autobanken ihr Angebotsportfolio insbesondere um autonahe Dienstleistungen erweitert, hierzu gehören Kfz-Versicherungen, Kreditschutzbriefe, Garantie- und Reparaturversicherungen und zahlreiche weitere Services rund um die Mobilität der Kunden. Wir haben in den letzten Jahren aber auch einen Trend zum Direktbankgeschäft bei den Autobanken erlebt. Mittlerweile ist rund die Hälfte unserer Mitglieder ins Einlagengeschäft eingestiegen. Dies dient zum einen dazu, neue Kunden an die Fahrzeugmarke heranzuführen bzw. bestehende Kunden noch weiter zu binden. Zum anderen ist dies ein zusätzliches Standbein in der Refinanzierung des Leasing- und Finanzierungsgeschäfts. Denn Autobanken mit eigenen Kundeneinlagen haben neben Verbriefungen und der kapital- bzw. geldmarktbasierten Mittelbeschaffung eine weitere Refinanzierungsquelle zur Verfügung. Ein breit aufgestellter und ausgewogener Refinanzierungsmix steigert nicht zuletzt die Flexibilität der Institute. die bank: Die Banken der Automobilwirtschaft haben 2016 Neufahrzeuge im Rekordwert von gut 41 Mrd. € auf die Straße gebracht. Mit welchem Ergebnis rechnen die Banken der Automobilwirtschaft für 2017 und 2018? Renkel: Aufgrund der positiven gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen gehen wir von ca. 3,4 Mio. Neuzulassungen 2017 aus, 2018 sogar noch leicht darüber. Wir sind optimistisch, dass die Herstellerbanken mit innovativen Finanzprodukten einen wesentlichen Beitrag hierzu leisten werden und auch vorhandene Wachstumspotenziale weiter nutzen können. die bank: Zumindest in den Großstädten werden Modelle wie Uber oder Carsharing zunehmend interessanter. Wie beeinflusst das die Autobanken? Renkel: Gerade in Metropolregionen ist ein solcher Trend zum „Nutzen statt Besitzen“ erkennbar. Die Automobilhersteller und ihre Finanztöchter arbeiten daher gemeinsam an entsprechenden Mobilitätskonzepten bzw. haben diese vielerorts schon etabliert. Dies reicht von Carsharing und anderen Angeboten für Kurzzeitmiete über Corporate Carpooling bis hin zu intermodalen Mobilitätskonzepten, die verschiedene Verkehrsmittel vereinen. Genau 24 05 // 2018

MANAGEMENT in diesen Zukunftsmodellen verfügen die Finanztöchter über Kernkompetenzen: Im Bereich Kundenmanagement können wir auf einen umfangreichen Datenpool und die nötigen Kommunikationskanäle zurückgreifen, beim Abrechnungsmanagement verfügen wir über viel Erfahrung und auch beim Flottenmanagement, dem zentralen Faktor für die Akzeptanz neuer Geschäftsmodelle, sind wir bereits heute in der Lage, zusammen mit dem Hersteller alles aus einer Hand zu bieten. die bank: Welche Gefahren gehen vom Erstarken der Start-ups sowie von etablierten Tech-Konzernen für die Branche aus, wenn die Entwicklung z. B. immer stärker Richtung Connected Car geht? Renkel: Fest steht, dass sich der Markt für Mobilität in den nächsten Jahren rasant weiterentwickeln und verändern wird. Neue Kundenbedürfnisse sowie neue technische Möglichkeiten erfordern auch neue Geschäftsmodelle. Die etablierten Player sind herausgefordert, nah an ihren Kunden zu bleiben und ihnen entsprechend gute Mobilitätslösungen für die Zukunft zu bieten. Wesentlicher Schlüssel zum Erfolg ist dabei, die direkte Schnittstelle zum Kunden nicht an die Apples, Googles und Ubers dieser Welt zu verlieren. die bank: Wie wird die zunehmende Digitalisierung die Geschäftsmodelle der Autobanken beeinflussen und verändern? Renkel: In Zeiten, in denen durch die zunehmende Digitalisierung nahezu alle Geschäftsmodelle in Frage gestellt werden, sind auch die herstellerverbundenen Finanzdienstleister herausgefordert, offen für neue Wege und Lösungsansätze zu sein, um mit den heutigen und künftigen Kundenbedürfnissen auf Ballhöhe zu bleiben. Dies betrifft insbesondere neue digitale Vertriebswege. Viele Kunden sind heute „always on“ und recherchieren bei der Wahl eines neuen Fahrzeugs primär online. Konditioniert durch Amazon und Co., erwarten sie das komplette Angebotsportfolio inklusive Finanzdienstleistungen online – und dies einfach, transparent und vor allem reibungslos bis zum Verkaufsabschluss. Die Digitalisierung der Prozesse und eine enge Verknüpfung von „offline“ und „online“ sind daher zentrale Themen für alle Herstellerbanken. Entsprechende Projekte reichen vom vollständig digitalen Online-Vertragsabschluss über Vorab-Kreditzusagen online oder der Nutzung neuer Vertriebsplätze wie Amazon bis hin zum Angebot einzelner hinzubuchbarer Dienstleistungen online. die bank: Welche Rolle werden künftig Kooperationen mit Start-ups spielen? Renkel: Grundsätzlich ist es wichtig, Start-ups im FinTech-Bereich nicht als Bedrohung, sondern als sinnvolle Ergänzung zu begreifen. Sie sind für die Autobanken gewissermaßen wie Zulieferer für die Hersteller. Nicht alle Prozesse jenseits des Kerngeschäfts müssen im eigenen Unternehmen abgebildet werden. Hier bieten sich sinnvolle Kooperationsmöglichkeiten mit Start-ups an, die oftmals schneller und auch kostengünstiger agieren können. Die letztliche Herangehensweise ist dann von Institut zu Institut unterschiedlich und reicht von Kooperationsmodellen über Zukäufe von Gesellschaften bis hin zum Outsourcing an Dienstleister. Im Bereich Online-Identifikation oder auch Bonitätsprüfung wird dies bereits sehr erfolgreich durch die Autobanken umgesetzt. Wichtig ist dabei stets, dass die Bank auf dem Fahrersitz bleibt und bei ihr alle Informationen zusammenfließen. die bank: Herr Renkel, vielen Dank für das Gespräch. Die Fragen stellte Eli Hamacher. 05 // 2018 25

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