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die bank 05 // 2018

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT Ein konkreter

MARKT Ein konkreter Vergleich anhand von zwei Beispielfällen zeigt dazu die Kosten in der Praxis. Hierfür wurde für die Bankfinanzierung ein Zinssatz auf Basis eines klassischen dreistufigen Deckungsbeitragsschemas ermittelt. Bei der Crowdlending-Finanzierung wurde auf die Konditionen der vier größten deutschen Crowdlending-Plattformen zurückgegriffen. Anhand der ermittelten Konditionen wurden dann die Gesamtkosten für die Finanzierung errechnet und abschließend gegenübergestellt. Beispielfinanzierungen Wir testen zunächst eine Betriebsmittelfinanzierung für ein mittelständisches Unternehmen, 100.000 €, ein Jahr Laufzeit. Für den Kreditnehmer entstehen bei der Bank während der gesamten Laufzeit Kosten in Höhe von 3.625 €, wohingegen sich beim Crowdlending durchschnittliche Gesamtkosten in Höhe von 7.537,50 € ergeben. Die Zinssätze, insbesondere von Lendico und Kapilendo, liegen mit einer Differenz von 0,6 bzw. 0,7 Prozentpunkten noch vergleichsweise nah an der Bankkondition. Durch die vergleichsweise hohen Gebühren entsteht jedoch ein zusätzlicher Kostenfaktor, sodass die sich im Durchschnitt ergebenden Kosten das Bankangebot um mehr als 100 Prozent übersteigen. Als zweites untersuchen wir die Finanzierung eines Firmenwagens für einen kleinen Handwerksbetrieb, 40.000 €, fünf Jahre Laufzeit. Auch bei diesem Beispiel zeigen sich vergleichsweise hohe Kosten im Vergleich zur klassischen Bankfinanzierung, auch hier wieder vor allem durch die Gebühren verursacht. Hier stehen Kosten der Bankfinanzierung in Höhe von 4.367,54 € Kosten des Crowdlendings in Höhe von durchschnittlich 7.627,29 € gegenüber. Gegenüberstellung: Finanzierungsprozess Crowdfunding und Bankfinanzierung unterscheiden sich vor allem in einem wesentlichen Kernaspekt: Der Kontakt bzw. die Kommunikation. Während das Bankgeschäft überwiegend persönlich, sei es über Telefon, Chat oder in der Filiale, abgewickelt wird, dominiert beim Crowdfunding der digitale Kon- takt. Höchstens zu technischen Fragen wird ein Support via Telefon oder E-Mail angeboten, jedoch findet in der Regel keine persönliche Beratung statt. Diese ist bei der Bank der Regelfall, denn im Beratungsgespräch werden die wesentlichen Rahmenbedingungen der Finanzierung, die Bonitätsunterlagen, das Rating und die zur Finanzierung notwendigen Sicherheiten besprochen. Im Anschluss daran erfolgt die Kreditanalyse, die letztlich in die Kreditentscheidung mündet. Die Dauer des gesamten Prozesses variiert sehr stark; eine Studie aus dem Jahr 2012 hat jedoch ermittelt, dass 40 Prozent der Kreditanfragen von KMU in fünf bis zehn Tagen abgewickelt werden können, bei den übrigen 60 Prozent dauert dieser Prozess jedoch länger als zehn Tage . Im Folgenden soll erläutert werden, wie der Ablauf einer Kreditanfrage beim Crowdlending ist. Auskunft darüber geben die Anbieter selbst. Auf den Webseiten der Portale wird der Prozess in der Regel in drei Schritten beschrieben: Der erste Schritt besteht dabei aus der Anmeldung und der Bereitstellung der notwendigen Informationen für die Prüfung des Kreditantrags, welcher über Formulare auf der Webseite erfolgt. Dabei bieten die Plattformen den Kreditsuchenden bei Bedarf einen kostenlosen telefonischen Support an. Nach 48 Stunden soll dann im zweiten Schritt eine Entscheidung über die Finanzierbarkeit und über die Konditionen anhand der Bonitätseinschätzung erfolgen. Im dritten Schritt erfolgen die Veröffentlichung des Projekts auf der Plattform und das eigentliche Funding, was nach Angabe der Anbieter innerhalb einer Woche abgeschlossen ist. Unter optimalen Bedingungen, d. h. wenn der Nutzer genügend technische Affinität mitbringt und die Menüführung auf der Webseite eindeutig ist, kommt an keiner Stelle ein persönlicher Kontakt des Unternehmens mit der Plattform zustande. Gegenüberstellung: Kundenansprüche Beim direkten Vergleich zwischen Bankfinanzierung und Crowdfunding ist es ebenso notwendig zu betrachten, welche Ansprüche Unternehmen an ihre Hausbank bzw. an Banken haben. Daraus kann abgeleitet werden, welche der Anforderungen die jeweilige 18 05 // 2018

MARKT Finanzierungsalternative am ehesten erfüllen kann und welche Form den Ansprüchen in Summe am ehesten gerecht wird. Die Thematik der Ansprüche von Unternehmen an Banken wurde bereits in der Vergangenheit in diversen Studien thematisiert bzw. lässt sich aus verschiedenen Ergebnissen interpretieren. Daher wurden die Ergebnisse verschiedener Studien aus den Jahren 2013 bis 2017 verwendet, um die relevanten Erwartungen der Firmenkunden näher zu beleuchten. Zusammenfassend lässt sich über alle Studien hinweg feststellen, dass insbesondere die Beziehung zur Bank und ein gewisses Vertrauensverhältnis zwischen Bank und Kunde ein wichtiges Merkmal für Firmenkunden ist. Dabei erwarten die Unternehmen auch eine hohe Expertise und vollumfängliche Beratung von ihrem Finanzdienstleister. Zudem wurde festgestellt, dass eine gewisse Preissensitivität bei den Kunden besteht, was bedeutet, dass sich langfristig die günstigere Lösung durchsetzen wird, sofern die übrigen Erwartungen erfüllt werden können. Denn auch die Bearbeitungszeit spielt für viele Unternehmen eine übergeordnete Rolle, auch wenn dies mit zunehmender Unternehmensgröße abnimmt. Es wird zudem deutlich, dass die Unternehmen offen für die Digitalisierung sind und daher auch moderne Lösungen und Kontakt über Online-Kanäle fordern. Auch wird deutlich, dass der Verzicht auf Sicherheiten von Interesse ist – jedoch nur, wenn sich dies nicht zu sehr auf den Preis auswirkt. Die Unternehmen benötigen also je nach Größe unterschiedliche Elemente aus dem Leistungsspektrum der Banken, was sowohl in Bezug auf die Beratung als auch auf Blankofinanzierungen deutlich wird, allerdings ohne dafür einen Aufpreis zahlen zu wollen. Vergleicht man die sich herauskristallisierten Ansprüche der Kunden mit den Merkmalen, die die beiden oben diskutierten Finanzierungsalternativen bieten, lässt sich feststellen, dass die Finanzierung über die Bank die in den verschie- denen Studien deutlich gewordenen Präferenzen der Fir- menkunden besser bedient als die Finanzierung über eine Crowdlending-Plattform. Lediglich im Bereich der Schnelligkeit hat die Crowd einen entscheidenden Vorteil, der gerade bei zeitkritischen Finanzierungsanfragen den Ausschlag geben kann. Jedoch auch nur dann, wenn das Unternehmen bereit ist, dafür einen höheren Preis zu bezahlen und auf eine umfassende Betreuung und Beratung vor Ort zu verzichten. FAZIT Die Banken in Deutschland brauchen sich aktuell vor der Konkurrenz durch die Crowdlending-Plattformen nicht zu fürchten. Durch die Kostenstruktur ist die Finanzierung über die Crowd deutlich teurer, und auch die sonstigen Anforderungen von Unternehmenskunden werden von den Banken aktuell besser erfüllt. Lediglich beim Faktor Schnelligkeit haben die Crowdlending-Plattformen deutliche Vorteile. Es bleibt jedoch abzuwarten, wie sich zum einen die Ansprüche der Kunden weiterentwickeln, und zum anderen, ob es den Plattformen gelingt, ihre Kosten zu senken. Autoren Marvin Dieske, Student an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management am Studienzentrum Düsseldorf und Mitarbeiter einer Volksbank. Prof. Dr. Frank Lehrbass, Professor für Allgemeine BWL, insbesondere Risikomanagement, an der FOM Hochschule für Oekonomie & Management am Studienzentrum Düsseldorf. 05 // 2018 19

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