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die bank 05 // 2017

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

BERUF & KARRIERE TALENT

BERUF & KARRIERE TALENT MANAGEMENT UNTER DER LUPE Befreiung aus der Matrix Meister oder Allrounder – diese Frage beschäftigt Personalleiter bei der Vergabe von Stellen jeden Tag. Mehr noch, da Personal heute als Ressource gesehen wird. Die Aufgabenstellung lautet, mit begrenzten Mitteln eine Bestlösung zu finden – von der unter Umständen der Fortbestand des gesamten Unternehmens abhängen kann. Talent Management bietet eine Möglichkeit, den Einsatz von Personal effizient zu realisieren. Talent Management umfasst die Gesamtheit der Strategien, Methoden und Maßnahmen, mit denen Unternehmen die Kontinuität ihrer Stellenbesetzung sicherstellen. Schwerpunkt des Talent Managements ist es, die für den Geschäftserfolg kritischen Schlüsselpositionen mit den richtigen Mitarbeitern zu besetzen. Talente müssen entdeckt, akquiriert, entwickelt und gefördert werden, um optimal platziert und an das Unternehmen gebunden werden zu können. Ferner umfassen Aufgaben im Talent Management auch besondere Maßnahmen im Bereich der Werbung und Entwicklung von Potenzialträgern, sogenannten High Potentials. Zusammen mit dem Nachfolgemanagement hat das Talent Management ein gesteigertes Interesse an Schlüsselpositionen und ihren Inhabern. Nur mit klar abgegrenzten Vorgaben können Potenzialträger funktionsoder positionsspezifisch entwickelt und gefördert werden. Daraus folgt bereits eine erste Notwendigkeit für erfolgreiches Talent Management: Es ist stets unternehmensspezifisch und benötigt die Identifikation der Schlüsselpositionen sowie notwendiger Stationen der Entwicklung für Inhaber dieser Position. Bevor ein Unternehmen also vorausplanen kann, müssen zunächst die vorhergehenden und bestehenden Strukturen verstanden und analysiert werden, um erfolgreiche Führungskräfte entwickeln zu können. Aus dieser ersten Anforderung an Talent Management ergibt sich direkt eine weitere: Was Talent und Potenzial ausmacht, ist unter wissenschaftlicher Betrachtung festzuhalten. Ebenso wie Unternehmensstrukturen auf zugängliche Weise erschließbar und für die Personalarbeit nutzbar gemacht werden müssen, ist es notwendig, Talent und Potenzial von Mitarbeitern einschätzen zu können. Dabei fällt immer wieder die Bezeichnung High Potentials. Darunter versteht man Mitarbeiter oder Führungskräfte, die ein besonderes Potenzial für Führungsaufgaben zeigen. Dabei bestechen diese Personen durch ihre herausragenden Leistungen im fachlichen Bereich in Verbindung mit ihrem Führungspotenzial. Bereits ab dem ersten Tag ziehen High Potentials den Rest ihres Bereichs mit und geben sowohl anderen Mitarbeitern als auch ihren Vorgesetzten Vertrauen und Sicherheit. Weiterhin sind sie emotional und sozial gut ausgebildet und zeigen neben einer besonderen Selbstbeherrschung auch andere herausragende psychische Fähigkeiten. Selbst in angespannten oder kritischen Situationen verhalten sich High Potentials stets korrekt, da sie instinktiv um ihre Vorbildfunktion wissen, ohne dies demonstrativ herauszukehren. Ihr außerordentlicher Wille zum Erfolg treibt High Potentials an und versetzt sie darüber hinaus in die Lage, Ideen und Lösungsansätze zu entwickeln und diese umzusetzen. Ihre besondere Auffassungsgabe hilft ihnen dabei, Situationen schnell zu verstehen und Konflikte zu lösen. Dabei behalten sie generell eine positive Stimmung. 1 Wie findet man die Exzellenten unter den sehr Guten? In einer Studie aus dem Jahr 2013 kristallisierte sich heraus, dass etwa die Hälfte aller identifizierten High Potentials durch strukturierte Potenzialbewertungen gefunden wurden. 2 Weitere besonders effektive Werkzeuge sind 360°-Feedbackrunden und Talent Review Workshops. Durch einen vielgestaltigen Ansatz zur Erfassung von Potenzialen können verschiedene Arten von High Potentials angesprochen und identifiziert werden. Unterschiede sind jedoch nicht nur auf die Ausprägung des Potenzials eines Kandidaten begrenzt. Auch die eng mit dem Potenzial verbundene Leistungsfähigkeit 56 05 // 2017

BERUF & KARRIERE Was die Matrix verschweigt Trotz der aufgezeigten Möglichkeiten zur effektiven Nutzung, Identifikation und Förderung von Leistungsträgern verweisen Forschungsinstitute darauf, dass Potenzialträger immer noch unzureichend gefördert werden. Fehler im Talent Management durch falsche Anwenschwankt stark. Aufgrund dieser Komplexität haben sich in den vergangenen Jahren Schaubilder und Effekt-Ma trizen durchge setzt, welche dazu dienen, einen strukturierten Überblick über die Verortung von Potenzialträgern auf Leistungs- und Potenzialebene zu treffen. Wenngleich High Potentials laut Studien ihre vergleichbaren Kollegen regelmäßig und deutlich übertreffen, können ihre eigenen Leistungen trotzdem unterdurchschnittlich imVergleich zu anderen Potenzialträgern sein. Die differenzierte Einschätzung und Besetzung von Potenzialträgern ist demzufolge eine weitaus schwierigere Aufgabe, als für Personal außerhalb des High-Potential-Spektrums und wird zusätzlich durch die möglichen hohen Entwicklungskosten zu einer wahren Herausforderung. Leistungs- und Potenzialmatrizen – alt und bewährt Ein Beispiel für eine Matrix in der Entwicklung von Mitarbeitern ist in der Darstellung ersichtlich. Die Matrix ermöglicht die Zuordnung von einzelnen Leistungs- und Potenzialprofilen in Gruppen. Jedem der dargestellten Felder sind Entwicklungs- und Fördermaßnahmen zugewiesen, die Mitarbeitern dabei helfen, ihre Leis- tungen zu steigern und in ein neues Feld aufzusteigen. ÿ 1 Bevor der eigentliche Entwicklungsprozess beginnt, erfolgt eine Ersteinschätzung für die aktuelle Verortung des Potenzialträgers. Dabei werden Einstufungen in drei Dimensionen unterteilt: ZZ Kompetenzeinschätzung: Dazu zählen die strategische und Problemlösekompetenz, die Ergebnisorientierung, der Veränderungswille, die Führungskompetenz, die kommunikative Kompetenz und die Souveränität in Auftreten und Handeln. ZZ Potenzialeinschätzung: der Zeitraum, wann der Kandidat das gewünschte Potenzial erreicht hat. ZZ Leistungsbeurteilung: Fachkompetenz, Arbeitsergebnis und Zusammenarbeit. Anhand dieser Aufzählung ist zu erkennen, dass nicht explizit das Führungspotenzial untersucht wird. Potenziale ändern sich oft nur über sehr lange Zeiträume und nur in geringem Maß durch Social-Skills-Seminare und Führungskräfte-Workshops. Daher konzen-trieren sich Fortbildungsmaßnahmen vorwiegend auf die Steigerung der Leistungswerte eines Potenzialträgers und seiner Unterweisung in Führungsinstrumenten. Gleichzeitig erfordert ein derart vielseitiger Prozess eine stete Rückkontrolle und kontinuierliche Auswertung. Wichtig ist, dass Potenzialträger und Anwärter jederzeit die Möglichkeit haben, ihre eigene Entwicklung zu verfolgen und anzupassen. Zudem liegt es im Interesse des Unternehmens, sich ein kontinuierliches Bild über den Potenzialträger zu bewahren. Dadurch können beispielsweise Abweichungen von notwendigen Entwicklungen für die vorgesehene Laufbahn wahrgenommen werden und entweder abgestellt oder aber, im Geist der Diversifikation, gefördert werden. Drei Instrumente zur Potenzialentwicklung seien an dieser Stelle genannt, stellen aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit: ZZ Leadership Coaching, ggf. Shadowing, Mentoring, ZZ Personalentwicklung durch Stellenwechsel, z. B. Rotation, ZZ General Management Programm, Business School. Nachdem Talent und Potenzial erfasst und beurteilt wurden sowie Entwicklungsmaßnahmen eingeleitet werden, soll ein Weg gefunden werden, Leistungsträger optimal für Nachund Neubesetzungen einzusetzen. Hierzu ist es erforderlich, sich der derzeitigen Arbeitsmarktsituation sowie vorliegender Unternehmensstrategien bewusst zu sein. ÿ 2 05 // 2017 57

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