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die bank 05 // 2016

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig, eine Revision beim Bundesarbeitsgericht ist ebenso möglich wie eine Anrufung des Europäischen Gerichtshofs. Sollte die Möglichkeit entfallen, Fußballspieler für mehr als zwei Jahre befristet zu beschäftigen, hätte dies weitreichende Folgen für Vereine. Denn Spieler könnten sich innerhalb der ordentlichen Kündigungsfristen von einem unbefristeten Arbeitsvertrag lösen; eine Ablösesumme wäre dann nicht mehr zu zahlen. Der Rechtsstreit verdeutlicht erneut, dass es im Bereich des professionellen Sports Usancen gibt, deren Vereinbarkeit mit nationalen oder internationalen Rechtsordnungen infrage gestellt werden kann. Im Hinblick auf die Risikobewertung ist deshalb die Erkenntnis wichtig, dass Rechtsunsicherheiten ganz selbstverständlich bestehen, deren Auswirkungen auf die Sicherheiten zu prüfen sind. Transfererlöse als Sicherheiten Insoweit ist der Fall Müller aber unkritisch. Selbst wenn höchstrichterlich festgestellt werden sollte, dass Befristungen über zwei Jahre hinaus unzulässig sind, ergäben sich daraus – anders als im Fall Bosman – keine durchschlagenden zusätzlichen Risiken für bestehende Transferforderungen. Besicherungen mit zukünftigen Transfererlös eines bestimmten Spielers waren ohnehin bereits riskant – einerseits wegen des Verletzungsrisikos und andererseits, weil Clubs nicht über einen Spieler bestimmen können. Er muss selbst den Arbeitgeber wechseln wollen, damit ein Transfer zustande kommen und ein Transfererlös entstehen kann. Deshalb ist unverändert zu empfehlen, dass sich diese nicht auf einen bestimmten Spieler beziehen. Wenn Finanziers Sicherheiten prüfen und bewerten, sind darüber hinaus Überlegungen zu den Folgen von Streitigkeiten innerhalb der Sportgerichtsbarkeit notwendig. Für Konflikte zwischen Verbänden oder zwischen Clubs – beispielsweise über Transferforderungen – sind zunächst Sportgerichte bis hin zum obersten Sportgericht, dem Court of Arbitration for Sport (CAS) mit Sitz in Lausanne, zuständig. Bei den Verfahren sind Besonderheiten zu beachten, und bisweilen wird eine fehlende Unabhängigkeit der Sportgerichte beklagt. Der entscheidende Unterschied zu staatlichen Gerichten ist aber das anzuwendende Recht, das die Verbände mit ihren Satzungen und Ordnungen selbst gestalten. Und da die Mitglieder im Rahmen von Versammlungen entscheiden, können Rechtsänderungen schneller umgesetzt werden. Die Rechtssicherheit ist damit eine andere als bei staatlichen Regeln. Bei der Bewertung von Aktiva und der Strukturierung von Finanzierungen ist deshalb die vertragliche Ebene genau zu beleuchten: Welche Einflüsse hat das nationale, staatliche Recht? Welche Besonderheiten ergeben sich aus dem Verbandsrecht? Dabei ist nicht nur zu prüfen, was im Vertrag geregelt ist. Zudem sollten Finanziers den häufig in Gesetzen respektive Satzungen und Ordnungen normierten, aber bisweilen dispositiven Regelfall kennen. Ist der Arbeitsvertrag eines Spielers derart ausgestaltet, können einseitige Ausstiegsklauseln, Begrenzungen von Ablösesummen und Rechte Dritter zu beachten sein. Ferner gibt es Risiken aus Wettbewerbsausschlüssen, Spielstrafen oder Dopingvergehen, die erkannt werden müssen. Professionalisierung schreitet voran All das zeigt: Die Branche ist speziell – aber eben wirtschaftlich zunehmend interessant. Denn angeführt von der englischen Premier-League steigen die Einnahmen der Clubs in den europäischen Top-Ligen stetig, vor allem dank der lukrativen Vermarktung von Fernsehrechten. Und ein Ende dieser Entwicklung ist nicht absehbar. Damit werden sich die Clubstrukturen weiter professionalisieren. Aktuelle Berichte über Unregelmäßigkeiten bei Verbänden oder bei der Vergabe von internationalen Meisterschaften dürften diesen Trend verstärken. Sie sind aus Investorensicht weniger Grund zur Sorge als notwendige Begleiterscheinungen der Aufarbeitungsprozesse, die die Compliance- Strukturen verbessern. Die Reputationserwartung der Fußball-Sponsoren wird diese Entwicklung weiter beschleunigen. Beispiele in der Premier-League sowie der US-amerikanischen NBA und NHL zeigen im Übrigen, dass die Fankultur im Zuge der Professionalisierung keinen Schaden nehmen muss. Im Gegenteil: Über stabil günstige Eintrittspreise und interessante Rahmenprogramme können Fans sogar profitieren. Herausforderungen für Profi-Clubs Die Professionalisierung und Kommerzialisierung stellt die Fußballvereine vor neue Herausforderungen. Vor allem müssen sie die wirtschaftliche Basis schaffen, um ihre sportlichen Ziele zu erreichen – und dies möglichst unabhängig vom kurzfristigen Erfolg. Die Nichtqualifikation für einen internationalen Wettbewerb, das frühe Ausscheiden aus der Pokalrunde oder gar ein Abstieg sollen die Basis für eine positive langfristige Entwicklung nicht gefährden. Notwendige Voraussetzung dafür ist, Spielertransfers, Gehälter und eine entsprechende Infrastruktur zu finanzieren. Diese Entwicklung wird auch vor „Ausbildungs-Clubs“, die sich durch den Verkauf von Talenten finanzieren, nicht Halt machen. Die Budgets und damit die Finanzierungsvolumina werden auch bei den „Kleinen“ steigen. Die erforderlichen Investitionssummen können die Clubs nur durch intelligente Finanzierungslösungen beschaffen – zumal sie zum Teil vor großen bilanziellen Herausforderungen stehen, da die Bilanzierung von Spielern enormen Schwankungen unterliegt. Vor diesem Hintergrund entstehen interessante Geschäftsmöglichkeiten für Banken, bei denen die Lösung von Finanzierungs- und Bilanzmanagementbedürfnissen zum Kerngeschäft zählt. 36 diebank 05.2016

BETRIEBSWIRTSCHAFT ó Bedarf an strukturierten Finanzierungen Die meisten Clubs verfügen bereits über Kreditlinien. Diese stammen aber überwiegend von regionalen Banken und sind aufgrund der regionalen Bedeutung der Vereine oft riskant. Das regionale Engagement wird daher mit den steigenden Volumina mittelfristig eher an Bedeutung verlieren. Mittelstandsanleihen, insbesondere „Fananleihen“, werden angesichts des großen Finanzierungsbedarfs in absehbarer Zeit ein Nischenprodukt bleiben und als eher emotionales Instrument der Fanbindung dienen. Dies gilt ebenso für Verbriefungen, die zudem stabile Cashflows auf einer gesicherten Datenbasis erfordern – Voraussetzungen, die zumindest nicht in signifikantem Maße gegeben sind. Hinzu kommt, dass das Marktumfeld für Verbriefungen ohnehin schwierig ist. Angesichts dieser Rahmenbedingungen sind für Banken zahlreiche Möglichkeiten für strukturierte Finanzierungen auf Basis der Aktiva und Cashflows der Clubs vorhanden. Als Finanzierungsinstrument bietet sich der klassische besicherte Kredit an, eine Kernkompetenz der Banken. Interessant sind darüber hinaus Darlehen, deren Zins- und Kapitaldienst von den zugrunde liegenden Cashflows abhängen (sogenannte strukturierte Kredite) sowie Forderungskäufe, die sich insbesondere bei der Finanzierung von Spielertransfers anbieten können. Genau wie Darlehen können sie syndiziert, d. h. durch Bankenkonsortien finanziert oder an Kreditfonds, Family Offices oder Hedgefonds übertragen werden. Hierdurch lassen sich Risiken streuen und Provisionseinnahmen erzielen. Zudem erlaubt die im März 2016 in Kraft getretene Reform des KAGB nunmehr auch die Kreditvergabe direkt durch spezielle Fonds. Wer langfristig erfolgreich sein und ein solides und ertragreiches Portfolio mit kalkulierten und beherrschten Risiken aufbauen will, muss sich jedoch intensiv mit den im Fußball-Finanzierungsgeschäft typischen Risiken beschäftigen. Dann kann das Fußballgeschäft ein interessanter, sogar lukrativer Finanzierungsmarkt für Banken, Versicherungen und Fonds werden. Banken verfügen aber sicherlich über besonders gute Voraussetzungen und sind prädestiniert, die wirtschaftlichen Chancen dieses wachsenden Markts zu nutzen. ó Autoren: Dr. Lars Figura, Local Partner bei PwC Legal in Bremen. Der frühere Leichtathlet ist Experte im Sportrecht. Dr. Jörg Wulfken, Leiter des Bereichs Bank-, Versicherungs- und Investmentrecht bei PwC Legal, Frankfurt am Main. Das Abo für Risiko-Experten Print und online RISIKO MANAGER ist die führende deutsche Fachzeitschrift für Risikomanagement. Im Abo enthalten sind alle Printversionen sowie ein Premium-Login auf der Website. Die Printversion ab 2016 umfasst 10 Hefte pro Jahr. Der geschlossene Content-Bereich enthält sämtliche Ausgaben der Zeitschrift seit Heft 1 (2006) im digitalen Volltext. › › Sichern Sie sich ein Jahr lang die Fachzeitschrift RISIKO MANAGER für 411,95 €. * Jetzt bestellen unter: www.bank-verlag-shop.de * inkl. Versand und MwSt.

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