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die bank 05 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BERUF & KARRIERE

ó BERUF & KARRIERE TIDJANE THIAM Der Hoffnungsträger fi AT THE TOP Geht es um Afrikas Exportschlager, dann ist auf der einen Seite die Rede vom Rohstoff-Reichtum des Schwarzen Kontinents und auf der anderen Seite von den zahlreichen begnadeten Fußballern, die in Europa dem runden Leder nachjagen. In dieser Hinsicht hat zum Beispiel die Côte d‘Ivoire eine ganze Menge zu bieten; denn Fußballer wie Didier Drogba und Yaya Touré sind populäre und erfolgreiche Botschafter ihrer stolzen Nation, die darüber hinaus zum Beispiel auch als ein weltweit führendes Kakao- Exporteurland bekannt ist. Doch jetzt sorgt die Elfenbeinküste auch im Global Banking für eine ganze Menge Aufsehen. Denn der eidgenössische Bankriese Credit Suisse Group AG hievt mit Tidjane Thiam einen Schwarz- Thiam war zunächst in seiner Heimat ein erfolgreicher Politiker und hat seine internationale Karriere offensichtlich Schritt für Schritt geplant. Er war der erste Ivorer an der Ecole Polytechnique in Paris, wo er im Jahr 1984 erfolgreich seinen akademischen Abschluss machte. Anschließend studierte er an der Ecole Nationale Superieure des Mines de Paris, wo er als Klassenbester abschloss. Mit Unterstützung von McKinsey lernte er am Insead, wo er 1988 die Prüfung als MBA ablegte. Es folgten Stationen bei der Weltbank in Washington und in New York, bevor er nach Paris zurückkehrte. afrikaner auf den Chefposten. Tidjane Thiam wurde am 29. Juli 1962 in der Côte d‘Ivoire geboren und kann bereits eine große Karriere in der Politik und in der Finanzszene vorweisen. Das Bankgeschäft ist für ihn zwar neu, aber seine thematische Nähe zu Banken und Versicherungen wird ihm den Einstieg erleichtern. Viele Ivorer sind zwar stolz auf ihren Landsmann, allerdings überrascht sie dessen Karrieresprung überhaupt nicht. Denn Thiam ist als Spross zweier bekannter und einflussreicher afrikanischer Familien seit langem Hoffnungsträger der Menschen in Afrika. Seine aus der Côte d‘Ivoire stammende Mutter Marietou ist die Nichte von Félix Houphouët-Boigny, dem bekannten Gründer und ersten Präsidenten der Côte d´Ivoire. Sein im Sene- gal geborener Vater Amadou hat als Kabinettsmitglied von Houphouët-Boigny dessen Arbeit über zehn Jahre hinweg unterstützt. Tidjane Thiams Onkel Habib Thiam war zudem über eine Dekade hinweg Premierminister des Senegal. Und so wuchs der neue CS-Vorstandschef während seiner Kindheit und Jugend in behüteten und finanziell gesicherten Familien-Verhältnissen auf. Der Mann mit der französischen und ivorischen Staatsangehörigkeit hatte es bei einem solchen elitären Familienstamm daher vergleichsweise leicht, die Karriereleiter nach oben zu klettern. Dass ihn jetzt mit der Credit Suisse Group AG eine der größten börsennotierten Aktiengesellschaft der Schweiz zum CEO macht, scheint lediglich eine logische Folge der von ihm erbrachten großen Leistungen zu sein. Der CS-Aktienkurs schoss nach Bekanntgabe des Personalwechsels kräftig in die Höhe. Dies mag auch daran gelegen haben, dass sich die Anleger an die Kursentwicklung von Prudential plc erinnerten. Der Aktienkurs der britischen Versicherung hatte sich unter der Führung Thiams in etwa verdreifacht. Brillenträger Thiam ersetzt Brady Dougan, der sich nach Meinung seiner Kritiker in den vergangenen Monaten zu stark aufs riskante Investmentbanking fokussiert hatte. Jetzt erwarten Analysten in der Schweiz einen Paradigmenwechsel bei CS. Die neue Situation werde möglicherweise einige Mitarbeiter im Top-Management veranlassen, die Bank zu verlassen. So wie Thiam bei seinen Landsleuten in der Côte d‘Ivoire seit längerem als eine Art Held gilt, so ist er jetzt auch Hoffnungsträger für die Belegschaft und die Aktionäre von Credit Suisse. Die Bank gilt in der Finanzszene allgemein als recht schwach kapitalisiert und muss sich darüber hinaus auch mit einigen aufsichtsrechtlichen Problemen auseinandersetzen. Thiam, so heißt es in Zürich, 74 diebank 5.2015

BERUF & KARRIERE ó sei für die Lösung dieser Probleme genau der richtige Mann. Er vereine Intelligenz, Fachwissen und Durchsetzungsvermögen. Darüber hinaus erhoffen sie sich von ihm einige innovative Ideen. Einige seiner engsten Mitarbeiter bei Prudential sind des Lobes voll über seine Führungsqualitäten und seine Arbeitsmethoden. „CS hat mit ihm einen großen Fang gemacht“, sagt einer seiner Freunde. In Zürich hören sie das sehr gerne. Wie Thiam die akuten Aufgaben konkret lösen will, verrät er derzeit allerdings noch nicht. Er werde möglicherweise zunächst im Investment-Banking den Fuß vom Gas nehmen und andere Bereiche stärker promoten, glauben einige CS-Mitarbeiter in Zürich. Interview-Fragen hat Thiam bisher weitgehend abgelehnt. „Ich muss mir zunächst mein eigenes Bild machen und auch das Gespräch mit der Belegschaft suchen“, hält er nichts von übereilten Schnellschüssen. Ganz offensichtlich setzt der Ivorer, der mit seiner charismatischen Art im persönlichen Gespräch viel Ruhe ausstrahlt, nicht zuletzt auf Teamgeist. Zunächst hat er in seiner Heimat erfolgreich als Politiker agiert; dann hat er seine internationale Karriere offensichtlich Schritt für Schritt geplant. Die Voraussetzung dazu hat er sich in seiner „zweiten Heimat“ Paris verschafft. Thiam war zum Beispiel der erste Ivorer an der Ecole Polytechnique in Paris, wo er im Jahr 1984 erfolgreich seinen akademischen Abschluss machte. Anschließend studierte er an der Ecole Nationale Superieure des Mines de Paris, wo er als Klassenbester abschloss. Danach lernte er mit Unterstützung von McKinsey am Insead, wo er 1988 die Prüfung als MBA ablegte. Von hier trieb es ihn im Rahmen eines Sabbaticals zur Weltbank in Washington, bevor er zu McKinsey in New York ging und anschließend wieder nach Paris zurückkehrte. Nach dem Tod von Félix Houphouët- Boigny Ende 1993 bat ihn der neue ivorische Präsident Henri Konan Bédiè, nach Abidjan zurückzukehren und als Kabinettsmitglied sowie Vorstandschef des BNETD (Bureau for Technical Studies and Development) Aufgaben beim Aufbau der fl Als Spross zweier einflussreicher afrikanischer Familien ist Thiam Hoffnungsträger vieler Menschen. Infrastruktur und der Privatisierung zu übernehmen. In dieser Rolle war er auch für die Verhandlungen mit dem IWF und der Weltbank verantwortlich. Im Jahr 1998 wurde er dann zum Minister für Planung und Entwicklung berufen. Dass das westafrikanische Land in Sachen Infrastruktur große Fortschritte gemacht hat, schreiben sie in Abidjan nicht zuletzt Tidjane Thiam zu. Unter anderem auch deshalb haben ihn die Gremien des Weltwirtschaftsforums (WWF) in Davos im Jahr 1998 auf die Liste der 100 globalen Politiker von morgen gesetzt. Im Jahr 1999 wurde Thiam vom WWF in ein virtuelles globales „Traum- Kabinett“ berufen. Doch die politische Entwicklung in seinem Heimatland trieb ihn in der Folgezeit ins Ausland. Er war enttäuscht über die Entwicklung in seiner Heimat; denn als Folge des Militärputschs im Jahr 1999 wurde er zeitweise festgenommen. Nach seiner Freilassung entschloss er sich Anfang 2000, das Land zu verlassen und sein Glück auf internationalem Parkett zu versuchen. Das ist ihm bestens gelungen. Er kehrte zu McKinsey zurück und übernahm dann nach kurzem Zwischenstopp Aufgaben in der Assekuranz. Bei der Versicherungsgruppe Aviva plc in London verdiente er sich in dieser Branche erste Sporen, bevor er im Jahr 2007 Finanzchef von Prudential plc an der Themse wurde. Im Jahr 2009 rückte er dann bei dieser größten britischen Versicherungsgesellschaft auf den Sessel des Vorstandschefs. Schließlich musste der auch im Asien-Geschäft sehr erfolgreiche Thiam letztlich auch die Erfahrung machen, dass sich das Leben nicht immer auf der Sonnenseite abspielt. Als die amerikanische Finanzgruppe AIG im Rahmen der globalen Finanzkrise unter die Räder geriet, stand deren asiatische Tochter AIA zum Verkauf. Prudential gab eine Übernahme-Offerte für AIA ab, die letztlich jedoch scheiterte. AIA entschloss sich zu einem erfolgreichen Börsengang in Hongkong. In London und in der ehemaligen britischen Kronkolonie lasteten sie das Scheitern der Offerte nicht zuletzt auch Thiam an. Dies auch, fl Thiam, so heißt es in Zürich, sei für die Lösung der CS-Probleme genau der richtige Mensch. weil sich die Öffentlichkeit und die Aufsichtsbehörden nicht vollständig über die geplante Transaktion informiert fühlten. „Als Vorstandschef muss man halt auch Risiken eingehen“, sagt Thiam zu dieser Situation heute. Sein Bekanntheitsgrad hat dadurch nicht gelitten. Heute nimmt er neben seiner neuen Aufgabe bei Credit Suisse auch zahlreiche globale Aufgaben in verschiedenen europäischafrikanischen Organisationen wahr. Ob er eines Tages der aktuellen Bitte des ivorischen Premierministers zur Rückkehr in seine Heimat folgen wird, hat er noch nicht beantwortet. Denn Thiam muss zunächst seine nicht einfachen Aufgaben in der Schweiz erfüllen. ó Jonas Dowen 5.2015 diebank 75

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