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die bank 05 // 2015

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ó BERUF & KARRIERE

ó BERUF & KARRIERE Neues zu den bankaufsichtsrechtlichen Bonusregeln EUROPÄISCHE BANKENAUFSICHT Als die Institutsvergütungsverordnung zum 1. Januar 2014 neu gefasst wurde, haben die deutschen Banken geprüft, ob sie nur die allgemeinen Bonusregeln der Institutsvergütungsverordnung oder auch deren besonders strenge Anforderungen für „bedeutende“ Institute erfüllen müssen. Diese Prüfung ist seit der Übernahme der europäischen Bankenaufsicht durch die Europäische Zentralbank im November 2014 wieder aktuell. Insbesondere kleinere gruppenangehörige Banken unter europäischer Aufsicht stehen vor der Frage, ob sie ihre bisherige Einschätzung, nicht „bedeutend“ zu sein, revidieren und ihre Vergütungssysteme an die strengeren Anforderungen anpassen müssen. Sebastian Tusch | Benjamin Herz Keywords: Bankenaufsicht, Vergütung, SSM Die Institutsvergütungsverordnung ist eine Reaktion auf die in der Finanzkrise aufgekommene Diskussion, inwiefern Bonussysteme dazu beigetragen, dass Bankmitarbeiter unangemessene Risiken eingehen. Die Verordnung verfolgt dabei das Ziel, Risiken zu begrenzen, die aus einer als verfehlt verstandenen Vergütungspolitik entstehen können. Sie verpflichtet alle deutschen Banken, ihre Vergütungssysteme für Geschäftsleiter und Mitarbeiter so auszugestalten, dass Anreize zur Eingehung unverhältnismäßig hoher Risiken vermieden werden. Die Institutsvergütungsverordnung verlangt etwa, dass keine signifikante Abhängigkeit von Bonuszahlungen entstehen darf. Bonuszahlungen müssen in einem angemessenen Verhältnis zur fixen Vergütung stehen. In diesem Zusammenhang sind die Banken grundsätzlich verpflichtet, ihre Bonuszahlungen auf eine Höhe von maximal 100 Prozent der fixen Vergütung zu begrenzen. Ausnahmen sind nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Darüber hinaus verlangt die Institutsvergütungsverordnung, dass Bonuszahlungen wirksame Verhaltensanreize setzen müssen. Entsprechend müssen negative Erfolgsbeiträge in der Regel dazu führen, dass der Bonus geringer ausfällt. Ein garantierter Bonus ist nur in bestimmten Ausnahmefällen zulässig. Vor dem Hintergrund dieser und weiterer Vorschriften der Institutsvergütungsverordnung zeigt sich, dass schon deren allgemeine Bonusregeln die Vertragsfreiheit weitreichend einschränken. Allgemeine Vergütungsvorschriften für alle deutschen Banken Wenn es um die Bonussysteme bedeutender Banken geht, enthält die Institutsvergütungsverordnung besonders strenge Vorschriften. Insbesondere sind die Boni von Geschäftsleitern und sogenannten Risk Takern zu einem erheblichen Teil für mehrere Jahre zurückzubehalten, bevor sie ausgezahlt werden dürfen. Selbst nach Ablauf des Zurückbehaltungszeitraums muss ein Teil der Jahre zuvor festgesetzten variablen Vergütung noch einmal von den Banken für die Dauer einer Sperrfrist einbehalten werden. Das bedeutet für die Betroffenen zunächst einen erheblichen Liquiditätsnachteil und führt in der Praxis vielerorts für Unmut. Hinzu kommt, dass die Banken während des Zurückbehaltungszeitraums prüfen müssen, ob unter anderem die persönlichen Erfolgsbeiträge der bonusberechtigten Personen nachhaltig waren. Wenn sich nachträglich herausstellt, dass die von den bonusberechtigten Personen getroffenen Entscheidungen nicht nachhaltig waren, dann ist dies bei der Bestimmung der Bonushöhe zu berücksichtigen. Falls es sogar zu einem sittenwidrigen Verhalten oder zu erheblichen Verstößen gegen interne oder externe Vorschriften gekommen ist, dann ist der Bonus angemessen zu reduzieren. In Ausnahmefällen kann es sogar notwendig sein, den Bonus nachträglich vollständig zu streichen. Das gilt etwa dann, wenn ein Verhalten der bonusberechtigten Person zu einem erheblichen Verlust für die Bank geführt hat. Auch wenn die bonusberechtigte Person gegen interne oder externe Verhaltensanforderungen verstoßen hat und deshalb ihre Eignung infrage steht, kann dies einen vollständigen Verlust des Bonus begründen. Bedeutend nach der Institutsvergütungsverordnung Die besonders strengen Bonusregeln der Institutsvergütungsverordnung gelten nur für Banken, die bedeutend im Sinne der Institutsvergütungsverordnung sind. 70 diebank 5.2015

BERUF & KARRIERE ó Hierbei sind grundsätzlich die Banken bedeutend, deren Bilanzsumme in den letzten Jahren bei mindestens 15 Mrd. € lag. Darüber hinaus sind etwa Banken bedeutend, die potenziell systemgefährdend sind. Auch wenn diese Voraussetzungen nicht erfüllt sind, kann die BaFin eine Bank als bedeutend einstufen, wenn dies im Einzelfall durch besondere Umstände gerechtfertigt ist. Dabei sind insbesondere das Vergütungssystem der Bank sowie Art, Umfang, Komplexität, Risikogehalt und Internationalität ihres Geschäfts zu berücksichtigen. Unabhängig von diesen materiellen Kriterien für die Einordnung als bedeutend gilt eine Bank auch dann als bedeutend im Sinne der Institutsvergütungsverordnung, wenn sie nach der europäischen Verordnung über den Single Supervisory Mechanism (SSM-Verordnung) vom 15. Oktober 2013 von der EZB beaufsichtigt wird. Nach dem Wortlaut dieser Regelung würde also die formelle Zuständigkeit der europäischen Bankenaufsicht dazu führen, dass die besonders strengen Vergütungsvorschriften einzuhalten sind. Diese Regelung war bis zum Start der europäischen Bankenaufsicht im November 2014 ohne Anwendungsbereich. Nun wird sie aktuell, und sie könnte zu überraschenden Ergebnissen führen. Bedeutend nach der SSM-Verordnung Dass auf Banken unter europäischer Aufsicht die besonders strengen Bonusregeln anzuwenden sind, ist grundsätzlich konsequent. Die europäische Bankenaufsicht ist vor allem für die großen europäischen Banken zuständig. Nach der SSM-Verordnung ist eine Bank insbesondere dann bedeutend, wenn der Gesamtwert ihrer Aktiva 30 Mrd. € übersteigt oder wenn er 5 Mrd. € übersteigt und zugleich 20 Prozent des Bruttoinlandsprodukts des teilnehmenden Mitgliedstaats ausmacht oder wenn es sich um eine der drei bedeutendsten Banken des jeweiligen Mitgliedstaats handelt. Die nach diesen Maßstäben bedeutenden Banken unter EZB-Aufsicht erfüllen regelmäßig auch die Merkmale eines bedeutenden Instituts im Sinne der Institutsvergütungsverordnung, sodass sie die besonders strengen Bonusregeln ohnehin einhalten müssen. Mit der SSM-Rahmenverordnung vom 16. April 2014 wurde die Zuständigkeit der europäischen Bankenaufsicht zwischenzeitlich aber auf Einlagenkreditinstitute erweitert, die der Gruppe einer bedeutenden Bank im Sinne der SSM-Verordnung angehören. Auch diese gruppenangehörigen Einlagenkreditinstitute fallen unter die Zuständigkeit der EZB-Bankenaufsicht und könnten infolgedessen von den besonders strengen Bonusregeln der Institutsvergütungsverordnung betroffen sein. Ungewollte Wechselwirkungen Dass die besonders strengen Bonusregeln auf alle Einlagenkreditinstitute unter europäischer Gruppenaufsicht anzuwenden sein könnten, überrascht nun viele der betroffenen Banken. Das gilt besonders für kleinere Banken, die bisher keinen Gedanken darauf verwendet haben, dass sie als bedeutend eingestuft werden könnten. Es ist zweifelhaft, dass der Normgeber sie erfassen wollte. In der juristischen Literatur wird vermutet, es liege ein Redaktionsversehen des Normgebers vor. Es stellt sich die Frage, ob die Kriterien der Zuständigkeitsverteilung zwischen BaFin und EZB ein geeigneter Anknüpfungspunkt dafür sind, welche Bonusregelungen der Institutsvergütungsverordnung anzuwenden sind. Dagegen spricht, dass beispielsweise gruppenangehörige Finanzdienstleister sowie Banken, die kein Einlagengeschäft betreiben, die strengen Bonusregeln nicht einhalten müssten, selbst wenn sie risikogeneigtes Geschäft betreiben. Ebenso verschont blieben zahlreiche Banken, die keiner Gruppe angehören und nicht der europäischen Aufsicht unterliegen, auch wenn sie weitaus größer sind als manche gruppenangehörige Bank unter europäischer Aufsicht. Die Entscheidung, welche gruppenangehörigen Institute welchen Bonusregeln unterfallen, würde nicht anhand materieller Kriterien wie etwa der Systemrelevanz oder Bilanzsumme, sondern anhand der formalen Zuständigkeit der BaFin oder der EZB getroffen. Dabei beruhen die deutschen Vergütungsvorschriften auf ganz anderen Überlegungen und Zwecken als die unionsrechtliche Zuständigkeitsverteilung. Bei der Europäisierung der Bankenaufsicht ist eine Gruppenaufsicht zweckmäßig, damit Mutter- und Tochterinstitute gemeinsame Sachfragen mit einer einheitlichen Aufsichtsbehörde abstimmen können. Im Hinblick auf die Vergütungsvorschriften gilt das nicht in gleicher Weise. In der Praxis führte eine strikte Konnexität zwischen deutschen Vergütungsvorschriften und unionsrechtlicher Zuständigkeitsverteilung zu teilweise schwer nachvollziehbaren Ergebnissen. Fazit Die Institutsvergütungsverordnung ist zu einem Zeitpunkt erlassen worden, zu dem noch nicht vollständig klar war, wie die europäische Bankenaufsicht ausgestaltet sein würde. Von daher spricht einiges dafür, dass der Normgeber die unterschiedliche Behandlung der betroffenen Banken nicht beabsichtigt hat. Vielmehr dürfte der Verweis in der Institutsvergütungsverordnung nur auf die großen Banken unter EZB-Aufsicht gerichtet sein. Um Rechtssicherheit zu schaffen, wäre es zu begrüßen, wenn der Verweis in der Institutsvergütungsverordnung auf die Vorschriften über die EZB-Zuständigkeit klarstellend eingeschränkt wird. Die anstehende Reform der Institutsvergütungsverordnung, mit der die neuen EBA-Leitlinien umgesetzt werden sollen, bietet dafür eine geeignete Gelegenheit. Autoren: Sebastian Tusch und Dr. Benjamin Herz sind Rechtsanwälte im Frankfurter Büro von Gleiss Lutz. 5.2015 diebank 71

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