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die bank 05 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó FINANZMARKT Noch ein

ó FINANZMARKT Noch ein langer Weg EU-KAPITALMARKTUNION Ende Februar diesen Jahres hat die EU-Kommission ihr Green Paper zur geplanten Kapitalmarktunion vorgelegt. Im Sommer soll ein White Paper mit konkreten Regelungsvorschlägen folgen. Bis Ende 2019 will man eine umfassende Europäische Kapitalmarktunion errichtet haben, die eine bankenunabhängigere Finanzierung der Wirtschaft Europas, insbesondere der kleineren und mittleren Unternehmen, ermöglicht und einer breiteren Investorenschicht Zugang zu Anlagemöglichkeiten in Europas Unternehmen gibt. Bis dahin ist noch einiges zu tun. Hartmut Bechtold Keywords: Kapitalmarkt, Europa, Verbriefungen Die Implikationen der geplanten Kapitalmarktunion gehen weit über die Regulierungen für Verbriefungen, Privatplatzierungen und Kapitalmarktemissionen hinaus; sie betreffen auch so schwierige Rechtsgebiete wie Insolvenz- und Steuerrecht. Die fundamentale Auseinandersetzung um die Sinnhaftigkeit des Projekts hat bereits begonnen. Für die einen ist es der Königsweg, um Europas Aufschwung jenseits von Banken zu finanzieren. Für andere heißt es schlichtweg, einer Fata Morgana hinterher zu laufen, da in Europa einerseits die Kapitalanbieter jenseits von Banken nur schwach vertreten sind und andererseits die breite Mehrheit der kapitalnachfragenden Unternehmen die Diskretion des Bankkredits der Öffentlichkeit des Kapitalmarkts vorzieht. So bewegt sich die neue EU-Kommission mit dem Programm, bis 2019 eine umfassende, einheitliche Kapitalmarktunion zu schaffen, die gleichberechtigt neben die bankbasierte Wirtschaftsfinanzierung tritt, auf einem schmalen Grat. Schauen wir uns die Ausgangslage an: Richtig ist, dass in Euroland die Neukreditherauslagen von Banken an die Wirtschaft seit 2008 um 40 Prozent gefallen sind und von daher alternative Finanzierungswege mehr als wünschenswert wären. Richtig ist auch, dass die Kapitalmärkte Europas bislang insgesamt nicht einmal halb so groß sind wie in den USA. Die für Wirtschaftswachstum so entscheidenden Kapitalmarktsegmente High Yield Bonds, Leveraged Loans und Venture Capital machen – lässt man Großbritannien außen vor – sogar nur 12 bis 28 Prozent des vergleichbaren US-Volumens aus. Fakt ist aber auch, dass in Europa die großen Investoren in diese Märkte, vor allem die Hedge-, Venture-Capital- und Pensionsfonds, weitgehend fehlen. Ursächlich für diese Entwicklung sind über Generationen hinweg gewachsene Verhaltensmuster und institutionelle Gegebenheiten, wie z. B. die gesellschaftliche Organisation der Altersversorgung. Auch Europas Unternehmensstruktur und -kultur weicht grundlegend von den USA ab. 99,8 Prozent aller Unternehmen, die knapp 60 Prozent der Bruttowertschöpfung erwirtschaften und etwa 67 Prozent aller Arbeitsplätze im privaten Sektor bereitstellen, haben einen Umsatz von unter 50 Mio €. Kaum ein Unternehmen dieser Größenordnung emittiert Aktien oder Anleihen. Wahrung der traditionellen Beziehung zwischen Unternehmen und Banken Hinzu kommen jene Unternehmen, die wir in Deutschland gerne den „gehobenen Mittelstand“ nennen. Erfolgreiche, familiengeführte Unternehmen mit Umsätzen im dreistelligen Millionenbereich und darüber hinaus, die wenig oder kaum in den traditionellen Kapitalmarkt integriert sind und sich auch kaum für die Transparenz- und Offenlegungsanforderungen des Kapitalmarkts begeistern können. Wenig spricht dafür, dass sich Europas Wirtschaft in den nächsten Jahren verstärkt über den Kapitalmarkt finanzieren wird. Die europäischen Rahmenbedingungen bringen es mit sich, dass die angestrebte Kapitalmarktunion keine Kopie des US- Markts sein kann. Wie die EU-Kommission auch richtig erkannt hat, wird es zunächst darauf ankommen, Banken- und Kapitalmarktfinanzierung intelligent zu vernetzen, damit die enge Beziehung von Banken und Unternehmen gewahrt bleibt. Die Elemente einer derartigen Vernetzung bestehen bereits, z. B. mit dem Schuldscheindarlehen, das die Eigenschaften von Kredit und Anleihe kombiniert, mit bankennahen Kreditfonds, die illiquide Kredite ankaufen und sich über Eigen- und Fremdkapital von Investoren refinanzieren, sowie mit dem Kapitalmarktprodukt Verbriefung. Bei all diesen Kapitalmarktinstrumenten bleibt die traditionelle Beziehung zwischen Unternehmen und Bank gewahrt. Sie passen damit hervorragend in das System einer bankbasierten Unternehmensfinanzierung und ermöglichen es Banken gleichzeitig ihre Bilanz, ihr Eigenkapital und ihre Finanzierungskennziffern über die Kapitalmarktnutzung zu entlasten und damit Basel III gerecht zu werden. Folgt man der Kommission, so braucht Europa vor allem die Standardisierung. Standardisierung dürfte wohl das am häu- 16 diebank 5.2015

FINANZMARKT ó figsten gebrauchte Wort in dem EU-Green- Paper sein. Standards für Verbriefungen, Standards für Privatplatzierungen, Standards für einen europäischen Kreditfonds, Standards für eine europäische KMU-Rechnungslegung, Standards für Kreditbewertungen und Transparenz, neue Standards für gedeckte Schuldverschreibungen. Standards, wohin man blickt Alleine schon von der Gewichtung der einzelnen Maßnahmen her, scheint auch die EU-Kommission die Meinung zu teilen, dass der Verbriefung dabei das größte Potenzial zukommen dürfte, was sich leicht nachvollziehen lässt. Die aktuellen Gesamtvolumina von wirtschaftsnahen Verbriefungen sind z. B. bereits heute in Deutschland deutlich höher als bei Schuldscheindarlehen oder Kreditfonds. Und dies in einem regulatorisch und öffentlich eher restriktiven Umfeld. Was auch für die Verbriefung spricht, sind die bereits weitgehend angedachten und diskutierten Standardisierungsvorschläge von EBA, Baseler Komitee und IOSCO sowie erprobte Marktstandards. Doch was wäre zu tun, um das volle Potenzial von Verbriefungen für die europäische Wirtschaftsfinanzierung zu nutzen? Die notwendigen Maßnahmen lassen sich wie folgt kurz zusammenfassen: Verbriefungen sollten von Banken, die Unternehmens- und Absatzfinanzierungen tätigen, unkompliziert genutzt werden können. Dies würde sowohl deren Eigenkapitalsituation als auch deren Refinanzierung erleichtern. Auch Industrie-, Handels- und Leasingunternehmen sollte der einfache Zugang zu den Verbriefungsmärkten möglich sein, um ihre Working-Capital-Finanzierung zu diversifizieren und unabhängiger von Bankkrediten zu werden. Entsprechende Plattformen dafür werden in Deutschland von vielen Banken angeboten und weit über hundert gehobene Mittelständler nutzen die Programme bereits. Allein zwischen 2010 und 2014 ist die Nutzung derartiger Finanzierungsquellen durch Deutschlands Unternehmen um über 70 Prozent gewachsen, Trend weiter nachhaltig steigend. Lösungen und notwendige Maßnahmen Zur vollen Nutzung der Potenziale der Verbriefung für die Wirtschaftsfinanzierung bedarf es eines regulatorischen Level Playing Fields mit vergleichbaren Instrumenten, d. h. dem Covered Bond und der Unternehmensanleihe. Auch dürfen im Zuge der Schaffung der Kapitalmarktunion keine neuen regulatorischen Arbitrageoptionen zulasten der Verbriefung aufgebaut werden. Die Definitionen und Regeln für Verbriefungen über die verschiedenen Regulierungswerke für Banken, Versicherungen und Pensionskassen hinweg sollten einheitlich und eindeutig sein und der Qualität hochwertiger Verbriefungen Rechnung tragen. Notwendige Transparenz- und Offenlegungsanforderungen sollten auch den berechtigten Interessen der Realwirtschaft im Hinblick auf ihre vertraulichen Geschäftsdaten Rechnung tragen. Auch die synthetische Verbriefung von Darlehen an Unternehmen sollte in die anstehende Schaffung eines Regelwerks für hochqualitative Verbriefungen aufgenommen werden. Denn gerade synthetische Verbriefungen sind leichter und effizienter auf Unternehmensfinanzierungen anwendbar und können dabei ein wesentlich größeres Spektrum an Kreditarten abdecken. Und dass synthetische Verbriefungen insbesondere auch kleineren, in Verbundsystemen arbeitenden Banken wie z. B. den deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken eine effiziente Risikodiversifikation und größere Flexibilität in ihrer Kreditpolitik gegenüber Unternehmen erlauben haben nicht zuletzt die entsprechenden verbundinternen synthetischen Verbriefungsprogramme in den letzten zehn Jahren unter Beweis gestellt. Hier und auch mit dem Promise-Programm der KfW gibt es in Deutschland bereits erfolgreich praktizierte Anknüpfungspunkte für eine Standardisierung synthetischer Verbriefungen. Ein wesentlicher Hebel zur Vernetzung von bank- und kapitalmarktbasierter Wirtschaftsfinanzierung liegt auch bei der staatlichen Wirtschaftsförderung, die zurzeit öffentliche Kreditprogramme gegenüber öffentlichen Kapitalmarktprogrammen notwendigerweise begünstigt. Effiziente Wirtschaftspolitik sollte jedoch immer allzu große Selektivität in ihren Anreizsystemen vermeiden und stattdessen auf Rahmendaten Einfluss nehmen. Es liegt nahe, dass dies über Kapitalmarktprogramme einfacher bewerkstelligt werden kann als über Kreditprogramme. Von daher wäre eine stärkere Ausrichtung europäischer und nationaler Wirtschaftsförderung auf die kommende Kapitalmarktunion nicht nur ein Beitrag zu deren Erfolg, es würde auch die Effizienz der Wirtschaftsförderung insgesamt steigern und damit das Wirtschaftswachstum anregen. Die Vernetzung von Verbriefung und öffentlicher Wirtschaftsförderung wäre hierzu der rechte Weg. Entsprechende Erfahrungen bestehen in Deutschland und Europa mit den Promise und Provide-Programmen der KfW, mit öffentlichen Investments in wirtschaftsnahe ABS-Transaktionen durch die nationalen Förderbanken, EIB und EIF sowie mit EIF-Garantien in europäische SME- Verbriefungen. Dieser Weg sollte im Rahmen des Projekts Kapitalmarktunion weiter ausgebaut werden. Und ein weiteres gilt es zu bedenken: Da in der kommenden Kapitalmarktunion Banken und Versicherungen noch über viele Jahre hinweg die dominanten Kapitalmarktakteure in Europa sein und bleiben werden, kann ihre Regulierung nicht abgekoppelt von dem Projekt Kapitalmarktunion betrachtet werden, was einen kritischen Review der CRR/CRD IV sowie der Solvency II einschließt. Der Weg zur europäischen Kapitalmarktunion ist somit noch lang. ó Autor: Dr. Hartmut Bechtold ist Geschäftsführer der True Sale International GmbH. 5.2015 diebank 17

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