REGULIERUNG ESG-RISIKEN IN DER MARISK (TEIL 1) Zielgruppenorientierte Umsetzung der neuen aufsichtlichen Erwartungen ESG-Themen sind heute grundsätzlich Gegenstand der aufsichtlichen Prüfung. Um die dafür nötigen Entwicklungen anzustoßen, müssen einzelne ESG-Anforderungen den Funktionen in Banken sachgerecht zugeordnet und mit einem Projektplan unterlegt werden. Die Autoren formulieren hier (sowie in einem weiteren Beitrag in einer späteren Ausgabe) einen Kompass für den Umgang mit ESG-Risiken. Die im Verlauf der vergangenen Jahre gestiegenen (negativen) Auswirkungen von Risiken aus den Bereichen Umwelt (E), Soziales (S) und Governance (G) – kurz ESG-Risiken – auf Banken und Unternehmen lassen sich kaum noch leugnen. Die Frequenz extremer Wetterereignisse, einschneidender Störfälle in Lieferketten und sonstiger nachhaltigkeitsgetriebener Preiseffekte steigt. Sei es die lange Dürreperiode in Deutschland im Jahr 2022, die die Rheinschifffahrt einschränkte und so Einfluss auf die Lieferketten vieler Industrien hatte, oder sei es die Flutkatastrophe an Ahr und Erft im Jahr 2021, die neben vielen Todesopfern und erheblichen Sachschäden vermutlich auch Abschreibungsbedarf für viele Banken bedeutete. Um daraus resultierende Konsequenzen für Banken zu minimieren, sind Anpassungen bei der Bankorganisation nötig. Aber auch bestehende Geschäfts- 20 04 | 2023
REGULIERUNG 1 | Zielgruppenbezogene MaRisk-Anforderungen ohne Kreditprozesse Funktion / Zielgruppe MaRisk-Anforderung Geschäftsleitung AT 3 Organisation und internes Kontrollsystem AT 5 und BT 1 Besondere Funktionen AT 4.4 Risikocontrolling (Steuerung und Controlling) AT 4.3.2 und BTR 1 bis 4 Risikocontrolling (Stresstests / Szenarien) AT 4.3.3 Risikocontrolling (Risikoberichterstattung) BT 3.1 bis 3.2 Personal AT 7.1 Auslagerungsmanagement AT 9 Quelle: Darstellung abgeleitet aus BaFin (2022). modelle sind von der umfassenden Transformation betroffen. Mit der aktuellen MaRisk-Novelle 1 werden die Leitplanken aus dem Merkblatt zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken aus dem Jahr 2020 in prüfungsrelevante Anforderungen überführt. Zudem werden im Rahmen der aktuellen MaRisk-Novelle auch ESG-relevante Aspekte aus den Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung (EBA/ GL/2020/06) umgesetzt. ESG-Themen sind damit grundsätzlich Gegenstand der aufsichtlichen Prüfung. Um die dafür nötigen bankseitigen Entwicklungen anzustoßen, müssen einzelne ESG-Anforderungen den Funktionen „innerhalb“ der Bank sachgerecht zugeordnet und mit einem bedarfsgerechten Projektplan unterlegt werden. Die Grundlagen der bestehenden Anforderungen (exkl. Kreditgeschäft) zeigt die Tabelle ÿ 1 auf. Das Kreditgeschäft wird aufgrund seiner hohen Bedeutung und des direkten Marktbezugs Thema in einem Folgebeitrag in dieser Zeitschrift sein und damit hier zunächst noch ausgeklammert. Geschäftsleitung – MaRisk AT 3 Die Beurteilungsfähigkeit von ESG-Risiken wird nun explizit der Gesamtverantwortung der Geschäftsleitung zugeordnet. Um dieser Verantwortung gerecht zu werden, muss die Geschäftsleitung neben den herkömmlichen Risiken auch eine Beurteilung von ESG-Risiken vornehmen sowie die Auswirkungen von ESG-Risiken (Outside-In-Perspektive) mit Blick auf das eigene Geschäft verstehen und begrenzen können. Aufgrund des übergreifenden Charakters von ESG-Anforderungen und dem Anpassungsbedarf ist die Geschäftsleitung gefordert, sich einen hinreichend klaren Überblick über die kurz- bis langfristigen geschäftsmodell- und institutsspezifischen Auswirkungen zu verschaffen. Daraus leitet sich ab, dass sich das Betrachtungsspektrum von Geschäftsleiter:innen um den Umgang mit ESG-Themen weiter ausdifferenziert. Schon in ihrem Merkblatt wies die BaFin darauf hin, dass sie eine Vorbildfunktion bei der angemessenen Berücksichtigung von ESG-Risiken in den Instituten einnehmen. Diese Verantwortung gilt es wahrzunehmen, indem Maßnahmen klar benannt werden, um so das kulturelle Bewusstsein für die Auswirkungen von ESG-Risiken für die Organisation zu etablieren. Die EZB hält für das europäische Aufsichtsregime fest, dass Geschäftsleiter:innen auch organisatorisch – etwa mit (untergeordneten) Ausschüssen – in Fragen zum Umgang mit ESG-Risiken unterstützt werden. Insge- 04 | 2023 21
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