MARKT 1 | Wahrheitsmatrix - Richtige und falsche Klassifikationen Vorhergesagte Klassifizierung Positiv Negativ Wahre Kondition Positiv Negativ Richtig positiv Falsch positiv (Typ I Fehler) Falsch negativ (Typ II Fehler) Richtig negativ Quelle: AlixPartners. Eine externe Überprüfung ihrer Transaktionsüberwachungsssyteme durch Beauftragte der BaFin oder Jahesabschlussprüfer stellt Kreditinstitute in der Praxis oft vor erhebliche Herausforderungen, da solche Überprüfungen sehr zeitintensiv sind und Expertenwissen erfordern. Jedoch können Kreditinstitute externen Überprüfungen vorgreifen und sowohl anlassbezogen als auch in regelmäßigen Abständen ihre Transaktionsüberwachungssysteme selbstständig überprüfen. Hierfür haben sich risikobasierte und datengetriebene Ansätze etabliert, um mögliche Risikoabdeckungslücken effizient und effektiv zu identifizieren. Ein möglicher Ansatz für die selbstständige Überprüfung von Transaktionsüberwachungsssyteme ist die Verwendung eines datengetriebenen Analyseansatzes außerhalb des Regelbetriebs. Dabei können verschiedene Modelle zur Detektion von Geldwäschemustern anhand der institutsspezifischen Gefährdungslage angelegt und miteinander kombiniert werden. Weil dieser Ansatz in der Praxis modular gestaltet ist, wird dieser Ansatz im folgenden als Baukastensystem bezeichnet. Zu bemerken ist ferner, dass ein solches Baukastensystem im Vergleich zum regulären Transaktionsüberwachungsssytem quelloffen und flexibel modifizierbar ist, um Stresstests schnell und unkompliziert durchzuführen. Das Baukastensystem wird mit regulären Transaktions- und Kundendaten aus einem definierten Zeitraum gespeist. Alle Transaktionsdaten werden daraufhin auf mögliche Indizien für Wirtschaftskriminalität untersucht. Eine effektive und gleichermaßen effiziente Möglichkeit bietet sich dabei unter anderem durch die Verwendung von Algorithmen aus dem Bereich des maschinellen Lernens. Die auf diese Weise erzielten Treffer werden jenen aus den regelmäßigen Transaktionsüberwachungsssytemen gegenübergestellt. Etwaige Abweichungen können Hinweise auf Risiko-Abdeckungslücken liefern. Treffer werden mithilfe von Geldwäscheexperten fallspezifisch entlang einer Tabellenstruktur eingeteilt. Diese Tabelle klassifiziert auffällige und unauffällige Transaktionen anhand der vom Algorithmus identifizierten Auffälligkeiten. Dabei sind zwei Gruppen von besonderem Interesse: 1. Falsch negativ (Typ 2-Fehler): Das Baukastensystem hat (bestätigt durch Geldwäscheexperten) eine auffällige Transaktion identifiziert, die vom regulären Transaktionsüberwachungsystem als unauffällig eingestuft wurde. 2. Falsch positiv (Typ 1-Fehler): Das Baukastensystem (ebenso bestätigt durch Geldwäscheexperten) beurteilt eine Transaktion als unauffällig, die vom regulären Transaktionsüberwachungsystem jedoch als auffällig klassifiziert wurde. Vgl. Abb. ÿ 1 Die Reduktion von Typ 2-Fehlern ist besonders kritisch, da hier potenzielle Risiko-Abdeckungslücken identifiziert werden konnten, die folgerichtig zu mitigieren wären. Die Reduktion von Typ 1-Fehlern führt insbesondere dazu, dass die Beurteilungsprozesse im Tagesgeschäft der Geldwäscheabteilungen verbessert werden. Denn: Wenn weniger falsche Verdachtsmeldungen von den Systemen gemeldet werden, kann mehr Kapazität auf die wirklich positiven Verdachtsfälle gelegt werden. 16 04 | 2023
MARKT Zeitlich rückwärtsgerichtete Analysen der Daten aus dem Baukastensystem können zudem herangezogen werden, um zu verstehen, weshalb eine Transaktion im regulären Transaktionsüberwachungsystem entweder übersehen oder fälschlicherweise als auffällig markiert wurde. Die regelmäßige Durchführung solcher Analysen kann somit wesentlich die Effektivität der Transaktionsüberwachung steigern und gleichermaßen teuren, ressourcenintensiven und zeitaufwendigen externen Überprüfungen vorbeugen. Bewältigung von Risikoabdeckungslücken durch spezifische Typologien Regelmäßig ergibt die Überprüfung von Transaktionsüberwachungssystemen Hinweise auf Risiko-Abdeckungslücken. Auf Grundlage des § 6 Abs. 1 Satz 1 GwG sowie der AuA BT 6.2.1 ist das Vorliegen von Risiko-Abdeckungslücken ein Hinweis auf mögliche Verstöße. Eine Anpassung der Parameter an die individuelle Risikosituation des Kreditinstituts kann dann notwendig sein, wenn die in der Risikoanalyse festgestellten Risiken nicht durch bereits vorhandene Indizien angemessen abgedeckt werden oder wenn anlassbezogen Transaktionsüberwachungssysteme überprüft und Risikoabdeckungslücken identifiziert werden. In der Praxis lässt sich regelmäßig Verbesserungsbedarf für untenstehende Indikatoren feststellen. Diese Indizien sind für eine Vielzahl von Banken relevant und sollten in einem effektiven Transaktionsüberwachungssystem nicht fehlen, insbesondere wenn internationaler Zahlungsverkehr durchgeführt wird: Erkennung von auffälligem Transaktionsverhalten: Kundentransaktionen können eine Vielzahl von verhaltensbezogenen Mustern aufweisen, die potenziell verdächtig sein könnten. Transaktionsüberwachungssysteme sollten regelmäßig verhaltensbezogene Muster überwachen und beispielsweise Abweichungen vom zu erwartenden Kundenverhalten, Transaktionshöhen, das Vorkommen runder Transaktionsbeträge, Barzahlungen sowie weiterer risikoerhöhender Merkmale beinhalten. Involvierung von Briefkastengesellschaften: Eine Involvierung von Briefkastengesellschaften als Sender oder Empfänger kann eine Transaktion potenziell verdächtig machen. Immer dann, wenn kein klarer Bezug zu einer tatsächlichen Geschäftstätigkeit einer Gesellschaft oder ein Bezug zum Profil des Kunden hergestellt werden kann, sollte die Transaktion genau geprüft werden. Um ein Transaktionsüberwachungssystem in die Lage zu versetzen, Transaktionen mit vermeintlichen Briefkastengesellschaften zu erkennen, können automatisierte Listenabgleiche mit bereits in der Vergangenheit identifizierten Briefkastengesellschaften vorgenommen werden. Bezüge zu Hochrisikoländern und Steueroasen: Sofern Transaktionen Bezüge zu Hochrisikoländern und Steueroasen aufweisen, erhöht sich das potenzielle Risiko, und das Transaktionsüberwachungssystem sollte entsprechende Indizien für die Erkennung derartiger Länderbezüge vorsehen. Die Definition von Hochrisikoländern und Steueroasen ist in der Regel in- 04 | 2023 17
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