DIGITALISIERUNG 1 | Wertschätzung von Eigenschaften der Dienste von BigTechs – allgemein Angaben für Bewertung mit wertvoll/sehr wertvoll in Prozent Ständige Verfügbarkeit unabhängig von Zeit und Ort 26 % 63 % 89 % Bequemlichkeit 36 % 49 % 85 % Omnichannel und Multi-Device 38 % 36 % 74 % Ästhetisch ansprechende Schnittstelle und Dienste 43 % 28 % 71 % Zusammenstellung von für mich interessanten Informationen 40 % 18 % 58 % Unterstützung bei der Organisation meines Lebens 35 % 15 % 50 % Personalisierte Angebote 31 % 4% 35 % 0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 % wertvoll sehr wertvoll Quelle: Finken/Rusp (2022). 4 talen Produkten oder Inhalten, beispielsweise über Streaming-Plattformen, oder der Austausch von nutzerrelevanten Informationen und Nachrichten bei sozialen Medien und Messenger-Diensten. Die Anzahl der Interaktionen und die damit verbundenen Netzwerkeffekte stellen dabei eine signifikante Quelle des Wettbewerbsvorteils dar. Unternehmen, die mehr Plattformteilnehmer anziehen, bieten aufgrund der umfangreicheren Datenmenge und der daraus resultierenden besseren Übereinstimmung zwischen Angebot und Nachfrage einen höheren Nutzen der individuellen Transaktionen. Dieser wiederum zieht mehr Teilnehmer an, und es entstehen positive Rückkopplungen, die im Extremfall zu marktbeherrschenden Stellungen der Anbieter führen. Schon in einer frühen Phase besteht daher ein strategisches Ziel von Plattformen darin, den Zugang zu und die Interaktionen auf der Plattform so einfach, intuitiv und bequem wie möglich zu machen. Erfolgreiche Plattformen zeichnen sich daher durch eine extreme Kundenorientierung aus und versuchen, die User Experience zu optimieren. Die konsequente Kundenorientierung, gekoppelt mit der zunehmenden Omnipräsenz von sozialen Medien, Nachrichtendiensten und Lifestyle Apps, wirkt sich auch auf die Erwartungen und das Verhalten der Menschen in der Interaktion mit anderen Unternehmen wie Banken aus. Besonders die jüngeren Kunden sind es gewohnt, dass sie auf viele Dienste zur Organisation ihres täglichen Lebens jederzeit und geräteübergreifend synchronisiert zugreifen können, angeforderte Informationen und Leistungen sofort bereitstehen oder Produkte sofort oder am nächsten Tag geliefert werden. Beim Log-in werden aktuelle Informationen bereitgestellt, und die wichtigsten Funktionen und Inhalte sind intuitiv und schnell zugänglich. Der Austausch mit anderen Nutzern erfolgt ebenfalls hochgradig friktionslos, und einfache Aufgaben werden durch Automatisierung und intelligente Nutzung von Technologie vereinfacht oder komplett übernommen. Dies führt insgesamt zu einer höheren Erwartungshaltung insbesondere bezüglich der Qualität und des Zugangs zu digitalen bzw. digital bereitgestellten Leistungen. Aufgrund der großen Kundenbasis und den damit verbundenen Daten über Kunden sowie deren Handlungen und Präferenzen können BigTechs auch gezielt verschiedene Lebensbereiche ihrer Nutzer zu einem gesamtheitlichen Angebot integrieren. Dazu gehören in den letzten Jahren zunehmend auch Finanzdienstleistungen. Diese werden zwar in erster Linie in Partnerschaft mit Finanzdienstleistern angeboten, doch die Kundenschnittstelle verschiebt sich hierbei zu den Plattformen und in die Customer Journeys der BigTechs. So bieten Google, Facebook, Apple und Samsung in verschiedenen Ländern Payment-Lösungen und teilweise auch Kreditkarten an. Amazon Pay wird auf Tausenden von unabhängigen Webseiten als Zahlungsmöglichkeit angeboten, und Amazon bietet in einigen Ländern ebenfalls Kredite für Amazon-Verkäufer. Im März diesen Jahres erwarb Apple außerdem das FinTech Credit Kudos, das mithilfe von Machine Learning und Echtzeit- Kontodaten Creditscores bereitstellt und als Kundeninformationsdienst durch die britische Financial Conduct Authority zugelassen wurde. Die extremsten Beispiele lassen sich auf dem chinesischen Markt beobachten: Alibaba und Tencent bieten weitreichende Finanzdienstleistungen, die eng mit ihren Retailund Social-Media-Aktivitäten verknüpft sind. Alibabas Ant Financial beispielsweise nutzt über sein Creditscoring Zhima Credit Daten 60 04 | 2022
DIGITALISIERUNG Die Zufriedenheit der Befragten mit ihrer primären Bank wurde in Anlehnung an den Net Promoter Score über die Bereitschaft der Befragten gemessen, ihre Bank einem Freund weiterzuempfehlen. Knapp 10 Prozent der Befragten würden ihre Bank definitiv einem Freund empfehlen, und rund 64 Prozent würden dies mit hoher oder moderater Wahrscheinlichkeit tun. Der am häufigsten genannte Grund für eine Weiterempfehlung waren die gute Kundenbetreuung mit 62 Prozent sowie die Qualität der App mit 60 Prozent. Weitere Gründe wurden nur von deutlich weniger als der Hälfte der Befragten genannt. Im Gegensatz dazu würden 26 Prozent der Befragten ihre Bank nicht weiterempfehlen. Ein Drittel der Befragten nannte hohe Kosten als Grund, 29 Prozent eine unzureichende Banking App, 26 Prozent schlechten Kundenseraus dem Einkaufs- und Social-Media-Verhalten der Kunden, und Tencent integriert über Miniprogramme eine Reihe von Diensten chinesischer und internationaler Unternehmen in die WeChat-App, die neben Social Media auch Zahlungsverkehr, Ticketkäufe, Rechnungszahlungen und Zugang zu Mobilitätslösungen anbietet. Auch wenn sich die Beispiele des chinesischen Markts nicht einfach auf den deutschen Markt übertragen lassen und viele nicht-chinesische BigTechs aufgrund der starken Regulierung im Bankensektor ihre Dienstleistungen hauptsächlich mit Partnern aus dem Bankensektor anbieten, so zeigen sie doch, wie umfangreich und eng die Integration verschiedenster Finanz- und Nicht-Finanzdienstleistungen im Rahmen der Angebote und Customer Journeys von BigTechs im Extremfall werden können. Banken können vom Kundenerlebnis der BigTechs lernen Angesichts dieser Entwicklungen und der sich verändernden Erwartungshaltung der Kunden bezüglich der Qualität und dem Zugang zu digitalen und digital bereitgestellten Leistungen ergibt sich für Banken die Frage, welche spezifischen Aspekte die Nutzer an der Interaktion mit den BigTechs besonders schätzen und welche Konsequenzen die Banken daraus für die eigene Kundeninteraktion ableiten können. Hierzu wurde im letzten Jahr von den Autorinnen eine Studie 4 durchgeführt, in deren Rahmen 573 Personen hinsichtlich ihrer Zufriedenheit mit Banken und BigTechs befragt wurden. Die wesentlichen Ergebnisse werden im Folgenden dargestellt. Aufgrund des Ziels der Studie, Erfolgsfaktoren in der Kundeninteraktion von Big- Techs für Banken abzuleiten, lag der Fokus der Befragung auf jüngeren und technikaffinen Menschen, die regelmäßig die Dienste von BigTechs in Anspruch nehmen: 86 Prozent der Studienteilnehmer waren jünger als 45 Jahre, 65 Prozent hatten mindestens einen Bachelor-Abschluss, und 57 Prozent lebten in städtischen oder großstädtischen Gebieten mit mehr als 100.000 Einwohnern. Hinsichtlich ihrer primären Bankbeziehung bezeichneten rund 47 Prozent ihre Hausbank als eine Regionalbank wie zum Beispiel Sparkassen oder Volksbanken und Raiffeisenbanken, rund 38 Prozent als eine Geschäfts- oder Großbank und rund 15 Prozent bezeichneten ihre Primärbank als Digital- oder Neobank. Auch in der Interaktion mit ihrer Bank zeichneten sich die Befragten als technikaffin aus: 82 Prozent der Befragten nutzen ihr Mobiltelefon für Bankgeschäfte und 58 Prozent ihren PC. In eine Filiale gingen dagegen 54 Prozent der Befragten nur, wenn es unbedingt notwendig sei, und 40 Prozent nutzen ausschließlich Online Banking über das Mobiltelefon oder einen Computer. 04 | 2022 61
0 4 | 2022 KUNDENBEDÜRFNISSE ERKEN
EDITORIAL Eine Mischung aller Risik
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