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die bank 04 // 2022

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT SCHWERPUNKT

MARKT SCHWERPUNKT OPRISK-FORUM als „nichtfinanziell“ zu bezeichnen. Leider ist dieser Begriff äußerst irreführend. Wie zunehmend bekannt wird, ist der finanzielle Schaden, der durch nichtfinanzielle Risiken verursacht wird, enorm und übersteigt in vielen Fällen die Verluste, die durch die Abschreibung von Krediten und andere finanzielle Risiken entstehen. Daher ist es sinnvoll, sich anzuschauen, was die Unternehmen in diesem Bereich tun, der oft als „Enterprise Risk Management“ bezeichnet wird. Banken und Versicherungsgesellschaften sind in der Regel sehr stolz auf ihren hohen Entwicklungsstand im Risikomanagement. Betrachtet man einerseits die Komplexität der Risikomodelle für Finanzrisiken und die große Zahl meist hochqualifizierter Fachleute, die in der und für die Finanzbranche in diesem Bereich tätig sind, so mag daran etwas Wahres sein. Andererseits scheinen die produzierenden Unternehmen besser abzuschneiden, wenn es darum geht, das Risikomanagement in Kerngeschäftsprozesse zu integrieren und die Risiken somit eher ganzheitlich als isoliert zu betrachten. Außerdem sind das Risikomanagement im Allgemeinen und das nichtfinanzielle Risikomanagement im Besonderen wie bereits erwähnt in hohem Maße vom menschlichen Verhalten abhängig. Daher ist es vielleicht besser, ein gutes Verständnis für die Psychologie und die Beeinflussung des Risikodenkens sowie der Entscheidungsfindung zu entwickeln, als die Komplexität der Risikomodelle noch weiter zu erhöhen, da dies nicht nur zu einem erhöhten Modellrisiko (einer weiteren Komponente des nichtfinanziellen Risikos) führt, sondern auch bedeuten könnte, dass die Entscheidungsträger ihre Prognosen noch eher ignorieren. Risiko-Governance im Wandel Historisch gesehen war ein Vorläufer der nichtfinanziellen Risiken in Banken die Definition der „sonstigen Risiken“ in den frühen Entwürfen der Basel II-Verordnung, die nur eine negative Definition enthielt („alles außer Markt-, Kredit- und Liquiditätsrisiko“) und später auf eine vermeintlich positiv definierte Untermenge des „operationellen Risikos“ beschränkt wurde. Heute scheinen wir zu der „Alles-außer“-Definition für nichtfinanzielle Risiken zurückgekehrt zu sein. Aus der Geschichte zu lernen könnte bedeuten, dass es nicht der beste Ansatz ist, noch mehr Unterkategorien – wie Conduct-, Cyber- und Compliance-Risiken – aus diesem breiten Risikospektrum herauszuschneiden. Da der Schwerpunkt bei finanziellen Risiken häufig auf deren Modellierung (und der Umsetzung von oft voll- oder halbautomatischen Risikominderungstechniken auf der Grundlage der Ergebnisse) liegt, spielte die Risiko-Governance in der Vergangenheit keine große Rolle. Anders verhält es sich bei den nichtfinanziellen Risiken, die sich seit der Einführung eines professionellen OpRisk-Managements in den späten 1990er-Jahren und der Einrichtung zahlreicher Abteilungen, die sich mit spezifischen Themen wie Compliance oder Informationssicherheit befassen, stark verändert haben und dies immer noch tun. Dies führte zu einer großen Komplexität, da nicht nur die Rollen der ersten und zweiten Verteidigungslinie klar definiert werden müssen, sondern auch das Zusammenspiel zwischen den verschiedenen Funktionen der zweiten Verteidigungslinie (und allen dazwischen liegenden Schritten, die manchmal als 1b und 2a bezeichnet werden). Die breite Palette von Themen, die unter dem Dach des nichtfinanziellen Risikos zu behandeln sind, hat auch erhebliche Veränderungen bei den Anforderungsprofilen in Überwachungsfunktionen nach sich gezogen, auch für den Chief Risk Officer. Insbesondere hat die globale Finanzkrise dazu geführt, dass der Schwerpunkt auf Conduct gelegt wurde, und damit verbunden auf die Notwendigkeit 14 04 | 2022

SCHWERPUNKT OPRISK-FORUM MARKT Am 12. März 2020 fand an der Goethe-Universität Frankfurt die „CFS FIRM Conference on Non-Financial Risk Management“ statt. Während im Vorfeld der Konferenz viele Referenten und Teilnehmer Bedenken hinsichtlich der Sicherheit äußerten, gab es letztlich nur einige Absagen und der Hörsaal war (den Sicherheitsprotokollen der Universität zu diesem Zeitpunkt entsprechend) mit rund 70 Teilnehmern gut gefüllt. Was an diesem Tag wie eine Ausnahme aussah, nämlich das Präsentieren und Diskutieren per Videokonferenz, wurde fast über Nacht zur normalen Art und Weise, Geschäfte zu tätigen, an der Universität zu lehren usw., wobei inzwischen nicht nur die Referenten virtuell anwesend sind, sondern auch die Teilnehmer. Dieser Artikel beruht auf dem Vorwort sowie den Einführungen zu den jeweiligen Kapiteln von Kaiser 2021. 1 diese Trends zu verstärken und bspw. die Komponente Heimarbeit hinzuzufügen. Darüber hinaus deuten erste Studien darauf hin, dass Unternehmen mit einer soliden Risikokultur weniger Schwierigkeiten hatten, die Pandemie zu überstehen. Daher ist eine Optimierung der Risiko-Governance von hohem Wert, was sich letztlich auch positiv auf die Beziehungen zu Kunden und anderen Stakeholdern auswirkt und somit zu einer Verringerung der Reputations- und Geschäftsrisiken führt. einer geeigneten Risikokultur. Daher spielen psychologische Aspekte im Rahmen des Managements nichtfinanzieller Risiken erneut eine wichtige Rolle. Eng mit dem Thema der Risikokultur verbunden ist die Frage des Risikoappetits oder allgemeiner: der Risikostrategie. Es ist nach wie vor schwierig, Leitlinien oder sogar Messgrößen zu definieren, die die Entscheidungsfindung wirklich in der richtigen Weise beeinflussen. Schließlich muss sich die Risikosteuerung natürlich an die Veränderungen in der Unternehmensstrategie insgesamt anpassen. In engem Zusammenhang mit dem Megatrend der Digitalisierung wurden von mehreren Finanzdienstleistungsunternehmen neue Organisationsformen eingeführt, die oft als „agil“ bezeichnet werden. Covid-19 scheint Wirrwarr der Bewertungsmethoden Das nichtfinanzielle Risiko schließt das Reputationsrisiko mit ein, birgt aber auch eigene Reputationsrisiken in sich. Eines davon ist die Tatsache, dass es nicht das eine Instrument zur Identifizierung und Bewertung nichtfinanzieller Risiken gibt, sondern vielmehr eine Vielzahl unterschiedlicher Methoden – oder zumindest den Versuch, dies zu tun. Daher fühlen sich Personen, die sich mit finanziellen Risiken beschäftigen, denen, die sich mit nichtfinanziellen Risiken befassen, tendenzi- 04 | 2022 15

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