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die bank 04 // 2021

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT Plattform

MANAGEMENT Plattform getätigten Umsätzen einbehalten. Die Zinsen liegen ähnlich wie bei einem Dispokredit. Im Vordergrund stehen Schnelligkeit und Bequemlichkeit, nicht die Suche nach dem günstigsten Kredit. Die Gebühren teilen sich die Banken, Plattformen und Banxware. die bank: Wie ist die Resonanz bei Banken? Wer sind die ersten Partner? Wohlfarth: Die Resonanz ist sehr gut, vor allem bei kleineren Banken. Aber auch große Institute haben uns kontaktiert, die bei der Digitalisierung Gas geben wollen. Wir sind mit VVRB, der Vereinigten Volksbank Raiffeisenbank [Miltenberg / Odenwald, Anm. d. Red.] im Dezember als Bankpartner gestartet. Jetzt haben wir die ersten Kunden und die ersten Transaktionen laufen. die bank: Welche Produkte sind neben Krediten noch denkbar? Wohlfarth: Unser erstes Produkt waren Corona-Hilfskredite der KfW. In der ersten Welle sind viele Kredite der KfW über die akkreditierten Hausbanken offenbar deshalb nicht abgerufen worden, weil es so kompliziert war, diese zu beantragen. Viele Banken haben gar nicht die digitalen Möglichkeiten, diese Kredite zu bearbeiten. Mit unserer Software können wir die Antragsstrecke abbilden. Da haben wir eine Lücke gesehen. Inzwischen ist unser Merchant-Cash-Advance-Produkt live, weitere Varianten sind in der Planung. Außerdem können wir uns vorstellen, künftig auch weitere Produkte wie Versicherungen oder Kreditkarten über unsere Schnittstelle anzubieten. die bank: Was waren die größten Herausforderungen seit der Gründung von Banxware im September 2020? Wohlfarth: Ursprünglich war geplant, mit der Wirecard Bank als erstem Bankpartner an den Start zu gehen. Deren Pleite hat uns unvermittelt und hart getroffen. Der operative Start hat sich deshalb verzögert. Dann brauchten wir zügig einen Plan B. Die erste Bank ist immer die schwerste. die bank: Wer hat ihnen Geld gegeben, und wie stark hat es geholfen, dass Miriam Wohlfarth mit im Boot sitzt? Wohlfarth: Das hat natürlich geholfen. Wir haben 4 Mio. € in der Seed-Runde eingesammelt. Unsere Lead-Investoren sind dabei Force Over Mass und VR Ventures, ein Venture Capital Fonds der Volks- und Raiffeisenbanken. Natürlich wäre es 2019 viel einfacher gewesen. Die Risikoaversität hat durch Corona auf jeden Fall zugenommen, vor allem in Deutschland. Und unser Thema ist auch kompliziert. Das Geld brauchen wir unter anderem, um ein Tech-Team aufzubauen. Aktuell sind wir 16 Mitarbeiter, bis Ende 2021 werden wir rund 30 Mitarbeiter beschäftigen. 2021 soll das Produkt eine Reife erzielen, damit wir es dann skalieren können. die bank: Was haben Sie von Ratepay für Banxware gelernt? 38 04 // 2021

MANAGEMENT Wohlfarth: Ich habe bei Ratepay elf Jahre gelernt, wie man Kreditentscheidungen für Privatpersonen in wenigen Sekunden, in Real Time trifft. Zudem habe ich gelernt, wie ich gute Teams aufbaue, Leadership, wie wichtig Feedback ist, und was es ausmacht, eine tolle Firmenkultur aufzubauen. Bei Banxware waren die Voraussetzungen dann viel besser als vor zehn Jahren bei Ratepay. Mein Mitgründer, CEO Jens Röhrborn, bringt viel Erfahrungen aus dem regulatorischen Umfeld mit, wir kennen die Player im Markt, seien es Plattformen, aber auch Banken und sind gut vernetzt, auch mit potenziellen Mitarbeitern. die bank: Sie haben Ihre Karriere in der Reisebranche begonnen, u. a, bei Hapag Lloyd und dann für den Online-Payment- Spezialisten Ogone gearbeitet. Aus Ihrer Sicht war Tourismus die erste disruptive Branche. Was haben Sie in dieser Zeit für Ihre FinTechs gelernt? Wohlfarth: Man muss über den Tellerrand schauen und sich überlegen, was in fünf Jahren passiert. Ich glaube, ich kann mir das manchmal besser vorstellen als andere Leute. die bank: Wie wird sich die Bankbranche entwickeln? Wohlfarth: Beim Blick in die Zukunft hilft es mir vor allem, mit jungen Menschen zu sprechen, etwa mit meiner 16-jährigen Tochter. Ich habe sie jüngst gefragt, was eine Hausbank sei. „Wenn man das Geld unter das Kopfkissen legt?“, war ihre als Frage formulierte Antwort. Und welche Banken sie kenne? Sie nannte Deutsche Bank, N26, Paypal. Die Banken, die sich mit innovativen Anbietern zusammenschließen, werden auch am Markt überleben. Wer sich nicht technologisch weiterentwickelt, für den sehe ich schwarz. Wenn die Kunden verstärkt Finanzgeschäfte über Plattformen abwickeln, sollten sie dahin gehen, wo die Kunden sind. Stichwort: Know Your Customer. Wenn ein Händler auf einer ihm vertrauten Plattform einen Kredit beantragen und dann vielleicht gleichzeitig günstiger Amazon- Werbung schalten kann, ist das für ihn sehr bequem und relevant. die bank: Wie geht es bei Ratepay für Sie weiter? Noch sind Sie Geschäftsführerin bei dem Unternehmen, das heute nach mehreren Eigentümerwechseln mehrheitlich dem dänischen Payment-Service-Provider Nets gehört und an dem sie selbst noch Anteile halten. Wohlfarth: Ratepay ist und bleibt mein Baby. Mit Nina Pütz und Denny Morawiak habe ich die besten Nachfolger, die ich mir vorstellen kann. Als CTO ist bereits Luise Linden aufgerückt. Wenn alle eingearbeitet sind, werde ich mich zurückziehen und als Advisor wirken. die bank: Was sind Ihre bisherigen Lehren aus der Corona-Krise für Sie als Fin- Tech-Unternehmerin? Wohlfarth: Das Arbeiten im Homeoffice funktioniert erstaunlich gut. Die Mitarbeiter, bei Ratepay sind es aktuell immerhin 260, wünschen sich künftig eine hybride Lösung. Das haben wir in einer Umfrage ermittelt. Wir möchten nach Ende des Lockdowns sechs bis acht Präsenztage zur Pflicht machen, ansonsten kann man von zuhause arbeiten, natürlich nach Absprache mit den Teamleitern. die bank: Weniger Mitarbeiter brauchen auch weniger Platz. Sie haben jüngst erst mit Ratepay größere Räume bezogen… Wohlfarth: Wir werden auf jeden Fall weniger Platz benötigen, müssen uns aber natürlich an die Mietverträge halten. Es wird eine komplett neue Arbeitskultur entstehen. Wir brauchen künftig große Konferenzräume mit besserer Technologie und großflächigen Bildschirmen, damit die an- und abwesenden Mitarbeiter gut kommunizieren können. Wenn jemand nicht permanent im Büro arbeitet, wird er auch nicht mehr einen festen Arbeitsplatz haben. Bislang ist das noch der Fall, obwohl wir ein FinTech sind. die bank: Welche persönlichen Lehren haben Sie aus der Corona-Krise gezogen? Wohlfarth: Erstens: Das markanteste ist sicher das schlimme Schulsystem, was mich ganz fertigmacht. Es gibt zwar Geld über den Digitalpakt, aber es wird viel zu wenig abgerufen. Es müsste zügig gehandelt werden. Zweitens: Corona wirkt wie ein Brandbeschleuniger in Sachen Digitales. Drittens: Wie man erst bei einer Krankheit die Gesundheit zu schätzen weiß, wird einem jetzt die Bedeutung von Freiheit bewusst und welches Gut wir als Gesellschaft haben, in einem freien Land leben zu können. Am meisten vermisse ich das Reisen, aber ich verzichte jetzt gern darauf, weil es einem Zweck dient. die bank: Sie haben ein VWL-Studium abgebrochen, da zu theorielastig, dann erst einmal gekellnert, bei der BBC-Serie „El Cid“ als Laiendarstellerin mitgespielt, sind um die Welt gereist, bevor sie eine Lehre als Reiseverkehrskauffrau absolvierten. In zwei Jahren steht Ihre Tochter vor der Entscheidung: „Was nun?“ Was geben Sie ihr mit auf den Weg? Wohlfarth: Sie soll nicht auf das hören, was die Gesellschaft um sie herum sagt, sie soll für sich selbst herausfinden, was ihr Spaß macht. Ich sage ihr: „Höre auf Dein Herz und Deinen Bauch!“ die bank: Frau Wohlfarth, haben Sie vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Eli Hamacher. 04 // 2021 39

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