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die bank 04 // 2018

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

BERUF & KARRIERE AT THE

BERUF & KARRIERE AT THE TOP [ BARBARA A. KNOFLACH ] Die Ausgezeichnete Beim Treffen mit Barbara A. Knoflach im Frankfurter Opernturm herrscht eine besondere Stimmung. Der Blick aus den oberen Etagen des prestigeträchtigen Skyscrapers lässt die Augen auf der einen Seite über das ehrwürdige Gebäude der Alten Oper schweifen. Und auf der anderen Seite reicht der Blick in Richtung Westen bis weit hinein in das verschneite Mittelgebirge des hessischen Taunus. „Ich liebe Schnee“, begeistert sich die Bankerin mit österreichischen Wurzeln und verweist damit auf ihre Leidenschaft für das Skifahren. Die in Tirol geborene Immobilienexpertin ist in der Bankenszene bestens bekannt. Führte doch der Weg der Diplom-Betriebswirtin nach dem Studium in Mainz zu zahlreichen Stationen in der internationalen Bankenszene, etwa der Deutsche Bank AG und der SEB AG. Seit Sommer 2015 leitet Barbara A. Knoflach das Investment Management von BNP Paribas Real Estate. Als Global Head of Investment Management ist sie für die Strategie des Geschäftsbereichs zuständig. Doch das ist längst nicht alles: Die Wahl- Frankfurterin ist vielfältig beruflich aktiv, nicht nur bei ihrem Arbeitgeber BNP Paribas Real Estate, sondern seit vielen Jahren auch in den Verbänden und Organisationen der Immobilienwirtschaft. Von 2001 bis 2004 war sie Vorsitzende des Immobilienausschusses des Bundesverbands Investment und Asset Management (BVI), und seit April 2007 stellt sie ihr Fachwissen bei der Real Estate Academic Initiative (REAI) der Harvard University in Boston zur Verfügung. Von 2009 bis 2014 war sie zudem Vorstandsmitglied im BVI sowie bis 2016 in der Association of Foreign Investors in Real Estate (AFIRE). Für ihr Engagement erhielt Barbara Knoflach zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen. Gleich mehrfach wurde ihr der Titel „Woman of the year“ verliehen, und im vergangenen Jahr 2017 legten die Juroren von PropertyEU in London dann noch einmal nach, als sie Barbara Knoflach zur „Woman of the Decade“ ernannten. Wohl auch die Anerkennung dafür, dass sie in mehr als 20 Ländern erfolgreich geschäftliche Ziele verfolgt hat. „Keine Frage – es macht Sinn, mehr Frauen in Führungspositionen zu berufen“, sagt die Immobilienexpertin zur aktuellen Gender- Diskussion. Dass allgemein versucht wird, das Gender-Thema über Quoten zu lösen, ist nach Meinung der Expertin ein möglicher Weg. „Wir müssen raus aus den gewohnten Mustern“, fordert sie. Barbara Knoflach ist sicher, dass Frauen auch im Berufsleben einen nicht zu unterschätzenden Mehrwert bieten. Dies könne unter anderem dadurch erreicht werden, Personalberater aufzufordern, bei der Auswahl der Bewerber eine Quote von 50:50 oder 40:60 zu berücksichtigen. In Frankreich funktioniere das bereits sehr gut. Das gelte auch im Hinblick auf die Doppelrolle, die Frauen sowohl als Mütter wie auch als Führungskräfte in der Wirtschaft einnehmen müssten. Frauen, die in Deutschland beruflich Karriere machen und gleichzeitig die Rolle der Mutter verantwortungsvoll ausfüllen wollten, fühlten sich oftmals gesellschaftlich unter Druck. Nicht nur das Berufsleben, sondern auch die Privatsphäre der Mutter eines Sohns ist bei Barbara Knoflach beeindruckend. Sport spielt für die 53-jährige Österreicherin eine große Rolle; seit 20 Jahren macht sie Yoga. Sie begeistert sich darüber hinaus fürs Lesen, für Reisen in die maritimen und südostasiatischen Länder und natürlich für das Skifahren in ihrer Tiroler Heimat. „Das ist immer wieder traumhaft“, gerät sie ins Schwärmen. Als Rückenwind für den Berufsweg der Österreicherin erweist sich der seit Dekaden boomende globale Immobilienmarkt. „Am wichtigsten Bestimmungsfaktor, der steigenden Weltbevölkerung, führt halt kein Weg vorbei“, merkt sie in diesem Kontext kurz und treffend an und erklärt mit Geduld aktuelle Grundlagen des Immobilienbooms. „Die Akteure der Immobilienbranche werden künftig mehr Flexibilität zeigen müssen“, so eine ihrer Kernaussagen. Das gelte wohl gerade auch für den Einzelhandel und die heute noch bestehenden riesigen Laden- und Verkaufsflächen, wo sich im Zuge der Digitalisierung der Gesamtwirtschaft ein sich grundlegend änderndes Einkaufsverhalten der Menschen zeigen dürfte. Zu erkennen ist das auch daran, dass die Shopping- Malls, beispielsweise in den USA, heute schon mit Problemen zu kämpfen haben. „Die Digitalisierung fordert ihre Opfer“, meint Barbara Knoflach, die von einer künftig schnelleren Taktung in der Immobilienbranche ausgeht, sodass etwa zehnjährige Mietverträge wohl immer seltener werden dürften. Die Zukunft des Einzelhandels werde künftig noch stärker durch Online-Aktivitäten bestimmt, wodurch sich auf der anderen Seite mit Blick auf die Immobilien riesige Herausforderungen durch Veränderungen in der Logistik ergeben. Da 70 Prozent der Menschen in Ballungsräumen leben, gelte es, sich den darauf basierenden Herausforderungen zu stellen, beispielsweise bei der Warenauslieferung und -zustellung. „Drohnen sind die modernen Brieftauben“, lässt Barbara Knoflach ihren Blick in die Zu- 70 04 // 2018

BERUF & KARRIERE Barbara A. Knoflach übernahm 2015 die internationale Leitung des Bereichs Investment Management von BNP Paribas Real Estate. Als Global Head of Investment Management ist sie für die Strategie des Geschäftsbereichs zuständig und setzt diese gemeinsam mit fast 300 Mitarbeitern in acht Ländern (Frankreich, Italien, Deutschland, Großbritannien, Spanien, Luxemburg, Belgien, Niederlande) um. kunft schweifen, ohne die mit deren Einsatz verbundenen sicherheitstechnischen Herausforderungen verkennen zu wollen. Gleichzeitig betont sie die für die Zukunft abzusehenden Notwendigkeiten wie das altersgerechte Gestalten im Haus- und Wohnungsbau. Menschen sollten sich bei der Einordnung der Weltlage die Sinnfrage stellen und Innovationen nicht grundsätzlich polarisieren und verteufeln, „Durch neue Technologien bieten sich den Menschen andere Arbeitsperspektiven", zeichnet die Bankerin die Chance auf eine positive Entwicklung. „Ich habe das Gefühl, wir erleben derzeit auf dem Globus eine Phase kollektiver Überforderung der Menschen. Dies vor allem, weil sich so viele Dinge und Ansichten sehr rasch verändert haben und vieles durch das Internet und die Cloud-Economy umgehend sichtbar wird.“ Zu verschwommen seien die Auswirkungen von Themen wie Big Data, Digitalisierung oder künstlicher Intelligenz auf das Individuum. Bedenklich sei in diesem Kontext dann letztlich auch das Risiko, dass Roboter Arbeitsplätze von Menschen übernehmen könnten. Menschen würden sich allerdings oftmals durch „Schreckens-Szenarien“ blenden lassen. Nicht selten würden Dinge und Ereignisse zu emotional und zu wenig rational betrachtet und machten viele Leute wütend und hilflos. Die junge Generation habe gerade nach der Krise eine exzellente Ausbildung genossen, finde allerdings nicht immer einen adäquaten Job. Dies lasse den allgemeinen „sozialen Lärmpegel" steigen, weil sich viele deutsche Jugendliche ihrem Empfinden nach nicht entsprechend wahrgenommen fühlten. In diesem Kontext stelle sich dann in Sachen Intellekt und Ausbildung letztlich eine Anpassung des Niveaus nach unten ein – auch bei Akademikern. All dies habe auch auf die Ausbildungssituation der Banken und Finanzdienstleister einen sehr starken Einfluss. Banken finden sich mit Blick auf das Vertrauen von Bürgern und der Wirtschaft durch die straffe Regulierung unter Druck, was nicht zuletzt für starken Margendruck sorge. Banken müssen im Wettbewerb mit der wachsenden Anzahl an FinTech-Unternehmen Antworten auf die rasanten technologischen Entwicklungen finden. „Banken und Finanzdienstleister müssen lernen, sich im Konkurrenzkampf mit neuen Playern der FinTech-Szene die guten Dinge zu bewahren, neue hinzuzufügen und so durch einfache und verständliche Entscheidungen Geschäftsfelder finden“, fordert Knoflach. Entscheidend sei dabei, weiterhin Zuverlässigkeit gegenüber den Kunden an den Tag zu legen und deren Risikotragfähigkeit zu bedenken. Vertrauensbildung und ein Höchstmaß an Transparenz seien dabei die entscheidenden Voraussetzungen. Mit Blick auf die Makroökonomie zeigt die Bankerin interessante Einschätzungen. Ob das durch die Notenbanken kreierte Niedrigbzw. Nullzinsumfeld die einzige Lösung und der perfekte Ausweg aus der Krise war, möchte ich von Barbara Knoflach wissen. So völlig überzeugt scheint sie davon nicht zu sein, doch sagt sie, es sei nicht zwangsläufig falsch gewesen. Die Bankerin erläutert, dass es voraussichtlich sehr schwer werde, wieder zur „Normalität“ zurückzufinden. „Die Zinsen werden voraussichtlich auf ein paar Jahre hinaus nicht wirklich steigen“, glaubt sie. Das Thema Brexit steht nicht nur in Großbritannien ganz weit oben auf der Diskussionsliste, sondern beschäftigt die Bankenszene in Gesamteuropa. Die Finanzzentren in Konti- nentaleuropa dürften die Gewinner des britischen „Goodbye“ sein. Das gelte nicht nur für Frankfurt, wo viele Banken ihre Präsenz verstärken wollen, sondern auch für Paris. Sowohl für die Immobilienmärkte in Frankfurt als auch für andere verwandte Industriezweige werde dadurch eine neue Dynamik spürbar. Frankfurt könnte nicht nur aus Sicht des Real-Estate- Markts einen Aufschwung erleben. Die Bankerin macht in diesem Kontext eine simpel erscheinende Rechnung auf: „Größenbedingt hätten die 10.000 prognostizierten Arbeitnehmer, die zusätzlich nach Frankfurt kommen würden, auf Frankfurt einen stärkeren Einfluss als auf Paris.“ Die berufliche Zielsetzung der vielfach ausgezeichneten Bankerin ist anspruchsvoll. Sie will dazu beitragen, BNP Paribas Real Estate als etablierte Marke auf der Weltbühne zu festigen und für Kunden ein zuverlässiger Partner zu sein. Um nachhaltig ganz oben weiter mitspielen zu können, soll an den richtigen Stellschrauben gedreht werden, um den Herausforderungen, z. B. der Digitalisierung, gerecht werden zu können. „Wir planen, im Investment Management europaweit weiter zu wachsen.“ Ziel seien 30 Mrd. € Assets Under Management sowie die Festigung der Position von BNP Paribas Real Estate unter den Leading Players in Europa. Ergo: Barbara Knoflach dürfte es wohl auch in Zukunft nicht langweilig werden. Autor Jonas Dowen ist als gelernter Ökonom und mit fast 40 Berufsjahren einer der profiliertesten deutschen Wirtschaftsjournalisten. Der Kolumnist und Autor ist für zahlreiche Zeitungen, Zeitschriften und Magazine im In- und Ausland tätig. 04 // 2018 71

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