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die bank 04 // 2018

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG geschaffen

REGULIERUNG geschaffen werden, eine bestimmte Zahl oder Art von Wohnimmobilienkreditverträgen abzuschließen oder den Verbrauchern besondere Nebendienstleistungen ohne ausdrückliche Berücksichtigung ihrer Interessen und Bedürfnisse anzubieten. Dies spricht dafür, dass auch insoweit Absatzziele nicht gänzlich ausgeschlossen sind. Vielmehr ist eine Gesamtbetrachtung der Anreizstruktur im Bereich der Baufinanzierung maßgeblich. Dabei sind insbesondere auch hinreichend konkrete qualitative Parameter in Bezug auf die Wahrung von Verbraucherinteressen erforderlich, denen ein angemessenes Gewicht zukommen muss. Backtesting, schwere Malus-Fälle Im Hinblick auf Risk-Taker-Vergütungen werden namentlich die Anforderungen an das Backtesting sowie die Malus-Tatbestände ausdifferenziert. Diesbezüglich stellt die Auslegungshilfe zunächst klar, dass die Beurteilung von Malus-Tatbeständen keinesfalls nach freiem Ermessen erfolgen darf. Vielmehr muss die Ermessensausübung soweit als möglich vorab gebunden werden und ausreichend transparent sowie objektiv erfolgen. Darüber hinaus werden insbesondere die „schweren“ Malus-Fälle gem. § 18 Abs. 5 S. 3 InstitutsVergV – begrifflich etwas verwirrend nunmehr einzig als „negative Erfolgsbeiträge“ bezeichnet – konkretisiert. Das gilt zum einen für die Schwelle des „erheblichen Verlusts“ (u. a. ab 1 Prozent des vom Institut tatsächlich vorgehaltenen Eigenkapitals) sowie den Tatbestand der wesentlichen regulatorischen Sanktion (z. B. Bußgeld ab 1 Prozent des tatsächlich vorgehaltenen Eigenkapitals). Auf der Rechtsfolgenseite ist in diesen Fällen jeweils vorgesehen, dass die variable Vergütung des Risk Takers zwingend auf Null reduziert wird. Zugleich liegt nach § 20 Abs. 6 InstitutsVergV ein Clawback- Fall vor. Das Gesetz knüpft diese Rechtsfolgen – wie bisher – insbesondere daran, dass ein Risk Taker an einem Verhalten maßgeblich beteiligt war oder dafür verantwortlich ist, dass es zu erheblichen Verlusten oder zu einer wesentlichen regulatorischen Sanktion kam. Nach der Auslegungshilfe sollen diese Tatbestände grundsätzlich auch dann greifen können, wenn sich der Mitarbeiter vollständig pflichtgemäß verhalten hat, d. h. nicht zuletzt in voller Übereinstimmung mit den regulatorischen Anforderungen gehandelt hat, oder wenn es um Schäden geht, hinsichtlich deren den Risk Taker nicht einmal leichteste Fahrlässigkeit trifft. Dieses Verständnis steht in offenem Widerspruch zu den Wertungen des Zivilrechts und des Arbeitsrechts. Auch aus § 18 Abs. 5 S. 3 InstitutsVergV folgt es nicht zwingend. Dies spricht dafür, dass entsprechende Malus- oder Clawback-Klauseln, die auch bei vollständig pflichtgemäßem oder unverschuldetem Verhalten des Risk Takers eingreifen, von den Zivil- oder Arbeitsgerichten als unwirksam qualifiziert werden. Clawback Im Hinblick auf die Clawback-Anforderungen stellt die Auslegungshilfe klar, dass die betroffenen Mitarbeiter nachträglich so zu stellen sind, als wäre ihnen die zurückgeforderte variable Vergütung nie zugeflossen. Dabei ist ein Netto-Clawback grundsätzlich zulässig, wobei sich in der Praxis eine pauschalierte Lösung empfiehlt. Bedenken verbleiben mit Blick auf die Rechtsfolgen des Clawback. Trotz des Grundsatzes der Periodengerechtigkeit führt der Clawback in Verbindung mit den Malus-Anforderungen bei Sachverhalten, die in der Entstehung über mehrere Jahre anhalten, dazu, dass bis zu sieben variable Gesamtvergütungen eines Risk Takers gleichzeitig im Risiko stehen und der Gesamtverlust nach §§ 20 Abs. 6, 18 Abs. 5 S. 3 InstitutsVergV zwingende Rechtsfolge ist. Im Anwendungsfall erscheint es unter diesen Umständen möglich, dass die Rückzahlungspflicht existenzgefährdende Wirkung entfalten kann. Mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz erscheint dies im Licht der Grundrechte sehr problematisch. Vergütungsbeauftragter Kritisch zu sehen sind die Governance-Anforderungen an den Vergütungsbeauftragten. So soll die Funktion nach der Auslegungshilfe grundsätzlich in Vollzeit ausgeübt werden. Sehen die Vergütungssysteme für mehr als zehn Risk Taker außerhalb des Kreises der Geschäftsleiter eine maximal erreichbare variable Vergütung von mehr als 50 Prozent der jeweiligen Gesamtvergütung vor, soll eine Ausnahme von der Vollzeittätigkeit unzulässig sein. In der Sache erscheint dieses Abgrenzungskriterium wenig sinnvoll als Indikator für die Bemessung der zeitlichen Beanspruchung des Vergütungsbeauftragten. Deutlich relevanter erscheinen die Anzahl der Mitarbeiter und Risk Taker, die geografische Ausdehnung des Instituts bzw. der Gruppe sowie die Anzahl und Komplexität der vorhandenen Vergütungssysteme. In der Praxis erfordert die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung durch den Vergütungsbeauftragten gegenwärtig vielfach keine Vollzeittätigkeit über das gesamte Geschäftsjahr. Noch kritischer stellen sich die in der Auslegungshilfe dargestellten Inkompatibilitätsmerkmale in Bezug auf den Vergütungsbeauftragten dar. Insbesondere soll dieser – unabhängig von der Frage etwaiger Interessenkonflikte – grundsätzlich kein Abteilungsleiter oder Mitarbeiter in einer entsprechenden Lei- 38 04 // 2018

REGULIERUNG 1 | Neue Auslegungshilfe zur InstitutsVergV Vergütungsbeauftragter Abgrenzung fixe / variable Vergütung Sachbezüge Clawback Ausgewählte Themen Abfindungen Malus Backtesting Vertriebsvergütung, Baufinanzierung tungsposition sein. Praktisch hat dies zur Folge, dass das faktische Gewicht und die Durchsetzungsfähigkeit des Vergütungsbeauftragten innerhalb der Organisation regelmäßig spürbar geschwächt werden. Insgesamt sind die Anforderungen, die an die Person des Vergütungsbeauftragten gerichtet sind, gerade von kleineren und weniger komplexen Instituten nur schwer zu erbringen. So ist die Vereinigung von Kenntnis und Erfahrung auf so komplexen Gebieten wie Risikocontrolling und Vergütungspolitik ohnehin selten. Zugleich ist eine Vollzeittätigkeit bei eher einfachen und wenig differenzierten Vergütungssystemen regelmäßig nicht erforderlich, sodass sich die Kombination mit einer anderen Führungsaufgabe eigentlich anbietet – nicht zuletzt aus Gründen der Autorität und des faktischen Gewichts. Potenzielle Interessenkonflikte lassen sich durch entsprechende Berichtswege sowie Maßnahmen zur Sicherstellung der Unabhängigkeit und ggf. des Vorrangs der Tätigkeit als Vergütungsbeauftragter durchaus gewährleisten. Eine entsprechende Klarstellung wäre wünschenswert. Was bleibt in der Gesamtbetrachtung? Ausgeblieben sind die ganz großen Überraschungen, die angesichts der Praxis, im Rahmen der nationalen Verwaltungspraxis mitunter deutlich über die gesetzlichen Anforderungen hinauszugehen, durchaus befürchtet wurden. In einer Reihe von Punkten zeigen sich erfreuliche Zugeständnisse an betriebliche Praxis (bspw. die Behandlung von Sachbezügen). Auf der anderen Seite erschreckt der schiere Umfang der Ausführungen. Insbesondere in Bezug auf die Anforderungen zur Bestimmung des Bonuspools und zur Risikoadjustierung der variablen Vergütung stellt die Auslegungshilfe die Banken mitunter vor kaum zu bewältigende Herausforderungen. Erschwert wird dies durch wiederholte Öffnungsklauseln – nach welchen die Anforderungen im Einzelfall auch durchaus strenger auszulegen sein können – sowie das Damoklesschwert des Umgehungstatbestands, der in der Formulierung so weit gefasst ist, dass sich darunter fast Beliebiges subsumieren lässt. Aus Sicht der Banken ist die Messlatte für Regulatorik-konformes Verhalten faktisch variabel hoch gelegt, und ihre tatsächliche Höhe droht sich erst „im Sprung“ – sprich in den nächsten Sonderprüfungen der Aufsicht – zu ergeben. Im Ergebnis führt diese Komplexität dazu, dass sich der Fokus immer weiter auf Berechnungs-, Modell- und Dokumentationsaspekte richtet, die für den einzelnen Mitarbeiter in ihren Wirkungszusammenhängen vielfach kaum oder gar nicht mehr nachvollziehbar sind, und der intendierte Steuerungsmechanismus der Vergütungssysteme, der zur Stabilität des Finanzsystems beitragen soll, verloren zu gehen droht. Autoren Dr. Matthias Merkelbach ist Rechtsanwalt und Assoziierter Partner bei Flick Gocke Schaumburg. Dr. Martin von Hören ist Mitglied der Geschäftsleitung und Partner bei Kienbaum Consultants International. 04 // 2018 39

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