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die bank 04 // 2018

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT BANKEN

MANAGEMENT BANKEN MÜSSEN DIGITALE ÖKOSYSTEME SCHAFFEN Die First Mover werden die Sieger sein Verbraucher erledigen immer mehr online – und sie möchten möglichst viel davon an ein- und derselben Stelle tun können. Diesem Wunsch kommen digitale Ökosysteme entgegen, wie sie die Internet-Giganten Apple, Amazon und Co. geschaffen haben. Nun ist die Zeit reif für die erste bankzentrierte digitale Plattform – aufgebaut um das Kerngeschäft Online Banking. Den First Movers unter den Kreditinstituten eröffnen sich damit große Chancen, die sie im Niedrigzins-Umfeld dringend brauchen. Die Herausforderungen sind bekannt: Bankprodukte unterscheiden sich kaum noch voneinander, und die geringen Margen verhindern eine Differenzierung über den Preis. Dazu kommen Wettbewerber, die die Möglichkeiten digitaler Technologien bereits wesentlich stärker nutzen und deren Innovationskraft den Banken zu schaffen macht. Kreditinstitute müssen deshalb ihre seit Langem etablierten Geschäftsmodelle überdenken und möglichst frühzeitig Erfolg versprechende Trends aufgreifen. Und das schnell, denn die Entwicklungen beschleunigen sich permanent. Einer dieser Trends sind digitale Ökosysteme – teilweise offene Systeme, in denen Produkt- und Dienstleistungsangebote optimal ergänzt werden, um zahlreiche Bedürfnisse einer bestimmten Zielgruppe zu erfüllen, ohne dabei Medienbrüche zu verursachen. Damit schlägt eine Bank gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe: Erstens passt ein solches Ökosystem perfekt zur ohnehin nötigen digitalen Transformation. Zum zweiten lassen sich damit Partner einbinden, die helfen, die ständig komplexeren Aufgaben rund ums Banking zu bewältigen. Drittens kommt eine digitale Plattform den Bedürfnissen der Kunden entgegen, kann also zu deren Gewinnung und Bindung beitragen. Und viertens generiert die Bank neue Umsatzerlöse. In digitalen Ökosystemen werden die große Zahl von Leistungen und die Individualisierung über Erfolg und Misserfolg entscheiden. Um sowohl Vielfalt als auch maßgeschneiderte Angebote zu realisieren, braucht man moderne 28 04 // 2018

MANAGEMENT Technik. Diese macht den Betrieb dank Skalierung effizienter, und die heute mögliche intelligente Analyse sowie Verarbeitung großer Datenmengen ebnet den Weg zu Offerten, die auf den Einzelnen zugeschnitten sind. Beides, das „Alles aus einer Hand“-Prinzip und die Individualität, beschert den Kunden eine positive User Experience – intensiviert durch den hohen Komfort dank bekannter Plattform-Struktur. Online Banking als Zentrum des Ökosystems Bei der Konzeption eines eigenen Ökosystems gilt es, die spezifischen Vorteile zu nutzen. Renommierte Geldhäuser verfügen über einen großen Kundenstamm und genießen in der Regel großes Vertrauen ihrer Kunden. Zudem haben sie eine beträchtliche Finanzkraft sowie fachliche Kompetenz etwa hinsichtlich Regulatorik. Darüber hinaus spielen Veränderungen im Verhalten der Verbraucher kreativen Banken in die Hände. Die Konsumenten wollen mehr und mehr Alltagsgeschäfte sowie auch anspruchsvollere Dinge – etwa eine Baufinanzierung – online erledigen. Daneben steigen die Nutzerzahlen im Online Banking, sodass 2016 bereits mehr als die Hälfte aller Kunde-Bank-Interaktionen digital über mobile oder stationäre Endgeräte stattfand. In dieser Situation bieten sich digitale Ökosysteme rund um die Kernleistung Online Banking geradezu an. Weil die Kunden sich ohnehin auf der Seite der Bank einloggen, gilt es, sie dort zu halten und ihnen mehr als nur das Übliche anzubieten. Möglich und sinnvoll sind im ersten Schritt Leistungen entlang der Wertschöpfungskette der klassischen Bankprodukte, also vor- und nachgelagerte Services. Strategische Allianzen eingehen Selbstverständlich sollte ein Kreditinstitut nun kein Gemischtwarenladen werden, indem es alles ein bisschen macht. Die intelligentere Lösung ist, strategische Allianzen einzugehen. So entstehen wirkliche Ökosysteme, in denen – wie in der Natur – alles mit allem zusammenhängt. Funktionieren wird das System – was im Fall des digitalen Ökosystems vor allem wirtschaftlicher Erfolg heißt –, wenn die Partner geschickt ausgewählt werden und die Entwicklung in engem Dialog mit dem Kundenkontakt erfolgt. Denn auch der Kunde ist Teil des Systems. Er soll den Mehrwert honorieren und das eigentliche Bankprodukt als nur ein Feature unter vielen wahrnehmen. Was Ökosysteme in der Natur auszeichnet, ist neben der Vielfalt und den engen Verflechtungen der „Mitglieder“ auch die Offenheit. Bei den Systemen der bekannten Digital Giants gibt es diese kaum, da hier der Betreiber fast alle Leistungen selbst erbringt. Der Kunde erhält in gewissen Lebensbereichen einen Full Service und begibt sich dafür gerne in die Abhängigkeit eines einzigen Unternehmens. Er ordert ausschließlich auf einer einzigen Plattform und oft mehr, als er ursprünglich geplant hat. Dazu haben die teuren Imagekampagnen genauso beigetragen wie die Fähigkeit der Internetgiganten, exakt auf die Kundenbedürfnisse zugeschnittene Services zu kreieren. Ein gutes Beispiel dafür ist Amazon, das seine Services noch ausweitet und nach dem Bezahlservice Amazon Pay jetzt auch noch plant, klassische Girokonten anzubieten, um so die Wertschöpfungskette des Bezahlens bei seinen Kunden umfassend besetzen zu können. Von bankingnahen zu bankingfremden Partnern Im Vergleich dazu sind Banken wesentlich eingeschränkter in ihrem Handeln, weil sie stark reguliert werden. Sie werden deshalb mit einem offeneren System beginnen, in dem ihre Kernkompetenzen, also Leistungen rund ums Geld, im Fokus stehen. Gleichzeitig dürften Banken-Ökosysteme auf das Know-how in Sachen Datensicherheit sowie die langjährigen loyalen Kunden und deren Vertrauen abgestimmt sein. Es ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Banken in späteren Phasen der Entwicklung ihrer Ökosysteme durchaus auch in bankingfremde Unternehmen einsteigen werden. Eine Bank könnte in ihrem Ökosystem beispielsweise mit Versicherungen handeln, Bezahldienste anbieten oder Services wie Vergleichsportale für Bankprodukte zur Verfügung stellen. Relativ bald könnten Mobilfunkanbieter eine Rolle spielen, da das Handy sich auch im Banking zum Medium der Wahl entwickelt. In einer weiteren Stufe folgen vermutlich Unternehmen, die nur mittelbar, etwa über die Bezahlfunktion, mit Banking zu tun haben. Der Kunde würde in diesem Fall von der nur einmal nötigen Legitimation profitieren. Das motiviert ihn, den Service im Rahmen des Ökosystems statt direkt vom Anbieter zu nutzen. Erste Ansätze sind praxistauglich Wie nah oder fern also ist das erste Amazon oder Google des Finanzbereichs? Banken haben begonnen, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Sie wissen, dass sie ihren Kunden bereits auf kurze Sicht mehr als das eigene Produktund Leistungsspektrum bieten müssen. So gehen einzelne Unternehmen bereits Kooperationen mit geeigneten Start-ups ein oder übernehmen diese. Die ING-DiBa etwa gibt ihren Kunden über eine Zusammenarbeit mit Scalable Capital Zugang zu Robo Advisors und hat das Kreditportal Lendico erworben, um das Geschäft mit Firmenkunden auszubauen. Vorreiter im Mobile Banking war die N26, die als erste Direktbank eine Kontoverwaltung per Handy ermöglicht hat. Inzwischen stehen u. a. auch Versicherungsprodukte über den Versicherungsmakler Clark zur Auswahl. Bankingnahe Allianzen sind auch bei der Fidor Bank zu finden. Sehr erfolgreich ist das gemeinsam mit O2 konzipierte O2-Banking, das eine völlige Kontrolle des Bankings per Handy erlaubt und mit Boni für jeden Euro Umsatz arbeitet. In einer Online Community der Fidor Bank geben sich Kunden gegenseitig Anlagetipps, auf dem Marktplatz für Finanzprodukte lässt sich nach dem günstigsten Produkt suchen. Weg vom reinen Banking geht die Baufi- App der Commerzbank. Hier wird der Kunde, der eine Immobilie erwerben will, durch den gesamten Prozess geführt. Er kann per Handy die bundesweiten Angebote eines führenden 04 // 2018 29

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