Aufrufe
vor 5 Jahren

die bank 04 // 2018

  • Text
  • Banken
  • Unternehmen
  • Digitalisierung
  • Digitale
  • Anforderungen
  • Deutschen
  • Frauen
  • Institute
  • Insbesondere
  • Banking
die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MARKT 1 | Ziele und

MARKT 1 | Ziele und Auswirkungen der Digitalisierung bei Banken ?Was ist das vorrangige Ziel Ihrer Digitalisierungsinitiativen? ?Haben sich diese Initiativen erkennbar auf Ihre Erträge ausgewirkt? 90 % Sonstiges 2 % 8 % Erträge steigern Kosten senken 25 % 28 % Ja Nein 72 % 65 % Erträge steigern, Kosten senken Quelle: Global Pricing & Sales Study 2017 (n= 1.925, davon 60 aus der Finanzbranche). Differenzierung. Die Basis ist gratis. Für 1,99 € im Monat hat der Kunde die Möglichkeit, ein Bündel aus drei Zusatz-Features zu kaufen, für 3,99 € gibt es sechs Zusatz-Features (z. B. Services wie Zahlungserinnerungen, automatische Umwandlung von Rechnungen in Überweisungen oder Transaktionsdaten vergangener Jahre). Die Erste Bank hat sich also dazu entschieden, digitale Services zu bündeln, sie zeitgleich aber auch einzeln zu verkaufen. Dieses Mixed Bundling hat gewisse Vorteile – vor allem wenn periodisch neue Features hinzugefügt werden und Produktbündel dann nicht laufend aktualisiert werden müssen. 4 Hier gilt es allerdings, die Einfachheit des Angebots zu wahren und verhaltensökonomische Effekte des Behavioral Pricings (siehe fünfter Erfolgsfaktor) zu berücksichtigen. 3. Nutzungsquoten erhöhen und Cross-Selling ermöglichen Das Teatreneu in Barcelona stand vor einigen Jahren vor der Herausforderung rückläufiger Besucherzahlen. Als innovative Maßnahme führte es eine neue Preismetrik ein: Statt pro Ticket bezahlen Zuschauer dort nun 30 Cent pro Lachen, was durch eine Gesichtserkennungs-Software im jeweiligen Vordersitz erfasst wird. Als Folge dieses „Pay per Laugh“- Systems stiegen die Zuschauerzahlen und die durchschnittlichen Ticketpreise signifikant. In der digitalen Welt gibt es ebenfalls zahlreiche Beispiele für innovative Preismodelle, deren vorrangiges Ziel es ist, die Anzahl der Nutzer, aber auch die Nutzung pro Kunde zu erhöhen. Beispiele sind etwa die Freemium-Angebote von Spotify oder Spiegel Online. Der kostenlose Teil dieser Modelle ermöglicht den Kunden ein unverbindliches Ausprobieren. So werden schnell möglichst viele Nutzer gewonnen. Hat der Kunde den Service kennengelernt, steigt seine Bereitschaft, ihn sowohl mehr und öfter zu nutzen als auch für Premium-Angebote etwas zu bezahlen. Steht erst einmal die Plattform mit möglichst vielen Nutzern der entsprechenden Zielgruppe, geht es im zweiten Schritt um die konsequente Loyalisierung, ausgehend von zentralen Ankerprodukten. Für Banken heißt das: Hat ein Kunde beispielsweise das Zahlungsverkehrskonto (mit aktiver Nutzung durch Gehaltseingang) bei der Bank, sollte diese mit digitalen Loyalitätsprogrammen die Produktnutzungsquote des Kunden in anderen Bereichen (z. B. Kreditkarte, Wertpapierkonto, Konsumentenkredit etc.) deutlich erhöhen. Die Plattform schafft zudem auch Ansatzpunkte für eine andere Art von Erträgen: Bei der Erste Bank zahlen beispielsweise Händler dafür, mit ihrem Logo neben dem Buchungstext in „George“ aufzutauchen. Somit beginnt die Bank ihre Plattform inklusive der enthaltenen Kundendaten zu monetarisieren und kann damit neue B2B-Ertragsquellen erschließen. 4. Omnikanal bedeutet auch wirklich Omnikanal Wenn man die Nutzungsmuster von verschiedenen Bankprodukten analysiert, findet man verschiedenste Interaktionsarten von Endkunden mit ihrer Bank. Kunden nutzen dabei nur selten ausschließlich die App, vielmehr gehen sie gerade für größere und längerfristige Entscheidungen noch immer ins Web oder suchen den Kontakt zum persönlichen Berater – wenn auch nur per Telefon. Die persönliche Beratung wird daher auch weiterhin wichtig sein, allerdings viel stärker als bisher im Zusammenspiel mit den anderen Kanälen. Daher ist bei der Digitalisierung der richtige Kanalmix ein entscheidender Faktor. Hier liegen große Chancen in digitalen Vertriebstools, die dem Kunden ein einheitliches Nutzungserlebnis dank klar wiedererkennbarer Prozesse und Strukturen in der App, im Web und in der Filiale ermöglichen. Im Übrigen können Banken damit auch neue Kundengruppen erreichen. Eine Bank hat es beispielsweise geschafft, mit einem dedizierten Depotangebot in ihrem Omnikanal-Vertriebstool unter wertpapierintensiven Kunden (sog. Heavy Tradern) signifikant Neukunden zu gewinnen: Sie bildete die Depotmodelle in dem Tool auf der Homepage ab und bewarb sie über eine Suchmaschinenkampagne. 10 04 // 2018

MARKT 2 | Fokus von Digitalisierungsinitiativen Digitalisierungsinitiativen, in die Banken investiert haben* Anteil der Banken mit erkennbarer Ertragssteigerung Effizienz der Vertriebsprozesse steigern und Kosten senken 57 % Hohe Investition mit geringem Ertrag 26 % Digitale Angebote entwickeln 37 % 14 % Kundenbeziehungsmanagement (CRM) verbessern 30 % 28 % Management der Vertriebskanäle verbessern 20 % 25 % Vertriebsansatz verbessern 17 % 10 % Kundensegmentierung verbessern 17 % 40 % Marktzugangswege ändern Preise mithilfe von Big Data optimieren 8 % 17 % Geringe Investition mit hohem Ertrag 30 % 80 % Digitale Produkte monetarisieren 7 % 0 % Digitale Services optimieren und monetarisieren 3 % Geringe Investition mit hohem Ertrag 50 % * Mehrfachnennungen möglich Quelle: Global Pricing & Sales Study 2017 (n= 1.925, davon 60 aus der Finanzbranche). 5. Effekte des Behavioral Pricings kennen und richtig anwenden Endkunden entscheiden meist nicht rein rational, sondern intuitiv und situativ. Die Entscheidung zum Beispiel für ein bestimmtes Kontomodell hängt stark von den gegebenen Auswahlmöglichkeiten und dem zum Entscheidungszeitpunkt subjektiv erinnerten Bedarf ab. Gerade bei digitalen Angeboten sollten Banken diese Effekte verstehen und nutzen. Effekte der Preispsychologie können helfen, die Ertragswirksamkeit deutlich zu verbessern. 5 So sind beispielsweise der „Compromise Effect“ (Kunden wählen bei drei Angeboten oft die Mitte), der „Endowment Effect“ (bei einer Vorauswahl fällt es dem Kunden schwer, Dinge wieder abzuwählen) oder der „Anchor Effect“ (Setzen intelligenter Preisanker) von großer Bedeutung. Ein Wirkverstärker des Anker-Effekts ist beispielweise die Angebotsanordnung von links nach rechts: Premium links (höchster Preis), Basis rechts. Die Umsetzung dieser und weiterer Punkte kann in der Regel rasch und ohne große IT-Investitionen erfolgen und in Champion-Challenger-Praxistests immer weiter optimiert werden. FAZIT Die Digitalisierung ist in der Bankenbranche weiter auf dem Vormarsch, wird allerdings noch primär als Kostensenkungs-Vehikel gesehen. Die bisher erzielten Ertragseffekte fallen insgesamt ernüchternd aus. Dabei schlummern hier große Effekte auf die Verbesserung der Topline. Intelligente Preissysteme sowie die Digitalisierung der Produktstruktur und des Omnikanal-Vertriebsprozesses werden die Schwerpunkte der nächsten Jahre sein. Diejenigen Banken, die nach erfolgter Kostensenkung nun rasch auf Ertragsmaßnahmen umstellen, werden die wahren Gewinner der Digitalisierung sein. Autoren Jens Baumgarten ist Senior Partner in der globalen Banking Practice bei Simon-Kucher & Partners. Seine Beratungsschwerpunkte liegen auf Value Management, Strategischem Pricing und Sales Optimization. Dr. Benjamin Wellstein ist Director in der globalen Banking Practice bei Simon-Kucher. Er berät insbesondere zu Value-Based-Pricing-Strategien sowie Produkt-/Preisdifferenzierung der (digitalen) Lösungen von Finanzdienstleistern. Dr. Johann Thieme ist Director in der globalen Banking Practice bei Simon-Kucher. Seine Schwerpunkte liegen auf Preis- und Produktoptimierung sowie Umsetzung und Monetarisierung digitaler Lösungen für Banken. 1 Vgl. „Die Milliardenwette“, die bank, 10/2017. 2 Simon-Kucher & Partners führt seit 2008 regelmäßig eine weltweite Studie zum Thema Pricing & Sales durch. Die jüngste Analyse konzentrierte sich insbesondere auf das Thema Digitalisierung. Die Teilnehmer stammten sowohl von etablierten Instituten als auch von FinTechs und besetzen zu mehr als 90 Prozent Führungspositionen. 3 Vgl. „Globaler Margendruck – Digitalisierung als Chance“, die bank, 09/16. 4 Für Bundling-Strategien bei Banken siehe Bauer/Wübker (2015), „Power Pricing für Banken“, 3. Auflage, Campus Verlag, S. 161ff. 5 Vgl. „Die fünf wichtigsten Effekte der Preispsychologie“, die bank, 03/2013. 04 // 2018 11

die bank