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die Bank 04 // 2017

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

BERUF & KARRIERE Mit

BERUF & KARRIERE Mit Misserfolgen und Rückschlägen klarkommen So wie Britta Schwickerath, die immer noch ins Schwärmen gerät, wenn sie von ihrem dreimonatigen Aufenthalt bei der HSBC Bank in London berichtet. Als ihr Vorgesetzter sie auf die mögliche Entsendung ansprach, sagte die 29-Jährige zu dessen Erstaunen umgehend zu. Was das schnelle Ja etwas erleichtert haben dürfte: Anders als bei Long Term Assignments, bei denen Expats zwischen gut einem Jahr und fünf Jahren das Mutterhaus verlassen, stand bei der Betriebswirtin von Anfang an fest, dass sie nach ihrer Rückkehr wieder in ihrem alten Team als Account Manager Global Custody & Depotbank Services arbeiten würde. Dort betreut sie nationale und internationale Verwahrstellenund Global-Custody-Kunden der Bank, zu denen institutionelle Investoren und Asset Manager zählen. Den London-Aufenthalt konnte die HSBC-Managerin nutzen, um als Product Manager im Global Custody Erfahrungen zu sammeln. Ihr „kleines Abenteuer“ bewertet Schwickerath rundum positiv. Sie habe ihre Englischkenntnisse verbessert, viele neue berufliche und persönliche Kontakte geknüpft und einen Arbeitsalltag in der Zentrale einer der größten Banken der Welt erlebt. In London arbeiten rund 8.000 Mitarbeiter, im deutschen Headoffice in Düsseldorf sind es gerade einmal 2.500. Dass ein Mobilitäts-Manager der Bank für die junge Frau ein kleines Rundum-Sorglos-Paket schnürte, dürfte auch geholfen haben. Der kümmerte sich um die Unterkunft in der teuren Metropole. Die Miete übernahm der Arbeitgeber und selbst für einen bequemen Transfer wurde gesorgt: Vom Airport zur vorübergehenden Bleibe ging’s mit Chauffeur. Um in der angesagten Finanzmetropole arbeiten zu können, musste Britta Schwickerath nicht einmal kämpfen. Das Angebot kam von selbst. Top-Adressen sind London, New York, Singapur Grundsätzlich, zu diesem Schluss kommt zumindest eine Studie des Wirtschaftsprüfungsunternehmens PwC, seien Frauen in der weltweiten Finanzbranche bei Entsendungen ins Ausland noch unterrepräsentiert. „Die meisten Frauen (88 Prozent) wollen ihre Karriere durch eine Auslandsentsendung voranbringen. Allerdings setzen sich bislang nur wenige Unternehmen (22 Prozent) aktiv dafür ein, den Frauenanteil bei globalen Einsätzen zu erhöhen“, heißt es in einer im April 2016 veröffentlichten Studie. Dabei ließe sich der Talent-Pool für die internationale Mobilität durch eine verstärkte Berücksichtigung von Managerinnen erheblich vergrößern. PwC-Partnerin Susanne Eickermann- Riepe kommt denn auch zu dem Schluss, dass die Finanzdienstleister die strategisch wichtigen Aspekte Diversität und internationale Mobilität enger miteinander verknüpfen sollten, um das Potenzial beider Bereiche voll ausschöpfen zu können. „Es gilt, bestehende Barrieren und stereotype Denkweisen in den Unternehmen zu identifizieren und Strategien zu entwickeln, um diese zu überwinden“, ergänzt PwC-Vorstand Markus Burghardt. Schon bei ihrer Bewerbung haben Frauen ihren Wunsch fest im Blick. Immerhin 75 Prozent der befragten weiblichen Beschäftigten aus der Finanzdienstleistungsbranche und damit mehr als aus anderen Branchen (65 Prozent) nennen die Chance auf eine Entsendung ins Ausland als wesentliches Kriterium für die Auswahl ihres Arbeitgebers. Und 66 Prozent der Frauen mit Kindern streben dennoch eine Entsendung an, während nur 60 Prozent der Männer dazu bereit wären. Als größtes Hindernis für einen beruflichen Auslandseinsatz nannte fast die Hälfte die weit verbreitete Auffassung, dass Mütter nicht im Ausland arbeiten wollen. Auch wurde moniert, dass die wenigsten Arbeitgeber Programme aufgelegt hätten, die internationale Aufenthalte als Kernstück der Karriereplanung vorsehen würden. Renata Kloubek hat „immer zwei Brillen auf der Nase“, wenn sie über Entsendungen spricht. Sieben Jahre hat die Personalerin, die als Tochter tschechischer Eltern in Deutschland aufwuchs, von 2008 bis 2015 den HR-Bereich für Mittel- und Osteuropa bei der Commerzbank in Prag verantwortet. Ihre Familie nahm sie mit. Als heutige Leiterin des Expatriate Management bei Deutschlands zweitgrößter Bank in Frankfurt hat sie deshalb ein gutes Verständnis für beide Seiten. Was ist gut für das Unternehmen, und was ist wichtig für den Expat? „Es geht uns einerseits darum, dass sich ein Mitarbeiter weiterentwickelt. Andererseits wird mit jedem Wechsel auch Know-how im Konzern transferiert und zwar von Deutschland zu den ausländischen Filialen und Repräsentanzen und von dort nach Deutschland.“ Eine schwächere Nachfrage nach Entsendungen stellt Kloubek nicht fest. Der Trend gehe eher von weniger Langzeit- zu mehr Kurzzeitentsendungen. 260 Mitarbeiter sind derzeit für das Institut im Ausland tätig. Am beliebtesten sind die Hotspots der Finanzwelt: London, New York, Singapur. Aber auch für weniger gefragte Standorte wie die 2015 eröffnete Tochter in São Paulo gebe es ausreichend Nachfrage, wobei diese eher von Young Professionals als von Managern mit Familie komme. Sorgen über Aufgaben nach der Auslandsrückkehr „Letztlich profitieren wir auch davon, dass Banken nicht wie Hidden Champions in der ausländischen Provinz sitzen, sondern in interessanten wachsenden Metropolen mit oftmals guter Lebensqualität wie New York oder Singapur“, sagt Christian Biemer. Deutlich weniger beliebt sind nach Beobachtungen des HR-Experten der ING-DiBa schwierige Länder wie Russland, Indien oder die Türkei. Mit Exotik könne man allerdings sehr gut punkten. Erst kürzlich habe sich ein Praktikant beworben, der während des Studiums für eine Nichtregierungsorganisation in Riad gearbeitet habe. Ein anderer Bewerber hatte Erfahrungen bei einer Firma im Kongo gesammelt. „Wenn alle anderen Kriterien wirklich gleich sind, würde ich einen Bewerber mit einer Station in Riad einem Kandidaten, der in London war, vorziehen“, sagt Biemer. Für die Karriere sei das Ausland zwar nicht zwingend, könnte diese aber durchaus beflügeln. „Je höher man kommt, desto weniger Positionen gibt es. 86 04 // 2017

BERUF & KARRIERE Mobilität kann da durchaus Chancen eröffnen.“ Und wie halten es die Chefs der Finanzkonzerne mit dem Blick über den Tellerrand? Mit der Deutschen Bank gehört der Marktführer immerhin zum kleinen Kreis von sechs DAX-Unternehmen, die einen Ausländer an die Spitze berufen haben. Seit dem 1. Juli 2015 lenkt der Brite John Cryan das Institut. Der hatte nicht nur viele Jahre in London, sondern auch eine Zeit lang in Singapur gearbeitet, bevor er nach Frankfurt kam. Martin Zielke hingegen, seit Mai 2016 an der Spitze der Commerzbank, brachte in sein neues Amt keinerlei Auslandserfahrung ein. Erstaunlich auch: Trotz der voranschreitenden Internationalisierung ist der Anteil der ausländischen Vorstände in DAX-Unternehmen in den vergangenen elf Jahren zwar gestiegen. Dennoch verharrt er laut einer Studie der Personalberatung Odgers Berndtson seit 2009 bei etwa 27 Prozent. Bei den Nationalitäten führen Amerikaner (25 Prozent) vor Briten (16 Prozent) und Indern (7 Prozent). Während der elfköpfige Vorstand der Deutschen Bank mit Cryan, Kim Hammonds (USA), Sylvie Matherat (Frankreich), Nicolas Moreau (Frankreich), Garth Ritchie (Südafrika) und Jeffrey Urwin (Großbritannien) sehr international besetzt ist, ist das Führungsgremium bei der Commerzbank fest in deutscher Hand. Nicht immer wird der Mut von Managern belohnt, die ihre Zelte daheim abbrechen, um für einige Jahre oft viele tausend Kilometer von der Heimat entfernt zu arbeiten und zu leben. In der PwC-Studie etwa gaben 47 Prozent der befragten Frauen an, dass sie sich die meisten Sorgen über ihre Aufgabe nach der Rückkehr machen würden. Gelänge dann kein Wechsel in eine andere oder höhere Position, bliebe die wertvolle internationale Erfahrung gegebenenfalls ungenutzt. Und manch ein Expat trifft nach der Heimkehr auf völlig geänderte Begebenheiten, sei es, weil sein Arbeitgeber fusioniert, Hierarchien abgebaut oder Sparten geschlossen hat. Wieder andere stellen ernüchtert fest, dass Daheimgebliebene längst an ihnen vorbeigezogen sind. Vorbilder im Management Yvonne Rosslenbroich von Daimler Financial Services stellt deshalb in regelmäßigen Konferenzen sicher, dass Daimlers Finanzdienstleister die Entwicklung der entsendeten Manager im Blick behält. „Dabei geht es auch um die Frage, wann wer auf welche Position zurückgeholt wird“, sagt die Personalchefin. Um keinen Karriereknick nach der Auslandsstation zu riskieren, seien jedoch auch die Expats selbst gefordert. Das war auch Thomas Schumacher klar, als er 2013 für die HSBC nach Shanghai ging, um drei Jahre lang den German Desk zu leiten. Selbst bei rein privaten Reisen in die Heimat schaute er immer bei der Zentrale in Düsseldorf vorbei, um den Kontakt zu halten. „Auch in China habe ich die Initiative ergriffen und mit meinem chinesischen Vorgesetzten sowie Kollegen in Düsseldorf regelmäßig über Projekte gesprochen“, sagt der 37-Jährige. Isold Heemstra, CEO bei der ING Tschechien in Prag, reist mindestens ein- bis zweimal monatlich nach Frankfurt, um an den CEO der ING-DiBa zu berichten, zu dessen Verantwortungsbereich Tschechien gehört. „Die Kollegen aus Deutschland können uns nicht nur helfen, das Privatkundengeschäft in Prag aufzubauen. So halte ich auch den Kontakt“, sagt der Niederländer. Das Firmenkundengeschäft berichtet zudem an die Mutter ING in Amsterdam. Angst, in der Ferne vergessen zu werden, hat der 43-Jährige deshalb nicht. Machen Manager gute Erfahrungen, können sie als Mutmacher positiv auf mobile Kollegen wirken. In der PwC-Studie hatten 40 Prozent der Befragten einen Mangel an weiblichen Vorbildern beklagt, die aufzeigen könnten, dass sich eine berufliche Auslandserfahrung positiv auf die persönliche Entwicklung und die Karriere auswirke. Mit ihrer neuen Arbeitsdirektorin Yvonne Rosslenbroich haben zumindest die Frauen bei Daimler Financial Services ein Top-Vorbild bekommen. Autorin: Eli Hamacher. 04 // 2017 87

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