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die Bank 04 // 2017

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ganz zu Unrecht wurde

ganz zu Unrecht wurde damals in der Branche die Frage aufgeworfen, ob es ausreichend ist, Dinge vor allem günstiger zu können. Neben den Kosten haben die FinTechs aber noch etwas mehr auf der Habenseite: Da ist vor allem ihre Struktur anzuführen. Sie schleppen nicht den komplizierten Apparat einer Bank mit sich herum. Meist sind sie angetreten, um eine ganz konkrete Aufgabenstellung zu lösen. Und das machen sie zum Teil ausgesprochen gut. Sie machen es obendrein auch schnell und günstig. Es ist daher wichtig, Banken und FinTechs nicht als Antipoden zu betrachten, sondern den Dialog zwischen ihnen zu fördern. Die Banken können von den Fin- Techs einiges lernen, etwa wie man sich fokussiert und Einzelthemenstellungen wesentlich schneller und effizienter lösen kann. Da müssen wir Banken ehrlich zugeben, dass diese Fähigkeiten bei uns, nicht zuletzt aufgrund der Komplexität der Anforderungen, oftmals zu kurz kommen. Auf der anderen Seite können auch die FinTechs von den Banken lernen. Beispielsweise wenn die Komplexität zunimmt und sie sich mit dem regulatorischen Umfeld näher auseinandersetzen müssen. Und dies ist spätestens dann der Fall, wenn sie tiefer in das Geschäft mit Finanzdienstleistungen einsteigen. Besser gesagt: wenn sie beginnen, sich breiter aufstellen. Beratung zum Beispiel lässt sich nicht ohne weiteres in Algorithmen packen. Aller Customer Intelligence zum Trotz kommen vor allem im Geschäft mit vermögenden Privatkunden noch zusätzliche Komponenten sehr untechnischer und höchst menschlicher Natur hinzu. Die Einschätzung des Kunden beispielsweise. Oder Vertrauen. Gerade wenn es darum geht, sich zu besprechen, bevor man Entscheidungen mit langfristiger Wirkung trifft. Und Vertrauen wiederum hat mit der Interaktion von Menschen und mit Erfahrung zu tun. Auch Erfahrung mit Kompexität, denn keine Bank kann sich auf eine einzelne isolierte Leistung zurückziehen. Und, was man auf keinen Fall unterschätzen darf: Die Banken bringen etablierte, wertvolle Marken mit, oder neudeutsch Brand Value. Diese Marken sind über Jahrzehnte, manchmal Jahrhunderte aufgebaut worden und tief im Markt verankert. Der Kunde entscheidet Mit ganz wenigen Ausnahmen interessieren sich unsere Kunden nicht für unsere jeweiligen Geschäftsmodelle. Unsere Kunden suchen Lösungen für ihre Bedarfe und sie wollen, dass ihnen geholfen wird. Diese Lösungen müssen wir ihnen in einer Art und Weise zugänglich machen, die ihren Lebensgewohnheiten entspricht und die mit möglichst wenigen Umständen verbunden ist. Was bedeutet das für das Private Banking? Es bedeutet, den veränderten Lebensgewohnheiten, oder neudeutsch dem User-Verhalten von Kunden Rechnung zu tragen, ohne bewährte Grundprinzipien der Kundenbetreuung aufzugeben. Für die Privatbanken heißt dies beispielsweise, sich endgültig von der Mär vom älteren Kunden, der nichts mit dem Internet zu tun haben möchte, zu verabschieden. Die Generation 60 plus (ja sogar 70 plus) kommuniziert mit Kindern und Enkeln über Skype, sie er- und versteigert auf Ebay, surft im Internet um die nächste Reise zu buchen, und bestellt über Amazon, um für manche Besorgungen nicht aus dem Haus zu gehen. Diese Generation erwartet selbstverständlich ein funktionierendes und unkompliziertes Online Banking, eine einfach zu bedienende Portfolio-App, einen elektronischen Postkorb oder aktuelle Informationen per Newsletter oder E-Mail. Mit weniger geben sich diese Kunden nicht zufrieden (ganz zu Recht übrigens). In den vergangenen zwei Jahrzehnten, also seit Beginn des Zeitalters der SB- Zonen und des Online Bankings, hat sich hier vieles gewandelt. Intuitiv bedienbare Oberflächen machen die Bedienung von Internetanwendungen einfacher und nehmen weniger technikaffinen Kunden die Scheu vor dem Ausprobieren. Tablets und Smartphones bestimmen den Alltag und sind nahezu überall dabei und einsetzbar: zuhause im Gartenstuhl ebenso wie aus dem ICE heraus. Omnikanal-Banking ist kein Substitut mehr, sondern eine Grundanforderung moderner Menschen, die völlig unabhängig von ihrem Alter ist. Im Gegenteil: Es ist die Altersklasse 50+, in der 50 04 // 2017

MARKT beispielsweise Facebook seine höchsten Zuwachsraten verzeichnet. Und wenn im Alter tatsächlich die Beweglichkeit nachlässt, wird die Möglichkeit, Bankgeschäfte von zuhause aus erledigen zu können, zur Notwendigkeit. Die Zukunft heißt Kooperation Alles, was hier ausgeführt wurde, führt auf eine engere Zusammenarbeit zwischen klassischen Privatbanken und rein digitalen Anbietern hin. Für einen klassischen Verdrängungswettbewerb zwischen Privatbanken und FinTechs weisen beide nach heutigem Stand zu große Bereiche auf, die sie nicht oder nicht gut genug abdecken können. Die ersten Zukäufe von Bankenseite haben wir gesehen. Ob dies der Königsweg ist, muss sich weisen. Tatsache ist jedoch, dass wir Banken das Know-how, mitunter auch den Spirit der FinTechs brauchen. Vermutlich sogar etwas mehr als umgekehrt. In den vor uns liegenden Jahren dürfte es daher eher darum gehen, intelligente Kooperationsmodelle zu finden. Sie sollen das so oft bemühte „Beste beider Welten“ verbinden und so zu zukunftsfähigen Instituten führen. Wenn die Traditionsmarken zukunftsfähig sein wollen, müssen sie sich als Marken auffrischen (was teilweise bereits geschieht) und ihre bestehenden Lücken in der Digitalisierung ihres Angebots über kluge Kooperationen mit Unternehmen aus der FinTech-Szene schließen. Dann hat klassisches Private Banking eine Zukunft, und die Privatbanken sind gut gerüstet für den Wettbewerb. FAZIT Der Wettbewerb im Private Banking wird für alle Marktteilnehmer härter. Viele mögen es vielleicht noch nicht zugeben, aber es wird eine weitere Konsolidierung im Markt geben. Die Herausforderung für das Private Banking liegt darin, sich an bereits bestehende und künftige Kundenanforderungen anpassen zu können, diese mit den Anforderungen der Regulation in effizienten Einklang zu bringen und diese auch als Wettbewerbschance zu verstehen. Ein nicht unwesentlicher Teil dieser Zukunft des Private Bankings werden auch die FinTechs sein, die über Kooperationen oder Integrationen ihre Stärke aus der Fokussiertheit ihrer Geschäftsmodelle bei den Banken einbringen können. Autoren: Michael Krume ist stv. Vorsitzender des Vorstands, Joachim Gorny ist Mitglied des Vorstands bei Merck Finck Privatbankiers AG. 04 // 2017 51

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