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die bank 04 // 2016

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT

ó BETRIEBSWIRTSCHAFT Aufholjagd in der Digitalisierung CORPORATE BANKING Die digitale Revolution zwingt die Banken dazu, ihre Vertriebsmodelle zu überprüfen sowie ihre Produkte und Leistungen zu digitalisieren. Im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit stand bisher überwiegend das Retail- und Private Banking, in dem Kunden bereits von einem breiten digitalen Angebot profitieren. Im Corporate Banking fehlen hingegen vielfach noch Ideen und geeignete Ansätze für ein integriertes Vorgehen für die Digitalisierung. Dass sich digitale Initiativen lohnen können, zeigt ein Blick auf die Aspekte Kundennutzen und Ertrags- bzw. Kosteneffekte. Raphael Pade | Daniel Bruch Keywords: Corporate Banking, Vertriebsprozesse, Vertriebssteuerung Die Geschichte des Corporate Banking in Deutschland ist eine Erfolgsgeschichte. Als unangefochtenes Zugpferd für Privatbanken, Sparkassen und Häuser aus dem genossenschaftlichen Sektor verzeichnete das Firmenkundensegment ein profitables Wachstum. Jene Banken, die die 3,2 Millionen Unternehmen dieses Kundensegments bedienen, haben ihre Erträge von 2008 bis 2015 um 9 auf rund 27 Mrd. € gesteigert. 1 Prozesseffizienz und Kostentransparenz hatten aufgrund der hohen Profitabilität, der langfristig orientierten Kundenbeziehung und der hohen Krisensicherheit des Geschäfts im Corporate Banking nicht immer oberste Priorität. Mit dem veränderten Zinsumfeld und neuen digitalen Möglichkeiten gewinnen diese beiden Aspekte jedoch mehr Aufmerksamkeit. Zudem beeinflussen die transparenter werdende Preisstruktur und die damit verbundene erstarkte Verhandlungsposition der Kunden die Kundenbeziehung sowie die Ertragsfähigkeit des Segments. Neue Anbieter – beispielsweise zur Abwicklung von Devisengeschäften – sowie alternative Finanzierungsmöglichkeiten über Kreditvergleichsoder Crowdfunding-Plattformen sind Beispiele dafür, dass die Erträge im Corporate Banking nicht nur zu schrumpfen drohen, sondern durch den dynamischen Wettbewerb möglicherweise vollständig erodieren können. Sechs Handlungsfelder Damit sie den Veränderungen im Zuge der Digitalisierung systematisch begegnen und sich zukunftsgerichtet aufstellen können, sollten Banken ihr bestehendes Vertriebsmodell und ihre Kundenstruktur jetzt im Hinblick auf digitale Entwicklungen kritisch überprüfen. Die Anforderungen der Kunden an Transparenz, Schnelligkeit, Erreichbarkeit und Einfachheit sind in den letzten Jahren stark gestiegen und müssen durch die Banken im direkten Kundenkontakt berücksichtigt werden. Im Markt sind unterschiedliche Reifegrade, Vorgehensweisen, Investitionsbudgets und Auswirkungen auf die Kunde-Bank- Beziehung zu beobachten. Ist eine allgemeingültige Best-Practice- Lösung für das digitale Corporate Banking in Sicht? Keineswegs. Jede einzelne Bank kann individuell und auf Basis einer umfassenden Analyse des eigenen Vertriebsmodells, des Kundenportfolios und der Zielkundenorientierung mögliche Weiterentwicklungen entdecken und dabei Kundennutzen und Effizienzpotenziale im Blick behalten. Die an sich komplexe Analyse lässt sich anhand der folgenden sechs Handlungsfelder auf wesentliche Aspekte 2 reduzieren, wie auch ” 1 zeigt. Datenbasierte Kundenanalyse Das Geschäftsmodell des Kunden zu verstehen und wesentliche Informationen über die Fundamentaldaten des Unternehmens und seiner handelnden Personen zu haben, sind große Erfolgsfaktoren im Corporate Banking. Neue Möglichkeiten, große Mengen vergangenheitsbezogener Daten (Big Data) schneller auszuwerten und mit der Zukunftsperspektive (Predictive Analytics) zu verbinden, bieten aus Sicht der Bank neue Vertriebsansätze. Das bloße Sammeln von Daten kann zu einem „intelligenten“ System weiterentwickelt werden, das automatisierte Vertriebs- und Anspracheimpulse für die Betreuung nutzt. Die Praxis zeigt, 52 diebank 04.2016

BETRIEBSWIRTSCHAFT ó dass zum Beispiel aus der Verknüpfung unterschiedlicher Datenquellen, wie interner CRM-Systeme und Informationsplattformen, potenzielle Bedarfsfelder ermittelt und mit Vorschlägen zu bestmöglichen Ansprachezeitpunkten verbunden werden können. Auch im Vorgehen zur Kundensegmentierung lassen sich neue digitale Analysewege gezielt zur Effizienzsteigerung einsetzen. Basierend auf Determinanten wie Umsatzgröße und Branche haben sich in der Vergangenheit Kundensegmente herausgebildet, die die Allokation bankinterner Ressourcen nicht kostenorientiert vornehmen. Durch die Etablierung mehrdimensionaler Performance-Indizes und Kundenkennzahlen wird das Handeln der Kunden vorhersehbarer. Vorreiter auf diesem Gebiet zeigen, dass es mittels einer ganzheitlichen 360-Grad-Analyse von Produkt- und Servicebedarf möglich ist, die bestehenden Ressourcen zielgerichteter einzusetzen, die bisherige Produktnutzung auszuweiten und so langfristig die Kundenbindung zu erhöhen. Darüber hinaus lassen sich weiterentwickelte CRM-Systeme und Segmentierungskriterien auch für eine effizientere Ansprache potenzieller neuer Kunden nutzen. Übergreifende Kriterien, wie beispielsweise Finanzierungsstruktur oder Auslandsaktivitäten, werden mit frei zugänglichen Daten mittels automatischer Prozesse mit bankeigenen Datenressourcen in Verbindung gebracht. Dies ermöglicht nicht nur die Etablierung eines systematischen Akquisitionsprozesses, sondern hilft zugleich, Doppelansprachen und ungenaue Beraterzuordnungen zu vermeiden. Betreuungsunabhängige Kontaktpunkte Die Digitalisierung bietet neue Optionen für ein interaktives Bankerlebnis für den Kunden, das über das eigentliche Produkt oder die Interaktion mit dem Kundenbetreuer hinausgeht. Einige Banken haben ihre Bankanwendungen bereits erfolgreich um zusätzliche Module erweitert und so zum Beispiel Basisprodukte mit Informationsangeboten verbunden. Denkbar wäre, auch Social-Media-Kanäle und Vernetzungsangebote der Bank wie Foren oder spezielle virtuelle Netzwerke einzubeziehen. Bei der Gestaltung von Veranstaltungen erhöhen interaktive und integrierte Elemente, beispielsweise in Social-Media- Kanälen, nicht nur die Kundenaufmerksamkeit im Vorfeld, sondern verlängern auch die Wirkung im Nachgang, z. B. durch Webcasts. Die in diesen Formaten gesammelten Informationen über die Kunden können – intelligent verknüpft mit spezifischen, betreuungsunabhängigen Angeboten der Bank – die bestehenden Werkzeuge und Methoden zur Kundenbindung sinnvoll ergänzen. 1 Zusatzservices 2.0 Durch eine bessere Vergleichbarkeit von Leistungen und Preisstrukturen über teils mobile Informationskanäle schrumpfen oder entfallen Erträge in den Kernprodukten und -dienstleistungen. Zudem erschwert das Vordringen neuer Wettbewerber aus dem Nicht-Banken-Bereich die Etablierung von echten Differenzierungsmerkmalen. Zur Entwicklung neuer Differenzierungsmerkmale bieten Zusatzservices gerade in den Bereichen Advisory, Wissensaustausch, Vernetzung und Informationsweitergabe hohe Potenziale. Im Zuge der Digitalisierung können Banken gezielt ihren Financial- Advisor-Status ausbauen und ihren Zugang zu branchen- und institutsspezifischem Finanz- und Spezialwissen zur Verfügung stellen. Dabei dienen Angebote mit minutengenauer und mobiler Information als Anker für das bestehende Vertriebsmodell. Optionen mit modularen und bepreisbaren Anwendungsangeboten sind jedoch institutsspezifisch zu prüfen. Aus Vertriebssicht bietet der Zugang zu umfangreichen Research-Daten der Bank die Möglichkeit, Neukunden auf sich aufmerksam zu machen und gegenüber Bestandskunden einen regelmäßigen Kontaktpunkt zu etablieren. Praxisbeispiele zeigen den erfolgreichen Aufbau von Informationsplattformen, die dem Firmenkunden einen Zugang zur umfangreichen Wissensbasis der Bank zur Verfügung stellen und dieses Wissen in einer weiteren Ausbaustufe sogar individualisiert in Form von Apps, Reports und Newslettern aufbereiten. Hierbei lässt sich durch eine Sechs Handlungsfelder für den digitalen Vertrieb im Corporate Banking Datenbasierte Kundenanalyse Betreuungsunabhängige Kontaktpunkte Wertschöpfung entlang der Spezialistenfunktionen Zusatzservices 2.0 Digitaler Vertrieb im Corporate Banking Digitale Kundenberater Digitale Prozesse und Steuerung 04.2016 diebank 53

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