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die bank 04 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó BANKING Banken

ó BANKING Banken mangelt es an Preis(durch)setzung PRICING POWER Preismanagement wird von vielen Banken immer noch nicht professionell umgesetzt. Insbesondere bei der Preisfestlegung und -durchsetzung hat die Finanzbranche starken Nachholbedarf. Das bestätigt erneut eine Sonderauswertung der Bankenindustrie einer globalen Studie zum Thema Pricing. 1 Demnach verfehlen 73 Prozent der befragten Banken ihre Margenziele wegen mangelnder Preisdurchsetzung – der höchste Wert im Branchenvergleich. Nicht viel besser sieht es bei den Zielmargen für Neuprodukte aus. Die Probleme sind meist hausgemacht. Zeit für eine kritische Selbstreflexion. Jens Baumgarten | Benjamin Wellstein | Georg Wübker Keywords: Preismanagement, Privatkundengeschäft In der diesjährigen globalen Pricing-Studie gaben etwa 1.600 Teilnehmer aus Unternehmen aller Branchen in mehr als 40 Ländern detailliert Auskunft zum Thema Preismanagement. Der besondere Schwerpunkt lag dieses Mal auf dem Thema Innovation. Die vorliegende Sonderanalyse der Antworten von rund 200 befragten Managern aus der Banken- und Finanzbranche zeichnet ein ernüchterndes Bild, vor allem was die Preisdurchsetzung von bestehenden Produkten angeht. 73 Prozent der befragten Bankmanager geben an, dass sie aufgrund von nicht umgesetzten Preiserhöhungen ihre Margen nicht verbessern konnten – das ist das schwächste Ergebnis aller Branchen. ” 1 Im Schnitt über alle Branchen ist es nur rund die Hälfte der Befragten. Dank fortschreitender Innovation und kurzen Produktlebenszyklen lassen sich dagegen höhere Preise im Elektronikbereich derzeit am besten durchsetzen (nur 29 Prozent der Befragten). Als Paradebeispiel ist hier sicherlich Apple zu nennen, das es mit einer klaren Positionierung als Lösungsanbieter und einer Systemgeschäft-Strategie geschafft hat, sehr hohe Preise im Markt durchzusetzen. Hoher Preisdruck bei Bestandsprodukten Das schlechte Abschneiden der Banken ist besonders alarmierend, wenn man die Lage bei den Zinserträgen betrachtet. Nach einer anhaltenden Phase mit niedrigen Zinsen sind es gerade Preisanpassungen im Provisionsgeschäft, die stabilisierend wirken sollten. Doch rund 60 Prozent der Befragten geben sogar an, sich derzeit in einem Preiskrieg zu befinden. 2 Was ist der Grund für dieses Ergebnis? Die Ursachen weisen einige branchenspezifische Besonderheiten auf. ” 2 73 Prozent der befragten Bankmanager sehen sich einem erhöhten Preisdruck ausgesetzt. Ganz oben stehen in erster Linie fünf Ursachen: ó Die Kunden sind besser über Preise informiert, ó die angebotene Produkte sind austauschbar, ó es herrscht Niedrigpreis-Wettbewerb, ó der regulatorische Druck (Preise werden von der Politik beeinflusst) sowie ó eine starke Preisverhandlungsposition von Kunden. Betrachtet man die Befragungsergebnisse der anderen Branchen, sind gut informierte Kunden, austauschbare Produkte (sog. Commodities) sowie der regulatorische Druck in der Bankenbranche ganz besonders ausgeprägt. Die Themen Niedrigpreis-Wettbewerber und Preisverhandlungsstärke von Kunden stehen ebenfalls oben auf der Agenda, sind aber gegenüber anderen Branchen weniger ausgeprägt. Dies ist nicht überraschend: Das Thema der Direktbanken ist nicht erst seit gestern auf der Tagesordnung. Im Finanzbereich können sich Kunden auch weniger zu Einkaufsgemeinschaften zusammenschließen. Für die nächsten Jahre ist allerdings wegen neuer Geschäftsmodelle wie z. B. Crowdfunding, mit einer stärker werdenden Preisverhandlungsposition von Kunden zu rechnen. Es gibt auch einige Parallelen zwischen der Konkurrenzsituation der Bankenbranche in Europa und jener von anderen klassischen Industrien wie dem Automobilbereich oder Maschinenbau. In beiden drängen stetig (neue) Wettbewerber mit ausgesprochenen Niedrigpreisstrategien in den Markt. Zum einen handelt es sich um Anbieter, die einzelne Nischen besetzen und über besonders innovative Angebote oder attraktive Konditionen Kunden gewinnen. So bietet die ICICI Bank (größte Privatbank Indiens) ihren deutschen Kunden aktuell 1,35 Prozent auf das Festgeldkonto (Stand Februar 2015, Laufzeit zwölf Monate). 30 diebank 4.2015

BANKING ó Zum anderen sind es aber auch bereits etablierte Anbieter, die mit „Kampfmarken“ auf die Eroberung von Marktanteilen abzielen. Sie können aufgrund ihrer Größe und Internationalität (globale Skaleneffekte) mit Kostenvorteilen reüssieren. Beispielsweise hat die BNP Paribas mit der neuen Hello bank! in Deutschland, Belgien, Frankeich und Italien das Ziel, 14 Millionen neue Kunden zu gewinnen. Neben diesen externen Faktoren zeigt die Studie aber vor allem ein zentrales internes Problem der Branche, das ausschlaggebend für die schlechten Ergebnisse ist. Denn Bankmanager stehen sich beim Thema Pricing oft selbst im Weg. Viele glauben, austauschbare Commodity-Produkte anzubieten, die rein nach Kosten- und Wettbewerbsgesichtspunkten aggressiv bepreist werden müssten. Das muss aber nicht sein: wertorientierte (Value Pricing) sowie verhaltensorientierte Ansätze (Behavioural Pricing) bieten enorme Verbesserungspotenziale. 3 Das heißt konkret: Die Branche sollte wieder verstärkt an den Mehrwerten für den Kunden arbeiten und diese dann auch entsprechend wertorientiert bepreisen. Dies gilt vor allem für Entwicklungsund Innovationsprozesse. Es ist ein Erfolgsfaktor von anderen Industrien, bereits frühzeitig bei Überarbeitungen des Produktportfolios den Preis mit zu betrachten. Aktuell erreichen nur 23 Prozent der Neuprodukte von Banken ihre Profit-Ziele. Ein Drittel der befragten Banken geben sogar an, bei keinem einzigen Neuprodukt die vorab gesteckten Gewinnziele erreichen zu können. Das ist eine der niedrigsten gemessenen Raten überhaupt. Zum Vergleich: Im Elektronikbereich finden sich 41 Prozent Zielerreichung und nur acht Prozent Flops. Die vorgestellten Ergebnisse sind Vergleiche zu anderen Industrien – global gesehen. Warum sind diese Ergebnisse gerade für europäische und deutsche Banken ein ernstes Problem? 1 Banken zeigen schlechteste Preisdurchsetzung Banken & Finanzdienstleister Energie Industrielle Dienstleistungen Versicherungen Handel Medizintechnik Papier & Verpackung Rohstoffe Baugewerbe Touristik Transport & Logistik Maschinenbau TIME Chemie Konsumgüter Pharmazie & Biotechnik Software Automobil Elektronik Keine Verbesserung der Marge wegen mangelnder Preisdurchsetzung 29 % 46 % 46 % 45 % 42 % 42 % 73 % 67 % 65 % 62 % 62 % 61 % 60 % 59 % 55 % 53 % 52 % 51 % 50 % Ø 54 % Provisionserträge im Niedrigzinsumfeld Die Umstellung auf SEPA zum 1. Februar 2014 hat weitere Barrieren zwischen den nationalen Finanzmärkten in der EU beseitigt. Es ist davon auszugehen, dass Kunden zunehmend in EU-Ländern außerhalb ihres Stammlands auf „Konditionenfang“ gehen werden. Infolgedessen kann angenommen werden, dass eine länderbezogene Preisdifferenzierung schwerer aufrechtzuerhalten sein wird – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Preisdurchsetzung. Europäische Kunden, die in verschiedenen Ländern leben und arbeiten bzw. ihr Vermögen gestreut investiert haben, kennen in der Regel die Konditionen ihrer Bank und fordern eine Anpassung auf das ihnen bekannte Niveau. Der Druck auf die Preise nimmt zu, wie auch die Bedeutung einer internationalen Perspektive im Preismanagement. Am Praxisbeispiel der Girokonten lässt sich dies besonders gut ablesen. ” 3 zeigt die durchschnittlichen jährlichen Kosten von privaten Girokonten in verschiedenen Ländern der EU sowie den USA. Überraschenderweise ist die Preisspreizung recht hoch. Mit durchschnittlich 253 € jährlich ist Italien ein absolut teures Pflaster für Girokontoinhaber. Das bedeutet aber auch, dass italienische Banken ihre Preise und damit Provisionserträge besser verteidigen konnten. In anderen Ländern haben Wettbewerb und Preisstrategien bzw. Preisentscheidungen von Bankmanagern zu deutlich niedrigeren Kontopreisen geführt. Zum Beispiel weisen die von der ING Group dominierten Niederlande (40 Prozent Marktanteil im Retail Banking) mit 46 € den günstigsten Kontopreis im Vergleich auf. Deutschland bewegt sich mit 89 € pro Jahr im Mittelfeld. Die heimischen Banken wären bei entsprechenden EU-Regularien, welche die günstigsten Länder als Maßstab nehmen würden, allerdings einer enormen Ertragsvernichtung ausgesetzt. Besonders vor dem Hintergrund von nunmehr langjährigen niedrigen Zinserträgen erhalten stabile Provisionserträge besondere Bedeutung. 4.2015 diebank 31

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