Aufrufe
vor 3 Jahren

die bank 03 // 2021

  • Text
  • Digitalisierung
  • Kundengelder
  • Markt
  • Digitalen
  • Mitarbeiter
  • Bitcoin
  • Digitale
  • Anforderungen
  • Unternehmen
  • Banken
die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG

REGULIERUNG Kreditinstitut] …, einer Zentralbank oder einem qualifizierten Geldmarktfonds zu verwahren, bis die Gelder zum vereinbarten Zweck verwendet werden. Der Kunde kann im Wege individueller Vertragsabrede hinsichtlich der Trennung der Kundengelder voneinander anderweitige Weisung erteilen, wenn er über den mit der Trennung der Kundengelder verfolgten Schutzweck informiert wurde.“ Die für das Wertpapiergeschäft zweckbestimmten Treuhandgelder bleiben im alleinigen Eigentum des Kunden, sie gehen nicht in das Vermögen des Instituts über und müssen in der Insolvenz des kontoführenden Instituts aus seiner Insolvenzmasse – ebenso wie sein Depotbestand – ausgesondert und dem Kunden außerhalb des laufenden Insolvenzverfahrens vollständig zurückgegeben werden (§ 47 InsO). Insofern entsprechen solche Konten den Anderkonten von Notaren, Rechtsanwälten etc. Der Kunde bekommt somit 100 Prozent seines dem Institut überlassenen Vermögens zurück, nicht nur eine Insolvenzquote von wenigen Prozent oder die maximal 100.000 € aus der staatlichen Einlagensicherung oder eine nicht gerichtlich durchsetzbare Zahlung einer freiwilligen Einlagensicherung. Die Geschäftsleitung eines Instituts, die insoweit ihre Treuhandpflichten 3 nicht erfüllt, weil sie die Konten nicht trennt, nicht als Treuhandkonten kennzeichnet und die Verwendung dieser Gelder zu eigenen oder fremden Zwecken nicht verhindert, läuft konkret Gefahr, persönlich nicht nur nach den Insolvenzstraftaten der §§ 283 Abs. 1 Nr. 4., 5; 283a Nr. 1.; 283b Abs. 1 Nr. 1., 2. StGB, sondern auch nach den allgemeinen Strafbestimmungen des StGB §§ 246 (Unterschlagung), 263 (Betrug) und 266 (Untreue) auch ohne Insolvenzverfahren belangt zu werden. Kundengelder nach § 84 Abs. 2 WpHG Ob eine Zweckbestimmung, die Kundengelder entstehen lässt, im konkreten Fall gegeben sein kann, entscheidet in Deutschland (nach oder analog §§ 366, 367 BGB) allein der Kunde, nicht das Einlageninstitut. Es sind objektive tatsächliche Anhaltspunkte dafür erforderlich. Nach außen nicht zumindest implizit kundgetane subjektive innere Willensrichtungen sind weder beim Kunden noch bei dem Institut, weder bei der Geschäftsleitung noch bei ihren Angestellten relevant. Wenn z. B. der Kunde dem Einlageninstitut zur Abwicklung seiner Wertpapierorders einen entsprechenden Geldbetrag mit dieser Zweckbestimmung auf seinem Girokonto bereitstellt, handelt es sich trotzdem nicht um eine Einlage, sondern um einem bestimmten Zweck dienende Kundengelder, die das Einlageninstitut nicht für sich selbst oder Dritte verwenden darf. Gleiches gilt auch für die Fälle, in denen der Kunde für die Abwicklung solcher Geschäfte ein gesondertes Geldkonto, ggf. auch nur ein Margin-Konto, bei dem Institut eingerichtet hat. In diesem Fall erhalten auch die darauf eingehenden Dividenden, Zinsen und Rückzahlungen, Margin-Rückflüsse etc. den Rechtscharakter als Kunden(treuhand)- gelder. Fraglich ist, ob das Einlageninstitut zur Vermeidung dieser für es selbst weitreichenden Folgen mit dem Kunden vereinbaren kann, dass alle von ihm kommenden und / oder an ihn gerichteten Gelder in jedem Fall Einlagen und daher keine Kundengelder seien. Es gilt, dass ein Institut von ihm (verwaltungs-)aufsichtsrechtlich zu erfüllende Vorgaben nicht durch zivilrechtlichen Vertrag mit dem Kunden abbedingen kann, wo dies im Aufsichtsrecht selbst nicht ausdrücklich zu gelassen ist. So bestimmt z. B. § 84 Abs. 2 S. 2 WpHG, dass der von seinem Institut hinreichend aufgeklärte Kunde einseitig die Erlaubnis zur Vermischung seiner eigenen Kundengelder mit Geldern weiterer Kunden erteilen kann. Dies schließt jedoch implizit eine Erlaubnis dahingehend aus, dass seine Kundengelder mit Geldern seines Instituts selbst vermischt werden, d. h., dass diese faktisch zu Einlagen werden. Zusätzlich besteht in diesem Fall die Beschränkung, dass diese Erlaubnis des Kunden nur gegenüber seinem direkten Vertragspartner erteilt werden kann, der im Regelungskontext aber nicht das kontoführende Einlageninstitut sein kann und ist. Mit dem ihm Kundengelder weiterleitenden dritten Institut muss das kontoführende Einlageninstitut klären, welche der Gelder dem Nicht-Einlageninstitut gehören oder zustehen und welche seinen Kunden. Die eigenen Gelder des weiterleitenden dritten Instituts kann das Einlageninstitut als Einlagen führen, dessen Kundengelder muss sie jedoch auf einem Kunden(treuhand)konto halten und führen, das der Single Officer des Einlageninstituts zu überwachen hat. Kundengelder in Institutsgruppen nach § 84 Abs. 3 WpHG Für Kundengelder-weiterleitende Nicht-Einlageninstitute und empfangende Einlageninstitute, die zur selben Unternehmensgruppe gehören, gelten weitere Einschränkungen. Nach § 84 Abs. 3 S. 1 WpHG darf das gruppenangehörige Nicht-Einlageninstitut nur maximal 20 Prozent all seiner Kundengelder an die Einlageninstitute seiner Gruppenunternehmen weiterleiten und von ihnen halten lassen. Diese Grenze gilt absolut und ungeachtet dessen, wie viele Einlageninstitute diese Gruppe hat. Die restlichen 80 Prozent seiner Kundengelder muss es dritten, gruppenfremden Instituten überlassen – risikoorientiert gegebenenfalls auch mehreren solcher Drittinstitute zugleich. 40 03 // 2021

REGULIERUNG Diese (Gesamt-)Obergrenze darf nur mit vorheriger Genehmigung der BaFin unter bestimmten Voraussetzungen überschritten werden. Es handelt sich um ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt zugunsten der BaFin: „Die Bundesanstalt kann dem Wertpapierdienstleistungsunternehmen auf Antrag erlauben, die Obergrenze nach Satz 1 zu überschreiten, wenn es nachweist, dass die gemäß Satz 1 geltende Anforderung angesichts der Art, des Umfangs und der Komplexität seiner Tätigkeit sowie angesichts der Sicherheit, die die Verwahrstellen nach Satz 1 bieten sowie angesichts des geringen Saldos an Kundengeldern, den das Wertpapierdienstleistungsunternehmen hält, unverhältnismäßig ist. Das Wertpapierdienstleistungsunternehmen überprüft die nach Satz 2 durchgeführte Bewertung jährlich und leitet der Bundesanstalt seine Ausgangsbewertung sowie die überprüften Bewertungen zur Prüfung zu.“ Die Sätze 1 und 2 des Erwägungsgrunds (13) der Delegierten Richtlinie fassen die dieser Anforderung zugrunde liegenden Ziele zusammen: „In order to ensure that client funds are adequately protected, as required by Article 16(9) of Directive 2014/65/EU, it is necessary to set a specific limit on the percentage of client funds that can be deposited at an intra-group credit institution. This should significantly reduce any potential conflicts with due diligence requirements and address the contagion risk inherent in depositing all client funds with a credit institution in the same group as the investment firm.” Es werden somit neben der Kontrolle des immer bestehenden quantitativen ‚concentration risk‘ zwei weitere Ziele anvisiert: Zum einen die Reduzierung von gruppeninternen „conflicts with due diligence requirements“, und zum anderen die Begrenzung des in Unternehmensgruppen zusätzlich entstehenden „contagion risk“, d. h. durch Konzernführung und -einbindung verursachte ökonomische Problemlagen des einen sollen sich nicht auf weitere Gruppenunternehmen übertragen oder sonst negativ auswirken können. Die detaillierten Erwägungen der ESMA für diese Konstellation finden sich schon in ihrem vor dem zuvor genannten Final Report publizierten Consultation Paper vom 22. Mai 2015. 4 Dort verweist ESMA in den Rn. 35 und 36 explizit auf die negativen Erfahrungen in den Insolvenzen in Bezug auf Lehman Brother International (Europe) im Jahr 2008. Nach diesen Zielen und den Vorgaben in § 84 Abs. 3 WpHG hat die BaFin diese spezifischen Risiken in Unternehmensgruppen ganzheitlich zu überwachen. Ähnliches gilt für den Single Officer. Da dieser jedoch – ausgenommen in den Fällen zulässiger Personalunion – nur für ein einzelnes Unternehmen ernannt wird, überwacht er formal immer nur sein eigenes Institut. Sonderstellung von Einlageninstituten? Ungeachtet dieser aufsichtsrechtlichen Ziele, der klaren Vorgaben in der Delegierten Richtlinie zu MiFID II sowie in den §§ 81 Abs. 5 und 84 Abs. 2 WpHG wird in Deutschland andauernd darüber gestritten, ob es in deutschen Instituten Kundengelder überhaupt geben könne: In Deutschland gebe es doch nur Einlagen. Zur Begründung wird regelmäßig auf den oben zitierten Art. 16 Abs. 9 der Richtlinie 2014/65/EU sowie § 84 Abs. 1 WpHG verwiesen: „Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, das nicht [!] über eine Erlaubnis für das Einlagengeschäft nach § 1 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 des Kreditwesengesetzes verfügt und das Gelder von Kunden hält, hat geeignete Vorkehrungen zu treffen, um die Rechte der Kunden zu schützen und zu verhindern, dass die Gelder des Kunden ohne dessen ausdrückliche Zustimmung für eigene Rechnung oder für Rechnung einer anderen Person verwendet werden.“ Aus beiden Formulierungen wird von vielen interessengerecht abgeleitet, dass Einlageninstitute nicht Adressaten der Regeln zum Schutz der Kundengelder seien und daher diese aufsichtsrechtlichen Anforderungen nicht einhalten müssten. Überlesen wird dabei, dass es sich in § 84 Abs. 1, auch i. V. m. Abs. 7, 9 WpHG nicht um eine Einschränkung, sondern um eine Ausdehnung des Adressatenkreises in Bezug auf die Pflichten zum Schutz der Kundengelder auf Nicht-Einlageninstitute handelt, die unter Auslassung des WpHG aus der Delegierten Richtlinie direkt durch § 10 Abs. 1, Abs. 4 Nr. 1., 3., 5., Abs. 5, Abs. 6 und 9 WpDVerOV in das deutsche Recht transformiert wurden. Unionsrechtlich ist das nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zulässig. § 10 WpDVerOV nennt entsprechend konsequent als Adressaten der in ihm vorgegebenen Pflichten eindeutig „Wertpapierdienstleistungsunternehmen“ (WpDU). Sowohl nach Art. 1 Abs. 3 lit (a) MiFID II als auch nach § 2 Abs. 10 WpHG fallen darunter auch Einlagen(kredit)- institute, sofern sie gegenüber ihren Kunden Wertpapierdienstleistungen allein oder zusammen mit Wertpapiernebendienstleistungen erbringen. Davon gibt es in Deutschland noch nicht einmal eine Handvoll Ausnahmen. Dieses systematisch ermittelte Ergebnis wird durch den Wortlaut des Art. 4 Abs. 1 der Delegierten Richtlinie bestätigt: “1. Member States shall require investment firms, on receiving any client funds, promptly to place those funds into one or more accounts opened with any of the following: … (b) a credit institution authorised in accordance with Directive 2013/36/EU of the European Parliament and of the Council; (c) a bank authorised in a third country; (d) a qualifying money market fund. The first subparagraph shall not apply to a credit institution au- 03 // 2021 41

die bank