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die bank 03 // 2020

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DEUTSCHLAND NACH DEM

DEUTSCHLAND NACH DEM BREXIT Jetzt braucht es Macher Auf den Amtssitz des britischen Premierministers in 10 Downing Street wurde der Countdown projiziert, bis am 31. Januar 2020, Mitternacht Brüsseler Zeit, der Brexit vollzogen war. Die Verhandlungen zu den künftigen Beziehungen sind angelaufen. Weitgehend ungeklärt sind allerdings die Regelungen zum Finanzsektor. London wird – auch im wohlverstandenen Interesse der EU – noch lange der führende Finanzplatz Europas bleiben. Das bedeutet aber nicht, dass der Austritt ohne Konsequenzen bliebe. Der Kuchen wird neu verteilt, und Deutschland sollte konsequent die Chancen nutzen, Frankfurt als führenden Finanzplatz der EU zu etablieren und gleichzeitig eine konstruktive Zusammenarbeit mit London und Paris anzustreben. 52 03 // 2020

Der britische Premierminister Boris Johnson hatte im Dezember 2019 mit seinem Wahlkampfslogan „Get Brexit done“ eine deutliche Parlamentsmehrheit für die Konservativen gewonnen. Dadurch wurde der gordische Knoten „Brexit“ durchtrennt und die Blockade im Parlament überwunden, die seit der Kündigung der EU-Mitgliedschaft durch die damalige Premierministerin Theresa May am 29. März 2017 das Bild der Welt vom Brexit bestimmte. Klar ist nun: Ein geordneter Brexit wurde vollzogen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Das Austrittsabkommen zwischen der neuen EU-27 und dem Vereinigten Königreich wurde im Januar ratifiziert; es überlässt allerdings alle Detailfragen künftiger Beziehungen dem auszuhandelnden weiteren Vertrag, der zum 1. Januar 2021 in Kraft treten soll. London als globales Finanzzentrum Dies gilt insbesondere für den Finanzsektor, denn im Austrittsabkommen findet sich keine Zeile dazu. Lange Zeit schien es so, als sei zum Beispiel Fischerei ein bedeutenderer Faktor für die Verhandlungen als die Finanzindustrie. Mitte Februar erwies sich diese Ansicht nach einem Paukenschlag als Irrtum. Nur zwei Tage vor seinem Rücktritt bezeichnete Schatzkanzler Sajid Javid in einem Beitrag für die Finanzpublikation City A.M. die Finanzindustrie – ob in den internationalen Zentren London und Edinburgh oder in regionalen Zentren, wie Leeds und Birmingham – als integralen Bestandteil des Vereinigten Königreichs. Die Finanzindustrie könne durch zusätzliche Arbeitsplätze, Innovationen, Investitionen und ihre Exportorientierung einen wichtigen Beitrag zum Ziel der Regierung leisten, das ganze Land voranzubringen. Sajid Javid beschrieb seine Vision für die Finanzindustrie in den kommenden Jahren als „a sector at the very heart of the UK’s new role in the world; at the vanguard of global financial markets; and delivering for citizens and the real economy at home”. London ist – neben New York – der global bedeutendste Finanzplatz und damit auch der führende Finanzplatz Europas. Seit dem sogenannten „Big Bang“ im Jahr 1986 hat London einen Vorsprung an Expertise, Wissen und Erfahrung gesammelt, der so schnell nicht aufzuholen sein wird. Laut der City of London trug der britische Finanzsektor in den zwölf Monaten bis März 2019 7,1 Prozent zur Wirtschaftsleistung des Landes bei und generierte mit über 75 Mrd. £ 10,5 Prozent des nationalen Steueraufkommens. Zudem entfielen gemäß der jüngsten Erhebung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich im April 2019 43 Prozent des globalen Devisenhandels auf London, auf die übrigen EU- Staaten zusammen lediglich 8 Prozent. Und auch in Geschäftsfeldern wie Derivatehandel, Hedgefonds, Mergers & Acquisitions ist London dominierend. Gemäß einer Übersicht von The CityUK entfielen auf London im Jahr 2019 weltweit 16 Prozent der grenzüberschreitenden Bankfinanzierungen sowie 13 Prozent des ausstehenden Volumens an internationalen Anleihen. Welche Bedeutung London für die Finanzindustrie der übrigen EU-Staaten hat, zeigt der Nettoexport. Das Vereinigte Königreich war 2018 global mit 82,7 Mrd. US-$ der größte Nettoexporteur von Finanzdienstleistungen – 40,5 Prozent bzw. rund 33,5 Mrd. US-$ entfielen dabei auf die EU-27. An dieser globalen Führungsrolle Londons wird sich kurzfristig wenig ändern, auch wenn EU-Regelungen spätestens nach Ablauf von Übergangsfristen, die bereits vorsorglich von den Aufsichtsbehörden eingeräumt wurden, das unmittelbare Geschäft mit Kunden in der EU deutlich einschränken werden. In drei Bereichen ist der Umbruch bereits jetzt unübersehbar. 03 // 2020 53

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