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die bank 03 // 2019

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG 1 |

DIGITALISIERUNG 1 | Darstellung eines Kundenlebenszyklus 1 Prospecting 2 Onboarding 3 Ongoing 4 Offboarding Quelle: AlixPartners. sogenannten Kundenlebenszyklus (Customer Life Cycle), bewährt. ÿ 1 Dieser beginnt mit der Zielkundenansprache (Prospecting), schreitet mit dem Eingehen einer Vertragsbeziehung und der Kundeneingliede- rung (Onboarding) fort, läuft kontinuierlich (Ongoing) über den gesamten aktiven Teil der Kundenbeziehung und endet schließlich mit der Beendigung der Kundenbeziehung (Offboarding). Während jedes dieser Zyklen generieren Kunden eine Vielzahl von Daten – sowohl im Mikrokosmos der einzelnen Kundenbeziehung als auch im Makrokosmos im Verhältnis zu anderen Kundenbeziehungen. Die strukturierte Auswertung der Daten und insbesondere die Analyse einzelner Informationspunkte (beispielsweise Personen oder Bankkonten) sind von großem Wert für Compliance-Funktionen. Wie bereits erläutert ist die Visualisierung von Big Data in Form eines Netzwerkdiagramms eine praktikable Möglichkeit für Kreditinstitute. Bereits während der Zielkundenansprache und anhand initialer Informationen kann über die Systematisierung von Sanktions-, PEPoder Adverse-Media- Kriterien eine Einwertung des Zielkunden in einem Netzwerk vorgenommen werden. Weist ein Zielkunde etwa ähnliche Eigenschaften wie ein bestimmter Bestandskunde auf, und ist der Bestandskunde einem bestimmten Risikocluster zugeordnet, so ist ein ähnliches Risiko für den Zielkunden wahrscheinlich. Die Auswertung solcher Big Data beziehungsweise die Darstellung des Verhältnisses zwischen einem Zielkunden und beispielsweise 100.000 Bestandskunden erfolgt benutzerfreundlich über ein visuelles Netzwerkdiagramm. Dies ermöglicht bereits im Vorfeld eine einfache Überprüfung des Zielkunden im Hinblick auf die Risikostrategie des Kreditinstituts. Während der Kundeneingliederung kann die initiale Einwertung konkretisiert und weiter validiert werden, sodass ein Kreditinstitut bereits zum Übergang in die laufende Kundenbeziehung ein Kundenrisiko mit einer hohen Wahrscheinlichkeit bestimmen und entsprechende Maßnahmen definieren kann. Gleichermaßen kann eine solche Risikoeinwertung auch ein unterdurchschnittliches Kundenrisiko validieren, das die laufenden Maßnahmen sowie die Ressourcenbelastung reduzieren. Auswertung erfolgt visuell Das Kundenverhalten kann dann über das visuelle Netzwerkdiagramm dynamisch dargestellt werden, wobei die Validität der Information mit jeder neuen Transaktion weiter steigt. Dargestellt werden kann eine Vielzahl verschiedener Informationen. Beispielsweise lässt sich der Transaktionsfluss eines Fokus- Kunden mit geldwäscherelevanten Bestandskunden hervorheben, oder man kann über Algorithmen das Verschieben von Geldern über mehrere Konten visualisieren. Die Auswertung erfolgt visuell und ermöglicht den kundenbetreuenden oder -kontrollierenden Funktionen damit eine zielgerichtete Möglichkeit, Typologien oder Muster im Gesamtkomplex zu überschauen. Ähnliches gilt für die Beendigung einer Kundenbeziehung, entweder initiiert durch das Kreditinstitut oder den Kunden selbst. Eine Kundenbeziehung, die in einer Nachbarschaft mit erhöhtem Kundenrisiko anzusiedeln war, sollte bei Beendigung gesondert beachtet und das Kundenverhalten analysiert werden, um inhärente Risiken zu adressieren. Mithilfe visueller Netzwerkdiagramme erhält eine Compliance-Funktion die Möglichkeit, eine Vielzahl von Informationen zu aggregieren, über den gesamten Kundenlebenszyklus hinweg Daten ganzheitlich auszuwerten und zu jedem Zeitpunkt eine Antwort auf die Frage „Wie gut kennen Sie Ihre Kunden?“ zu geben. Fall aus der Praxis Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, wie sich potenzielle Verletzungen regulatorischer Anforderungen sowie interner Richtlinien im Zu- 48 03 // 2019

DIGITALISIERUNG sammenhang mit Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Sanktionsumgehung sowie Korruption und Bestechlichkeit identifizieren lassen. Die Experten erhielten für die Durchführung einer bankinternen Untersuchung ein riesige Datenmenge, bestehend aus mehreren tausend Dokumenten und Millionen Transaktionen in über vierzig Ländern. Die Ergebnisse der Untersuchung sollten Aufsichtsbehörden in verschiedenen Jurisdiktionen zugänglich gemacht werden. Um diese Herausforderung zu lösen, haben sich die mit dem Fall betrauten Experten für die Anwendung visueller Netzwerkdiagramme entschieden. Dies geschah unter gleichzeitiger Einhaltung länderübergreifender Datenschutzbestimmungen und revisionssicherer Replizierbarkeit der Analysen. Zunächst wurde eine konsistente Datengrundlage für die Untersuchung geschaffen, sämtliche Datensätze wurden in ein Big Data Warehouse übertragen. Nachdem das Datenmodell verifiziert und inhaltlich getestet worden war, wurde ein Algorithmus auf den Datenbestand angewendet und in mehreren iterativen Zyklen verfeinert. Die Ergebnisse wurden sukzessive in ein visuelles Netzwerkdiagram übertragen, das dem Untersuchungsteam sowie dem Kreditinstitut dynamisch zugänglich war. Durch die Funktionsweise des Tools und die Darstellung risikoähnlicher Informationen in Nachbarschaften gelang es dem Team in kürzester Zeit, relevante Konten und Transaktionen zu identifizieren sowie potenzielle Verletzungen aufsichtsrechtlicher Vorgaben zu mitigieren. Insbesondere die konten- und kundenübergreifende Darstellung möglicher Verteilungen und Zusammensetzungen von Geldflüssen trug maßgeblich zur Risikomitigation und einem zielgerichteten Vorgehen bei. Durch die Verwendung der visuellen Netzwerkdiagramme konnte die interne Untersuchung schnell, effektiv und ressourcenschonend zur vollsten Zufriedenheit des beauftragenden Kreditinstituts durchgeführt werden. FAZIT Der Umgang mit Big Data und die Anwendungen von Techniken zur Auswertung und Analyse großer Datenmenge sind wesentliche Herausforderungen für die Zukunft von Kreditinstituten. Schon jetzt gibt es Möglichkeiten, den Umgang mit Big Data handhabbar zu machen. Die Visualisierung von Daten und Beziehungen in Netzwerkdiagrammen ist eine mächtige Big-Data- Technologie. Diese Technologie ist ein effizienter, effektiver und einfacher Ansatz, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Banken haben damit die Möglichkeit, ihre Risiken schneller und besser zu bewerten sowie zu steuern. Autoren Dr. Veit Bütterlin arbeitet als Director, Investigations, Disputes & Risk beim Beratungsunternehmen AlixPartners GmbH und unterstützt Kunden als forensischer Experte und als Compliance-Berater. Er nahm zudem Schlüsselrollen im Rahmen der Aufklärungen einiger der größten Wirtschaftskriminalitätsfälle Europas wahr und führte Ermittlungen in 20 Ländern durch. Dr. Filip Floegel ist Senior Vice President, Digital in der gleichen Firma und berät Kunden aus der Industrie und aus dem Bankenumfeld mit dem Fokus auf Data Analytics. Vor seiner Beratungstätigkeit war er mehrere Jahre als Quantenphysiker in der Wissenschaft tätig. Florian M. Haufe ist in der gleichen Firma als Consultant, Financial Advisory Services tätig. Er berät Finanzinstitute in kritischen Situationen bei der Verbesserung ihrer operativen Geschäftsabläufe sowie bei der Steigerung ihrer Compliance-Effektivität. 03 // 2019 49

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