Aufrufe
vor 6 Jahren

die bank 03 // 2016

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó IT & KOMMUNIKATION

ó IT & KOMMUNIKATION Anstrengungen und neue Investitionen auch in barer Münze aus, um in die Jahre gekommene Anwendungen nach sinnvollen geschäftlichen Kriterien zu konsolidieren und auf zeitgemäße Anforderungen hin neu auszurichten. Folgende Rahmenbedingungen wirken sich also auf die Applikationslandschaft aus: ó Immer kürzer werdende Entwicklungszyklen bewirken vermehrte Änderungen in der Softwareentwicklung, was eine agile Prozessmethodik begünstigt. ó Cloud-basierte Architekturen gewinnen an Bedeutung, die Anwendungsentwicklung erfolgt zunehmend direkt im Umfeld von Cloud-Umgebungen. ó Unternehmen lassen sich kaum mehr auf einen einzelnen Hersteller festlegen. ó Hinzu kommt der Trend zur Automatisierung; Entwicklung und Betrieb der Anwendungen wachsen weiter zusammen. Hier gilt es, die durch Schwachstellen in diesem Prozess entstehende Kluft (DevOps) rechtzeitig zu schließen und zu minimieren. Als weitere Treiber in Richtung einer umfassenden Application Transformation Roadmap fungieren rechtliche Anforderungen in Bezug auf die Compliance sowie IT-Sicherheit. Zahlreiche Altsysteme sind den Anforderungen kaum mehr gewachsen, bis hin zur nicht mehr revisionssicheren Dokumentation und Nachweispflicht gegenüber den Regulierungsbehörden. Parallel dazu stehen Legacy- Anwendungen auch der Gewinnung von Neukunden im Weg. In den Mittelpunkt rücken aus der geschäftlichen Perspektive heraus betrachtet auch mobile Endgeräte und Applikationen. Deshalb sollten sich neue Anwendungen (Apps) möglichst nahtlos in das Customer Relationship Management einfügen. An der strategischen Schnittstelle zwischen stationären und mobilen Anwendungen sind deshalb fachlich kompetente Lösungsanbieter gefordert. Gefragt ist ein maßgeschneidertes Lösungsportfolio, das die Neuentwicklung von Anwendungen ebenso umspannt wie den Fortbestand und die Transformation von Legacy-Anwendungen. Das Augenmerk für Banken und andere Finanzdienstleister liegt dabei auch auf der Einführung von Standardsoftware, um entsprechende Produktivitätsreservoirs möglichst vollständig auszuschöpfen. Ein wesentlicher Teil der betrieblichen IT-Budgets in der Bankenwelt und bei Versicherungen ist immer noch in Alt-Systemen gebunden, beispielsweise in Mainframe-basierten Applikationslandschaften mit hohem Wartungs- und Entwicklungsaufwand. Durch inflexible Architekturen verlängert sich die Markteinführung neuer Lösungen. Eine auf die lange Bank geschobene Innovationsagenda im Bereich von Legacy-Anwendungen verhindert eine signifikante Entlastung des IT-Budgets. Negativ hinzu tritt das ausschließlich an einzelne Gatekeeper angedockte Wissensreservoir, etwa im Bereich der klassischen Codeentwicklung, das sich kaum mehr reproduzieren lässt. Mit anderen Worten: Nicht mehr verfügbare menschliche „Informationsinseln“ infolge von Brain Drain treiben bei nicht rechtzeitigem Handeln die Folgekosten von unproduktiven Anwendungen weiter nach oben. Fazit Immer komplexere Vorhaben applikationsseitig in immer kürzerer Zeit erfolgreich zu implementieren und zu betreiben, erfordert ein hohes strategisches wie operatives Geschick. Auf der Liste der wichtigsten Technologien hat für viele Top-Entscheider das Application Lifecycle bzw. Portfolio Management bereits einen hohen Stellenwert, unmittelbar nach den Themen Data Quality und Master Data Management, Mobile Device Management und Enterprise Collaboration. Auf die Gewinnerseite rücken vor diesem Hintergrund die Unternehmen aus der Finanzbranche, die relevante Handlungsfelder in einem ganzheitlichen Gestaltungsansatz möglichst früh adressieren und technisch optimal ausschöpfen. Neben der intelligenten Datennutzung, mobilen Technologien sowie der technischen Bereitstellung von Social Collaboration gehört dazu vor allem ein umsichtig betriebener Umbau von althergebrachten Anwendungen zu einer auf modernen Serviceprinzipien fußenden Applikationslandschaft. Drei von vier befragten IT-Leitern 1 wollen in absehbarer Zeit mindestens ein Fünftel aller im Unternehmen vorhandenen IT-Applikationen aufgrund von überflüssigen Mehrfach-Funktionalitäten konsolidieren. Jede fünfte Anwendung in Unternehmen wird als gänzlich obsolet betrachtet. Die für das Kerngeschäft nicht erforderlichen Anwendungen sukzessive zu ersetzen, trägt somit zur deutlichen Entlastung der IT-Ressourcen bei. Eine ganzheitliche Applikationslandkarte verfolgt die Prämisse, eine fachübergreifende Datenlandkarte für alle Bereiche und Anwendungen zu institutionalisieren, ohne damit einhergehende „Schatten-IT“. Die neue Applikationslandkarte trägt so dazu bei, dass Fachabteilungen künftig nicht allein die Regie über die Anwendungen führen, ohne das Wissen und Zusammenspiel mit der IT. Nicht zu unterschätzen sind in diesem Kontext aber auch flankierende organisatorische Maßnahmen: Ein logistisches Steuergremium aus IT-Spezialisten und Fachbereichsleitern für die gesamte Applikationslandkarte sorgt dabei für die permanente Rückkoppelung und einen permanenten Monitoring-Kreislauf zwischen den Entscheidungsträgern. Dergestalt an neuralgischen Punkten im Unternehmen aufgestellt, lässt sich applikationsseitig ein Burn-out bereits im Vorfeld vermeiden, um so die Anzahl der inhärenten Projektrisiken deutlich zu reduzieren. ó 1 Capgemini, Befragung zu den „IT-Trends 2015“. 58 diebank 03.2016

IT & KOMMUNIKATION ó Eine ernsthafte Herausforderung DIGITALISIERUNG Mit ihren Apps, digitalen Kreditplattformen und Finanzprodukten sind die FinTechs nicht nur Innovationstreiber im Finanzsektor, sondern auch Herausforderer der etablierten Banken. Die Banken ihrerseits reagieren mit Digitalisierungsoffensiven. Wie der Wettbewerb ausgehen wird, lässt sich heute noch nicht absehen. Vieles spricht aber dafür, dass die These von der FinTech-Revolution zu hoch gegriffen ist. Eher zeichnet sich eine digitale Evolution ab, die zu einer dauerhaften Koexistenz von etablierten Finanzdienstleistern und FinTechs führt. Axel Wieandt Keywords: : FinTechs, Geschäftsmodelle, Strategie In Deutschland gibt es laut Branchenstudien rund 300 Start-ups in der Finanzbranche, fast täglich kommen neue hinzu. 1 Die Mehrheit der FinTechs schreibt noch Verluste. Traditionell konzentrieren sich FinTechs vor allem auf die Bereiche Darlehen, Einlagen, Investments und App-Lösungen für das Mobile Banking. In der jüngsten Zeit nimmt die Gründerszene aber auch das Firmenkundengeschäft, wie beispielsweise die Handelsfinanzierung, ins Visier. Begünstigt wird das Wachstum der FinTechs nicht nur durch den Ausbau der digitalen Technologien und Infrastruktur sowie das veränderte Kundenverhalten, sondern auch durch das aktuelle Niedrigzinsumfeld, das Anlagekunden nach Alternativen jenseits von Einlagen und Sparbüchern suchen lässt. Offene Fragen zum Verhältnis von FinTechs und etablierten Banken Doch auch wenn das Thema FinTechs eine breite öffentliche Aufmerksamkeit findet, werden grundlegende Fragen zur Digitalisierung der Finanzwelt im Allgemeinen und zum Verhältnis von etablierten Banken und FinTechs im Speziellen bislang nicht ausreichend beleuchtet. Vor allem die Fragen nach den Unterschieden von FinTechs und etablierten Banken, dem Wettbewerbsverhältnis und den Kriterien für Investments in FinTechs sind zu diskutieren. Differenzierung: Wie unterscheiden sich die Start-ups der Finanzbranche von etablierten Finanzdienstleistern? FinTechs unterscheiden sich von etablierten Finanzdienstleistern in mehrerlei Hinsicht: Im Gegensatz zu den etablierten Finanzdienstleistern, die sich im Nachgang zur Finanzkrise immer noch im Restrukturierungsmodus befinden, verfolgen FinTechs eine klare Wachstumsstrategie. In der Regel fokussieren sie sich auf die weniger regulierten Teile der Wertschöpfungsketten und gehen – falls aufsichtsrechtlich erforderlich – Kooperationen mit etablierten, regulierten Anbietern ein. Zudem sind die Geschäftsmodelle oftmals stärker auf den Kunden ausgerichtet, als die an Produkten orientierten Geschäftsmodelle der etablierten Wettbewerber. Während Letztere mit ihrer über Jahrzehnte gewachsenen IT-Infrastruktur und überdimensionierten Filialnetzwerken kämpfen, sind FinTechs für gewöhnlich wesentlich fokussierter und schlanker aufgestellt. Damit profitieren sie von größeren Skalenvorteilen und können aufgrund der geringeren Grenzkosten auch kleinere Losgrößen anbieten: Während sich beispielsweise Kredite unter 5.000 € in einer Filialbank kaum rechnen, können FinTechs diese kostendeckend anbieten. Das gleiche gilt für die Bilanzstrukturen: Die Geschäftsmodelle etablierter Finanzdienstleister sind in der Regel bilanzintensiver als die Geschäftsmodelle der jungen Herausforderer. Bestes Beispiel in diesem Zusammenhang ist der Siegeszug der Kreditmarktplätze, die nur noch zwischen Kreditnehmern und Investoren vermitteln, ohne selber eine Bilanz als Intermediär zur Verfügung zu stellen. Fin- Techs sind also tendenziell Asset Light und zielen mit reinen Online-Angeboten auf internetaffine Kunden ab. Die etablierten Wettbewerber müssen dagegen ihre Kunden, die primär den Kontakt über den Bankschalter, das Telefon oder E-Mail gewohnt sind, erst noch zur Umstellung auf Online-Tools bewegen. Mit anderen Worten: Der Online-Vertriebskanal ist einer von mehreren Vertriebskanälen und muss in ein Mehrkanal-Angebot integriert werden, wohingegen Fin- 03.2016 diebank 59

die bank