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die bank 03 // 2015

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

ó IT & KOMMUNIKATION

ó IT & KOMMUNIKATION Start-ups – ein hohes Vertrauen seitens der Kunden im Hinblick auf die angebotenen Finanzdienstleitungen (Bankkonto, Kreditkarten, Zahlungsverkehr usw.) und die Sicherheit der Prozesse und Systeme. Durch die direkte Kundenbeziehung und ihre Drehkreuzfunktion im Zahlungsverkehr als Ankerservice für Mobile Wallets haben Banken außerdem die Möglichkeit, sich selbst stärker als Anbieter digitaler Lösungen zu profilieren und tun dies teilweise auch schon (z. B. Fidor Bank, Fin- Tech Group AG, Consorsbank). Zudem bringen sie durch das Online Banking bereits existierende Registrierungs- und Authentisierungsmechanismen ein, die im Mobile-Wallet-Umfeld wiederverwendet werden können und so dem Verbraucher die Nutzung der Wallet vereinfachen. 6 Ein entscheidender Faktor liegt offenbar in der Struktur des nationalen Bankensystems. So ist es in anderen Ländern erkennbar einfacher als in Deutschland, innovativen Lösungen die erforderliche Masse zu geben und Standards zu setzen, da sich in der Regel nur einige wenige Großbanken einigen müssen. So bietet die Banco Bilbao Vizcaya Argentaria (BBVA) über Wizzo in Spanien an, Peerfl „Die fortschreitende Digitalisierung durchdringt unser Leben und unsere Arbeit mit Macht“, sagt Ulrich Dietz, CEO der GFT Group und Initiator von CODE_n. Markt und Endverbraucher Ob all die Innovationen und digitalen Lösungen letztlich vom Endverbraucher angenommen werden, steht auf einem ganz anderen Blatt. Ein gutes Beispiel: Mobile Payment. Gemäß einer aktuellen PwC- Studie liegt die Kundenbasis für mobile Bezahlsysteme in Deutschland derzeit bei etwa 176.000 Personen. 4 Das ist so verschwindend gering, dass Zahlungsverkehr via Handy auf absehbare Zeit kaum rentabel zu gestalten ist. Etliche augenscheinlich bahnbrechende Lösungen entpuppen sich schon nach kurzer Zeit als überflüssig oder werden vom Endverbraucher schlicht nicht gebraucht. In der Folge dürften etliche Innovationen schnell wieder verschwinden. Die PwC- Analysten rechnen damit, dass sich im Jahr 2020 die Zahl der Mobile-Payment- Anbieter von über 80 auf maximal fünf reduziert hat. Der Schlüssel für die Innovatoren, um in diesem umkämpften Markt zu überleben, besteht möglicherweise darin, sichere und vertrauenswürdige Service-Angebote zu entwickeln, die in einem virtuellen Geldbeutel zusammengefasst werden (Mobile Wallet), sodass Coupons, Tickets, Ausweise, Bonusund Treuekarten und weitere Services integriert werden können. Ausschließlich eine Lösung für die mobile Bezahlung zu bieten, ist jedenfalls kein Erfolg versprechendes Geschäftsmodell. Doch auch die Wallet hat es bislang nicht wirklich gebracht. Einige mobile Anwendungen wie Mobile Ticketing, Couponing oder Access sind heute schon gängig. Und auch kontaktloses Bezahlen über NFC-Chips ist bereits an rund 40.000 Standorten in Deutschland möglich. 5 Gleichsam fehlte der übergreifende und interagierende Schirm in Form der Mobile Wallet, um die Dienste mehrwertstiftend digital vorzuhalten und miteinander zu verknüpfen. Die für einen massenfähigen Markt benötigte Infrastruktur aus entsprechenden Smartphones und stationären Akzeptanzstellen ist bislang nicht vorhanden, sodass auch der flächendeckende Einsatz von Mobile Wallets nicht möglich ist. Das soll sich nun ändern, doch ohne die Banken dürften sich PayApp-Anwendungen kaum durchsetzen lassen. Mit ihren vorhandenen Zahlungsinfrastrukturen und -dienstleistungen können die Kreditinstitute einen wesentlichen Beitrag zur Digitalisierung leisten, denn sie genießen – anders als die meisten 62 diebank 3.2015

IT & KOMMUNIKATION ó to-Peer-Geld über das Handy zu senden oder kontaktlos zu bezahlen. Die Barclays Bank bietet mit Pingit in Großbritannien ebenfalls eine Bezahllösung über ein QR- Code-Scanning an. In Frankreich haben sich die Großbanken Société Générale, BNP Paribas und La Banque Postale zusammengeschlossen, um ihren Kunden gemeinsam eine Wallet (Paylib) zur Verfügung zu stellen. Die umfangreiche Ausrichtung auf die eigene Klientel und die Anbindung der Bank an eine Finanz-Community ist allerdings auch mit Risiken verbunden. So haben sich beispielsweise die Hoffnungen der Fidor Bank in die Börsennotiz nicht erfüllt. Ziel war es ursprünglich, dass die Kunden und Nutzer neben der Partizipation in der Community auch die Möglichkeit haben, am Kapital der Gesellschaft teilzuhaben. Mit deutlich weniger als 100 Streubesitz-Aktionären sowie nahezu ohne Handel in der Aktie musste dieses Ziel aber kürzlich wieder aufgegeben werden. In der Konsequenz wird die Unternehmensgruppe nun in eine Finanzholding umgewandelt und ein Delisting der Aktie der Fidor Bank AG betrieben. Durch die Neuausrichtung soll das Kapital signifikant gestärkt werden, um die sich abzeichnenden Wachstumsmöglichkeiten erfolgreich bedienen zu können. Aus Frankreich kommt hingegen das Konzept der BNP Paribas, die deutsche Consorsbank als neue Digitalbankmarke zu positionieren. Die Consorsbank soll den Wandel des Unternehmens vom 1994 gegründeten Online-Broker Cortal Consors hin zu einer digitalen Vollbank zum Ausdruck bringen. Dadurch wurde die Direktbank komplett in das Hello bank!-Modell von BNP Paribas integriert. Durch ein Co-Creation-Projekt wurde das Knowhow der eigenen Finanz-Community in neue, innovative Tools integriert. Dazu gehören Personal-Finance-Management- Lösungen, universelle Finanz-Apps und die Möglichkeit, sich über eine Crowdfunding-Plattform an innovativen Ideen zu beteiligen. „Die Digitalisierung hat unsere Lebensgewohnheiten massiv beeinflusst und verändert. Hierauf reagieren wir und übertragen die neuen Gewohnheiten und Selbstverständlichkeiten des digitalen Alltags auf die Art und Weise wie wir mit Geld umgehen“, erklärt Kai Friedrich, CEO der Consorsbank. Die strategische Ausrichtung erscheint auch deshalb nachvollziehbar, weil die Wahrnehmung der Digitalisierung in der Bevölkerung tendenziell positiv belegt ist. Gemäß einer Studie des Hightech-Verbands Bitkom sind fast zwei Drittel davon überzeugt, die Digitalisierung berge alles in allem mehr Chancen als Risiken. Mehr als vier von fünf Bundesbürgern sind der Ansicht, die Digitalisierung verändere Wirtschaft und Gesellschaft mindestens so stark wie die industrielle Revolution im 19. Jahrhundert. Da fügt sich trefflich ein, dass die österreichische Erste Group die digitale Revolution am Bankenmarkt sogar anführen will. Veränderungen, die durch neues Kundenverhalten und neue Technologien entstehen, könne man nicht einfach mit der Aufhübschung eines in die Jahre gekommenen Online Bankings begegnen, meint Peter Bosek, Privatkundenvorstand der Erste Bank. Digitalisierung bedeute viel mehr als zeitgemäßes Design. Deswegen will die Bank gestaltender Vorreiter sein, um nicht überholtes Opfer der Digitalisierung zu werden. Aus diesem Grund verfolgen die Österreicher eine Vision: das Leben mit intelligenter und mitwachsender Technologie zu erleichtern und Finanzdienstleistungen nicht nur einfacher, schneller und unkomplizierter zu machen, sondern ihr gleichzeitig Persönlichkeit zu verleihen. So glaubt die Erste Bank, eine Antwort auf die digitalen Marktveränderungen gefunden zu haben – und hat ihr einen Namen gegeben: George. Bei der Gestaltung der Benutzeroberfläche hat sich die Bank u. a. an Google und Facebook orientiert. Die Plattform, die als Ökosystem mit eigenen Plug-ins, vernetzten Apps und gestaltbaren Funktionen konzipiert ist, soll die Bank davor bewahren, von den Internetkonzernen und einigen FinTech-Start-ups demnächst auf die Rolle eines reinen Infrastrukturanbieters reduziert zu werden. George versteht sich als mitdenkendes und ständig wachsendes System, als eine intelligente und flexible Banking-Anwendung, die sich mit individuell kombinierbaren Elementen an ihre Kunden anpasst. Dieser kann sich über einen speziellen Plug-in-Store das eigene digitale Banking individuell erweitern und etwa die eigenen Kontodaten bei Fremdbanken in George integrieren oder die Suche der eigenen Kontohistorie individuell anpassen. Diese Zusatzangebote werden mit teils kostenpflichtigen Modulen erweitert. Als großen Pluspunkt wertet Bankenkenner und Blogger Ralf Keuper, dass die Kreditinstitute in Fragen des Datenschutzes von den Kunden nach wie vor als besonders vertrauenswürdig wahrgenommen werden. „Das ist ein Pfund, mit dem die Banken wuchern können“, so Keuper. Wie es aussieht, will die Erste ein eigenes digitales Ökosystem als Schutzwall gegen die neuen Herausforderer wie Apple, Google und Amazon aufbauen. Indem Netzwerk- und Ökosystem-Gedanken angewendet werden, lassen sich wichtige Erfahrungen über die Möglichkeiten und Grenzen dieser Organisationsform sammeln, die dem einzelnen Institut einen Vorsprung vor anderen Banken verschaffen. So lässt sich feststellen, welche Teile des Ökosystems auf Dauer eine Überlebenschance haben und welche nicht. ó 1 Hierzu u.a. Vodafone Institut für Gesellschaft und Kommunikation: Groundbreaking Journalism (2014). 2 Kaspersky Lab: Forecast for 2045 (2015). 3 Vgl. die Studie von Roland Berger Strategy Consultants: Industry 4.0 – The new industrial revolution How Europe will succeed (2014). 4 PwC: Mobile Payment in Deutschland 2020 – Marktpotenzial und Erfolgsfaktoren (2014). 5 Jetzt richtungsweisend Bitkom: Mobile Wallet-Leitfaden (2014). 6 Ebd. 3.2015 diebank 63

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