REGULIERUNG einem öffentlichen Angebot oder bei einer Zulassung zum Handel an einer Handelsplattform. Die Vorgaben wurden aber um kryptospezifische Punkte erweitert, beispielsweise um Informationen zu den wesentlichen Merkmalen des Kryptowerts, seinen Risiken oder der zugrunde liegenden Technologie. Diese Informationen müssen klar, fair und verständlich dargestellt werden. Die Anforderungen an die Angaben eines Whitepapers steigen, wenn es sich um wertreferenzierte Token handelt. Da die E-Geld-Richtlinie keine Whitepaper-Pflichten für E-Geld-Emissionen statuiert, wurde diese Pflicht in MiCAR aufgenommen. Allerdings müssen diese Whitepaper grundsätzlich nicht genehmigt werden, Emittenten benachrichtigen nur die zuständige Behörde ihres Herkunftsstaats spätestens 20 Arbeitstage vor Veröffentlichung des von ihnen erstellten Whitepapers. Marktmissbrauch MiCAR enthält auch Anforderungen zum Verbot und zur Verhinderung von Marktmissbrauch im Zusammenhang mit Kryptowerten. Diese Regeln verfolgen das Ziel, die Integrität der Märkte für Kryptowerte zu gewährleisten, und ähneln den bereits aus anderen europäischen Regelwerken bekannten Anforderungen, allen voran denen der EU- Marktmissbrauchsverordnung. Die Regeln sollen den Insiderhandel, die unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen und die Marktmanipulation im Hinblick auf Kryptowerte verhindern. Organisationspflichten und Haftung Eine weitere Neuerung betrifft die Haftung für Whitepaper bei Kryptowerten, die keine wertreferenzierten Token oder E-Geld-Token sind: Für falsche Angaben haften nicht nur der Emittent des Kryptowerts, sondern auch dessen Leitungsorgane. Daher wird bei diesen Token eine Außenhaftung begründet. Dies gilt nicht für wertreferenzierte Token, jedoch gelten für die Emittenten zahlreiche Wohlverhaltenspflichten: Sie müssen Interessenkonflikte vermeiden, Meldepflichten gegenüber der zuständigen Behörde bei Veränderungen in ihrem Leitungsorgan erfüllen und weitere Anforderungen zur Unternehmensführung, zu Eigenmitteln, Vermögenswertreserve zur Unterlegung wertreferenzierter Token und Verwahrung des Reservevermögens bedienen. Die organisatorischen Anforderungen an E-Geld-Token ergeben sich, wie dargestellt, nicht aus MiCAR direkt, denn diese Token dürfen ohnehin nur von Bank- oder E-Geld-Instituten emittiert werden. Bedeutung von MiCAR für Emittenten von Kryptowerten und Dienstleister Anbieter von Kryptowerten und Dienstleistungen werden künftig – abhängig von der Tokenart – erhebliche neue Anforderungen bedienen müssen. Dienstleister werden prüfen müssen, ob ihre Tätigkeiten künftig durch MiCAR geregelt werden. Dazu gehören: Z Verwahrung und Verwaltung von Kryptowerten für Dritte Z Betrieb einer Handelsplattform für Kryptowerte Z Tausch von Kryptowerten gegen Nominalgeldwährungen, die gesetzliches Zahlungsmittel sind Z Tausch von Kryptowerten gegen andere Kryptowerte Z Ausführung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte Z Platzierung von Kryptowerten Z Annahme und Übermittlung von Aufträgen über Kryptowerte für Dritte Z Beratung zu Kryptowerten Z Portfolioverwaltung für Kryptowerte. MiCAR sieht darüber hinaus besondere Anforderungen für sogenannte Significant Crypto-Asset Service Provider mit mehr als 15 Millionen Nutzern vor. Die Aufsicht obliegt zunächst den nationalen Aufsichtsbehörden. Besteht jedoch der Verdacht des Marktmissbrauchs oder bestehen Anzeichen für Gefahren für die Verbraucher, so kann die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) ihrerseits Aufsichtsmaßnahmen gegen den Krypto-Dienstleister ergreifen. Müssen neue Lizenzen beantragt werden? Lizenz- und Erlaubnispflichten richten sich nach der Art des zugrundeliegenden Tokens, grundsätzlich ist die Emission von Kryptowerten erlaubnisfrei. Strengere Anforderungen gelten für wertreferenzierte Token. Emittenten solcher Token benötigen für ein öffentliches Angebot sowie für die Zulassung zum Handel an einer Handelsplattform zusätzlich eine Erlaubnis (Art. 15 ff MiCAR). Eine Ausnahme besteht, wenn der Emittent bereits eine MiFID-II-Lizenz hält. Bei E-Geld-Token ist lediglich eine bestehende Lizenz als E-Geld-Institut oder Kreditinstitut erforderlich. Da MiCAR die E-Geld-Richtlinie nur um eine kryptospezifische Maßnahme ergänzen soll, ist dieser Schritt nur konsequent. Das Angebot und Erbringen von Krypto-Dienstleistungen erfordert grundsätzlich eine spezifische MiCAR-Erlaubnis per Dienstleistung. Das Verfahren zur Erteilung und zum Entzug ist in den Art. 53ff MiCAR geregelt und wird durch die zuständige nationale Behörde geführt, für Deutschland also die BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht). Bereits nach MiFID II zugelassene Kreditinstitute (Richtlinie 2013/36/EU) sind von der Lizenzpflicht für die Erbringung von Krypto-Dienstleistungen befreit. Dasselbe gilt für Wertpapierfirmen, die gemäß der Richtlinie 2014/65/EU die Zulassung besitzen, eine oder mehrere Wertpapierdienstleistungen im Sinne der genannten Richtlinie zu erbringen. Diese brauchen keine weitere Erlaubnis oder Lizenz, 70 02 | 2023
REGULIERUNG FAZIT UND AUSBLICK müssen allerdings die Aufnahme von Krypto-Dienstleistungen gegenüber der BaFin bekannt geben. Eine Ausnahme gilt auch hier für das Kryptoverwahrgeschäft nach KWG. Hierbei handelt es sich um einen nationalen Sonderweg: Die deutsche Erlaubnis zum Führen des Kryptoverwahrgeschäfts nach KWG hat keine Grundlage in MiFID II oder einer sonstigen europäischen Richtlinie. Für diese Finanzdienstleistungsinstitute besteht die oben beschriebene Erleichterung nicht, sie müssen eine reguläre Erlaubnis gemäß Art. 53ff MiCAR beantragen. Auswirkungen durch DORA DORA, die Verordnung zu operationaler Resilienz im Finanzsektor, ist seit 16. Januar 2023 anwendbar. Hierdurch soll eine solide und angemessene Cyber-Sicherheit im Finanzsektor gewährt werden, um die Resilienz der Finanzunternehmen gegen Bedrohungen der Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) zu erhöhen. Diese Anforderungen betreffen auch Anbieter von Krypto-Dienstleistungen. Die Maßnahmen umfassen eine Spezifizierung des Managements digitaler Risiken, die gründliche Prüfung von IKT-Systemen sowie neue Befugnisse für Finanzaufsichtsbehörden in Zusammenhang mit der Überwachung von IKT-Drittanbietern. Dies bedeutet unter anderem, dass Finanzunternehmen zukünftig verpflichtet sind, einen Managementprozess zur Überwachung und Protokollierung IKT-bezogener Vorfälle einzurichten und umzusetzen. Darüber hinaus sind Vorgehensweisen für eine Klassifizierung und Berichterstattung zu planen. Für eine digitale Betriebsstabilität müssen außerdem Programme für die Prüfung von Schwachstellen und Mängeln eingerichtet sowie Strategien zur Behebung erkannter Probleme erarbeitet werden. Die Regulierung des Markts wird für viele Teilnehmer neue Regulierungspflichten und erhebliche Haftungserweiterungen mit sich bringen. Damit geht ein nicht unerheblicher bürokratischer Aufwand einher. In den letzten Jahren haben sich allerdings bereits im durch MiFID II regulierten Kryptomarkt erfolgreiche White-Label-Banking- Ansätze etabliert. White Label Banking ist der Begriff für Infrastruktur und Leistungen – zur Verfügung gestellt und erbracht von einem Partner mit Banklizenz für einen Auftraggeber. Dadurch kann dieser gegenüber seinen Kunden wie eine Bank funktionieren, Finanzdienstleistungen in vollem Umfang anbieten und hierdurch die regulatorischen Anforderungen an Emittenten und Dienstleister ebenso erfüllen wie die Organisations- und Dokumentationspflichten. Da zugelassene Kreditinstitute unter den genannten Voraussetzungen auch MiCAR-relevante Leistungen erbringen können, kann davon ausgegangen werden, dass auch hier entsprechende Geschäftsmodelle angeboten werden. Dies wird auch kleineren Unternehmen und Start-ups erlauben, weiterhin an diesem Markt teilzunehmen. Es wird sich zeigen, ob die Regelungen künftig Anleger besser schützen, Krisen wie die FTX-Insolvenz vermeiden und gleichzeitig Finanzstabilität und Innovationsförderung innerhalb der Union und Expansion gewährleisten. Dabei ist noch mehr Bewegung im Markt: Weitere regulatorische EU-Initiativen werden das Kryptowerte-Ökosystem in Europa beeinflussen. Neben MiCAR wird das DLT Pilot Regime mit Bedingungen für den Erhalt einer Lizenz zum Betrieb eines Distributed-Ledger-Systems im Jahr 2023 in Kraft treten. Daneben ist auch die EU-Geldtransferverordnung im finalen Gesetzgebungsprozess, die neue Anforderungen zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung im Krypto- Sektor regelt. Aber auch in tatsächlicher Hinsicht bleibt es spannend: Der weltweite Anwendungsbereich und der Umstand, dass sich MiCAR in der Struktur an den Grundprinzipien des Financial Stability Board (FSB) orientiert, könnte dazu führen, dass MiCAR faktisch zu einem internationalen Standard wird, dem andere Länder folgen werden. Autoren Dr. Wolfgang Richter (Foto links), Ökonom und Rechtsanwalt, berät mit seiner umfassenden Expertise in Fragen der digitalen Transformation und in der Finanzbranche FinTech- Unternehmen, Banken- und Finanzinstitute, Investment-Management-Gesellschaften sowie Großunternehmen mit spezifischen Technologieanforderungen. RA Holger Schlüter LL.M. Eur. (Foto rechts) berät seit vielen Jahren (multi-)nationale Unternehmen in Fragen des Datenschutzrechts und der IT-Sicherheit, insbesondere mit Fokus auf Europarecht und der Nutzung neuer Technologien wie blockchainbasierter Anwendungen. Beide sind tätig für die gunnercooke Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Berlin. 02 | 2023 71
02 | 2023 REGULATORY ROADMAP 2023 S
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