REGULIERUNG formationen und bei der Regelung für Insiderlisten vorgesehen ist. Auch die Finanzmarktrichtlinie MiFID2 (Markets in Financial Instruments Directive II) soll angepasst werden. Die Sichtbarkeit von börsennotierten Unternehmen, insbesondere KMU, gegenüber Anlegern soll durch die Förderung von Investment- Research-Tätigkeiten verbessert werden. Der Schwellenwert für die Marktkapitalisierung von Unternehmen, unterhalb der eine Bündelung von Handelsausführungsgebühren und Research-Gebühren möglich ist, soll von 1 Mio. € auf 10 Mio. € angehoben werden. Zudem soll ein Rahmen für die Entwicklung solcher Research-Tätigkeiten geschaffen werden, die von Emittenten finanziert werden. Das Clearing-Paket enthält u. a. umfangreiche Änderungen an der EMIR (European Market Infrastructure Regulation), wie die Vereinfachung der aufsichtlichen Genehmigungsverfahren für zentrale Gegenparteien (CCPs), die neue Clearing-Dienste erbringen oder ihre Risikomodelle ändern wollen. Geplant ist zudem eine Erhöhung der Transparenz von Nachschussforderungen, damit Marktteilnehmer, einschließlich Energieunternehmen, besser in der Lage sind, Nachschussforderungen vorherzusehen. Auch sollen Marktteilnehmer, die einer Clearing-Pflicht unterliegen und bestimmte Arten von Derivatekontrakten wie Zinsausfallswaps oder Zinsderivate clearen, mindestens einen Teil dieser Kontrakte auf Konten bei einem EU-CCP clearen, um übermäßige Risikopositionen gegenüber CCPs in Drittländern zu reduzieren. Daneben hat die Kommission für den 3. Mai 2023 angekündigt, einen Vorschlag für die Retail-Investment-Strategie vorzulegen 1 , der die Rahmenbedingungen für Kleinanleger verbessern soll. So hat die Kommission z. B. erkennen lassen, dass sie ein Zuwendungsverbot im Rahmen der Anlageberatung einführen will. Auf nationaler Ebene ist laut BMF im Februar 2023 mit einem ersten Entwurf des sog. Zukunftsfinanzierungsgesetzes zu rechnen, das Maßnahmen zur verbesserten Finanzierung von Zukunftsinvestitionen und zur Erleichterung des Kapitalmarktzugangs für Unternehmen, insbesondere Start-ups, Wachstumsunternehmen und KMU beinhaltet. Das Gesetz soll neben finanzmarktrechtlichen Anpassungen eine Fortentwicklung des Gesellschaftsrechts sowie Verbesserungen der steuerrechtlichen Rahmenbedingungen vorsehen, mit dem Ziel, den Finanzmarkt Deutschland durch Digitalisierung, Entbürokratisierung und Internationalisierung attraktiver zu machen. Neben Erleichterungen bei den Börsenzulassungsanforderungen und Folgepflichten werden Verbesserungen der rechtlichen Rahmenbedingungen für moderne Transaktionsformen zur Erleichterung eines Börsengangs, wie z. B. der Verwendung von SPACS (Special Purpose Acquisition Company), angestrebt. Die Digitalisierung am Kapitalmarkt soll u. a. durch Ausweitung des Gesetzes über elektronische Wertpapiere erreicht werden, indem dieses für die Emission von Aktien geöffnet werden soll. Um die Rahmenbedingungen für die Gestaltung von Finanzinstrumenten zu verbessern, ist darüber hinaus angedacht, dass die BaFin künftig Muster für Standardverträge im Finanzdienstleistungsbereich zwischen professionellen Vertragsparteien anerkennen können soll, die dann nicht mehr der AGB-Kontrolle nach §§ 307ff. BGB unterliegen. Nach aktueller Planung könnte das Gesetzgebungsverfahren bereits im Sommer 2023 beendet sein. Kryptoassets und DLT-Regulierung Am 30. Mai 2022 wurde durch die Verabschiedung der Verordnung (EU) 2022/858, das sogenannte DLT Pilot Regime, etabliert. Die Verordnung gilt (mit einzelnen Ausnahmen) ab dem 23. März 2023. Mit Blick auf den aktuellen Trend der Tokenisierung von Finanzinstrumenten hat der Gesetzgeber damit eine experimentelle Pilot-Regelung für eine neue Kategorie von Marktteilnehmern geschaffen: auf Distributed-Ledger-Technologie basierende Marktinfrastrukturen, die DLT-Finanzinstrumente zum Handel zulassen und/oder solche abwickeln. Von einer Pilot-Regelung ist deshalb die Rede, weil es sich um vorläufige Regelungen handelt. Die DLT-Marktinfrastrukturen werden durch eine (unter bestimmten Bedingungen erteilte) besondere Genehmigung vorübergehend von einigen spezifischen Anforderungen der Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen ausgenommen (etwa MiFIR, MiFID2 oder CSDR), die die Betreiber ansonsten daran hindern könnten, Lösungen für den Handel und die Abwicklung von Transaktionen mit als Finanzinstrumente geltenden Kryptowerten zu entwickeln. So sollen die DLT-Marktinfrastrukturen „getestet“ werden, und die in diesem Rahmen gesammelten Erfahrungen sollen in einen Vorschlag für eine langfristige und gezielte Anpassung des Rechtsrahmens der Union einfließen. Betreiber von DLT-Marktinfrastrukturen können sich nach der Verordnung an die zuständige Behörde wenden und einen Antrag auf die Erteilung einer besonderen Genehmigung stellen. Diese ist dann für die Dauer der Pilot-Regelung in der gesamten Union gültig, also bis zu sechs Jahre. Die zuständigen Behörden sind die von den Mitgliedsstaaten dazu bestimmten nationalen Behörden. Die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA erstellt auf ihrer Website eine Liste mit allen derart erteilten Ausnahmegenehmigungen. Der Status als DLT-Marktinfrastruktur soll allerdings fakultativ sein und Finanzmarktinfrastrukturen wie Handelsplätze, Zentralverwahrer und zentrale Gegenparteien nicht daran hindern, im Einklang mit den bestehenden Rechtsvorschriften der Union über Finanzdienstleistungen Handels- und Nachhandelsdienstleistungen und -tätigkeiten für Kryptowerte zu entwickeln, die als Finanzinstrumente gelten oder auf der Distributed-Ledger-Technologie basieren. Das Programm läuft zunächst bis 2026 mit der Möglichkeit einer Verlängerung um weitere drei Jahre oder dauerhaften Umsetzung. Die Bestimmungen werden ausdrücklich als zeitlich befristet behandelt und sollen keinen Präzedenzwert für künftige Rechtsvorschriften darstellen. Am 15. Dezember 2022 hat die ESMA einen „Final Report“ inklusive Guidelines über die Anwendung und Ausübung einer auf Distributed- Ledger-Technologie basierenden Marktinfrastruktur veröffentlicht. Diese Guidelines sind ab dem 23. März 2023 gültig. Sie regeln Details zur Art und Weise der Beantragung einer Ausnahmegenehmigung nach dem DLT-Pilotregime. 56 02 | 2023
REGULIERUNG MiCA Ebenso wie DORA wurde auch der Entwurf der MiCA-Verordnung (Regulation on Markets in Crypto Assets) von der Kommission bereits 2020 im Rahmen der Digital-Finance-Strategie vorgestellt. Am 30. Juni 2022 haben der Rat und das EU-Parlament einen Kompromiss erzielt, sodass die Vorgaben mehr oder weniger als final zu betrachten sind. Das förmliche Annahmeverfahren steht jedoch noch aus und ist im 1. Quartal 2023 zu erwarten. Ziel der Verordnung ist die Regulierung von Kryptowerten, indem einheitliche Rahmenbedingungen für alle in der EU ansässigen Emittenten von Kryptowerten und Krypto-Dienstleister geschaffen werden. MiCA nimmt Kryptowerte aus dem Anwendungsbereich heraus, die bereits reguliert sind (z. B. als Finanzinstrumente im Sinne der MiFID2). Nach dem finalen Kompromissvorschlag sind auch sogenannte Nonfungible Tokens (NFTs) aus dem Anwendungsbereich der MiCA ausgeschlossen. Eine umfassende Regulierung ist insbesondere für Stablecoins vorgesehen, d. h. wertreferenzierte Tokens und E-Geld-Tokens, die beide eine Wertstabilität vorgeben, die durch andere Werte als Bezugsgrundlage erreicht werden soll. Neben Zulassungsvoraussetzungen bestehen insbesondere Vorgaben hinsichtlich der Reserve und des Rücktauschs der Stablecoins. So bedarf das öffentliche Angebot sowie die Zulassung von Stablecoins auf einer Handelsplattform einer Erlaubnis der zuständigen Aufsichtsbehörde. Nur in der EU niedergelassene juristische Personen oder Unternehmen können eine Zulassung beantragen. Für Kreditinstitute besteht eine Sonderregelung, nach der die Emission eines wertreferenzierten Tokens bei Vorliegen bestimmter Anforderungen keiner gesonderten Erlaubnis bedarf. E-Geld-Tokens dürfen hingegen grundsätzlich nur von einem Kreditinstitut oder einem E-Geld-Institut ausgegeben werden. Daneben ist für die Emission von Stablecoins grundsätzlich die Erstellung, Notifizierung und Veröffentlichung eines White Papers erforderlich. Relativ spät im Gesetzgebungsverfahren eingeführt wurde die Pflicht zur Offenlegung der wichtigsten negativen Umwelt- und Klimaauswirkungen des ausgegebenen Tokens. Diese Informationen müssen von Krypto-Anbietern im White Paper aufgenommen und von Krypto- Dienstleistern auf ihrer Website veröffentlicht werden. Auch sieht MiCA u. a. Rücktauschrechte für Inhaber von wertreferenzierten Tokens und E-Geld-Tokens vor, einen Ausgabestopp, wenn der Handel mit dem betroffenen Token 1 Mio. Transaktionen oder 200 Mio. € Handelsvolumen pro Tag übersteigt, sowie die Pflicht zum Halten einer Vermögenswertreserve für Emittenten von wertreferenzierten Tokens und signifikanten E-Geld-Tokens, wobei Vorgaben für deren Zusammensetzung, Verwaltung, Verwahrung und Anlage bestehen. Krypto-Verwahrstellen müssen u. a. ein Verzeichnis der im Namen jedes Kunden eröffneten Position, die Rechte an Kryptowerten verleiht, führen. Daneben müssen sie sicherstellen, dass sie die Bestände an Krypto-Vermögenswerten ihrer Kunden von ihren eigenen Beständen trennen. Während die Regeln für die Ausgabe von Stablecoins bereits zwölf Monate nach Inkrafttreten gelten, sind die restlichen Vorschriften der MiCA erst 18 Monate nach Inkrafttreten und damit nicht vor Mitte 2024 anwendbar. Die EZB hat bereits ihre Besorgnis über das Fehlen gleicher Wettbewerbsbedingungen geäußert und auf die bevorstehende Notwendigkeit einer Harmonisierung in den EU-Mitgliedsstaaten bis zur vollständigen Anwendbarkeit der MiCA hingewiesen. Sofortzahlungen (Instant Payments) Im Bereich Echtzeitüberweisung (Instant Payments oder Sofortzahlungen) ist im neuen Jahr Bewegung zu erwarten. Nachdem die Kommission am 26. Oktober 2022 einen Gesetzesentwurf zur Reformierung der SEPA-Verordnung sowie der Verordnung über grenzüberschreitende Zahlungen eingebracht hatte, konnten Interessenverbände bis zum 5. Januar 2023 Stellungnahmen zu dem Vorschlag bei der Kommission einreichen. Echtzeitüberweisungen stellen eine andere Modalität der Zahlung als die herkömmliche Überweisung dar. Während die Standardüberweisung während der Geschäftszeiten und mit ei- 02 | 2023 57
02 | 2023 REGULATORY ROADMAP 2023 S
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