REGULIERUNG 1 | Berücksichtigung von ESG-Risiken im Kreditprozess (Firmenkunden) Angaben in Prozent Bereits umgesetzt Geplant Nich geplant Kreditentscheidung SI LSI 31 65 59 29 10 6 Pricing SI LSI 5 29 62 59 33 12 Bewertung von Sicherheiten SI LSI 5 25 57 44 38 31 Kreditüberwachung SI LSI 16 53 60 29 25 18 SI: LSI: Significant Institution Less Significant Institution Quelle: Eigene Darstellung der Autoren. Abweichungen der Summen von 100 Prozent sind bei allen Grafiken aufgrund von Rundungen möglich. worten zeigen, dass der Umgang mit ESG-Risiken maßgeblich durch die Art des Instituts (SI vs. LSI) beeinflusst wird. (Vgl. dazu die Abb. ÿ 1) SIs berücksichtigen bereits heute in allen Prozessschritten ESG-Risiken deutlich häufiger als LSIs, die mehrheitlich noch in einer Planungsphase sind. Während 65 Prozent der SIs angeben, ESG-Risiken im Rahmen der Kreditentscheidung zu berücksichtigen, haben erst 31 Prozent der LSIs eine Umsetzung im Kontext der Kreditentscheidung vollzogen. Zwischen 25 und 38 Prozent der LSIs haben ferner (noch) gar nicht geplant, ESG-Risiken in Pricing, Sicherheitenbewertung oder Kreditüberwachung zu berücksichtigen. Angesichts der regulatorischen Anforderungen zeigt sich insofern vor allem für LSIs deutlicher Handlungsbedarf, geplante Projekte umzusetzen bzw. die Planung für weitere Maßnahmen anzustoßen. In der Abbildung ÿ 2 ist die Umsetzung der Maßnahmen über alle Institute in einem „ESG-Readiness-Index“ zusammengefasst. Dazu wurden die Antworten zu den vier Prozessschritten gewichtet aggregiert, wobei die Kreditentscheidung als wesentliches Element ein Gewicht von 50 Prozent und die anderen drei Prozessschritte jeweils ein Gewicht von 16,67 Prozent erhalten haben. Der Index wird auf einer von 0 bis 100 Prozent normierten Skala angegeben, wobei ein Wert von 100 Prozent eine vollständige Berücksichtigung von ESG-Risiken in allen vier Prozessschritten bei allen befragten Instituten impliziert. Ferner wird zwischen Ist- und Plan-Readiness differenziert, wobei die Plan-Readiness sowohl die bereits umgesetzten als auch die geplanten Maßnahmen berücksichtigt. Die Indizes zeigen zum einen die noch bestehende deutliche Lücke zur maximal möglichen Umsetzung (100 Prozent) sowie zum anderen die erheblichen Unterschiede im Umsetzungsstand zwischen SIs und LSIs. Während erstere bereits (gewichtet) 50 Prozent der Maßnahmen umgesetzt haben, sind es bei letzteren erst 20 Prozent. Die Plan-Readiness zeigt jedoch, dass LSIs ein ähnliches Niveau erreichen wollen wie die größeren Wettbewerber. Berücksichtigt man auch die geplanten Maßnahmen, so steigt der ESG-Readiness-Index von 50 auf 87 Prozent für SIs sowie von 20 auf 79 Prozent für LSIs. Der Vorsprung der SIs kann neben Skaleneffekten auch durch regulatorische Unterschiede erklärt werden: So sind die maßgeblichen Vorgaben der EBA-Leitlinien zur Kreditvergabe und Überwachung für SIs bereits seit 2021 anzuwenden, während LSIs noch auf die finale Umsetzung in den MaRisk warten konnten. Ferner hat die EZB für SIs bereits in ihrem „Leitfaden zu Klima- und Umweltrisiken“ aus dem Mai 2020 die Berücksichtigung von ESG- Risiken während des gesamten Kreditgewährungsprozesses sowie im Rahmen der Überwachung des Kreditportfolios gefordert. Priorisierung der ESG-Analysen Sowohl die EBA-Leitlinien für die Kreditvergabe und Überwachung wie auch das Merkblatt der BaFin zum Umgang mit Nachhaltigkeitsrisiken erwähnen die Möglichkeit der Priorisierung relevanter Engagements mittels Heat Maps sowie die Option der Beschrän- 44 02 | 2023
REGULIERUNG 2 | ESG-Readiness-Index SI LSI 20 50 Ist-Readiness Quelle: Eigene Darstellung der Autoren. kung der Analyse auf Ebene von Portfolios. Vor diesem Hintergrund geben 71 Prozent der Institute an, ESG-Risiken auf die Ebene von Einzelengagements zu untersuchen – allerdings erfolgt dies nur bei 31 Prozent ohne vorherige Priorisierung. Die restlichen 40 Prozent priorisieren vor der Prüfung entweder nach Risikogehalt des Engagements (28 Prozent) oder führen Analysen auf der Ebene einzelner Engagements nur für Sektoren mit erhöhten ESG-Risiken durch (12 Prozent). Die verbleibenden 29 Prozent der Institute betrachten lediglich die Sektoroder Portfolioebene (20 Prozent), differenzieren das Vorgehen nach Unternehmensgröße oder führen noch keine Analysen durch. Methoden und Systeme zur Bewertung von ESG-Risiken Die Abbildung ÿ 3 zeigt die von den teilnehmenden Instituten eingesetzten Methoden zur Bewertung von ESG-Risiken. Angesichts des allgemein größeren Fortschritts der SIs war zu erwarten, dass diese auch bei der Umsetzung 79 87 Plan-Readiness von Methoden der Berücksichtigung von ESG- Risiken weiter fortgeschritten sind als die LSIs. In beiden Gruppen sind qualitative Analysen, z. B. im Rahmen der Analyse des Geschäftsmodells (67 Prozent für SI bzw. 31 Prozent für LSI) sowie Negativlisten für bestimmte Branchen und Geschäftsmodelle (63 Prozent für SI bzw. 38 Prozent für LSI) am weitesten verbreitet. Aufwendigere quantitative Klassifizierungen, die aus Performance-Indikatoren einen ESG-Score bzw. ein ESG-Rating ermitteln, werden derzeit erst von 38 Prozent (SI) bzw. 17 Prozent (LSI) der Institute genannt. Cashflow- bzw. Szenariomodelle kommen nur bei 13 Prozent (SI) bzw. 8 Prozent (LSI) der Institute zum Einsatz. Aggregiert setzen die Institute aktuell im Durchschnitt erst 1,1 der erfragten vier Methoden ein, mit einem Fokus auf qualitative Komponenten – wie der Analyse des Geschäftsmodells – oder Negativlisten für definierte Branchen oder Geschäftsmodelle. Der Methodenaufbau ist allerdings noch nicht abgeschlossen. Werden die heutigen Pläne umgesetzt, wollen SIs durchschnittlich 3,1 Methoden und LSIs 2,7 Methoden einsetzen. Der größte Teil des Unterschieds (0,3 von 0,4) wird durch eine geringere geplante Nutzung der qualitativen Verfahren durch die LSIs erklärt. Quantitative Klassifizierungen werden in Zukunft erheblich an Bedeutung gewinnen: 87 Prozent der SIs und 79 Prozent der LSIs planen, derartige Klassifizierungen vorzunehmen. Der hohe Stellenwert könnte potenziell die Entwicklung quantitativer Klassifizierungen zu einem aufsichtlichen „Marktstandard“ bewirken. Die eingesetzten Systeme zur quantitativen ESG-Klassifizierung sind dabei überwiegend Eigenentwicklungen des Finanzverbunds (knapp 50 Prozent) bzw. der Institute (30 Pro- 02 | 2023 45
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