REGULIERUNG VON DER KLIMA- ZUR UMWELTTAXONOMIE Taxonomie-Anwendung verlangt von Banken komplett neue Prozesse Die regulatorischen Anforderungen rund um die EU-Taxonomie für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten verlangen dem Finanzsektor bereits heute einiges ab. Wurden bislang nur klimatische Aspekte als nachhaltig berücksichtigt, steht nun die Erweiterung auf sämtliche Umweltaspekte bevor. Was bedeutet diese Ausweitung für Finanzunternehmen? Wird die erweiterte Umwelttaxonomie zu ähnlich hohen Aufwendungen im Reporting und der Offenlegung führen wie die bisherige Klimataxonomie? 02 | 2023
REGULIERUNG 1 | Übersicht und Wechselwirkungen der Umweltziele drei bis sechs Water & Marine Biodiversity & Ecosystems Ecological Status Physical Status Chemical Status Pollution Terrestrial Freshwater Marine Water Land Air Reduces pressures Circular Economy Quelle: PSF-Entwurf vom 30. März 2022, Seite 25. Herzstück der Sustainable-Finance- Agenda der EU ist die EU-Taxonomie, die anhand von sechs Zielen nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten identifiziert. Spezifische Kriterien wurden bislang jedoch nur für die ersten beiden Ziele definiert, die sich auf Klimaaspekte beschränken, weshalb auch von einer „Klimataxonomie“ 1 gesprochen wird. Im Jahr 2022 veröffentlichte die EU-Expertengruppe „Platform on Sustainable Finance“ (PSF) weitere Entwurfe technischer Bewertungskriterien und stellte darin die restlichen Umweltziele drei bis sechs der EU-Taxonomie in den Fokus. Die Entwürfe der PSF bildeten bereits in der Vergangenheit die Grundlage für die Taxonomie-Regulierungen der EU-Kommission und geben Anwendenden der EU-Taxonomie eine besonders relevante Indikation für die kommenden Ergänzungen. Zugleich deckt die Umweltperspektive ebenfalls nur einen Teil der umfassenden Pläne der EU bezüglich einer ganzheitlichen Nachhaltigkeit ab. Sie ist im Kontext einer sich stetig weiterentwickelnden Taxonomielandschaft zu betrachten, die neben der zentralen Klima- und Umwelttaxonomie auch das Vorhaben einer analog strukturierten Sozialtaxonomie sowie einer Transitionstaxonomie umfasst. Auch die Sozial- und die Transitionstaxonomie orientieren sich im Aufbau an der Klimataxonomie und sollen dabei jeweils definieren, welche wirtschaftlichen Aktivitäten sozial nachhaltig sind oder dem Übergang zu einer ökologisch nachhaltigen Wirtschaft Vorschub leisten. 2 Die Transitionstaxonomie soll Maßnahmen identifizieren, die den Wandel von nicht nachhaltiger Wirtschaftstätigkeit zu mehr Nachhaltigkeit unterstützen. Diese Projekte befinden sich im Gegensatz zur Umwelttaxonomie erst in einem frühen Entwicklungsstadium. Genese der Umwelttaxonomie Im Rahmen der Verordnung EU 2020/852 (EU-Taxonomie) aus dem Jahr 2020 wurde erstmals regulatorisch definiert, welche Bedingungen eine Wirtschaftstätigkeit erfüllen muss, um als ökologisch nachhaltig eingestuft zu werden – um also „taxonomiekonform“ zu sein. Für eine Prüfung auf Taxonomiekonformität kommen nur solche Tätigkeiten infrage, die von der EU-Kommission als „taxonomiefähig“ eingestuft werden. Eine taxonomiefähige Wirtschaftstätigkeit muss drei Bedingungen erfüllen, um als taxonomiekonform klassifiziert zu werden (Art. 3 EU-Taxonomie): Z Z Z Die Tätigkeit muss einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung mindestens eines Umweltziels der EU-Taxonomie leisten (Significant Impact). Weiterhin darf die Tätigkeit kein anderes Umweltziel erheblich beeinträchtigen (Do Not Significant Harm). Zuletzt muss die entsprechende Tätigkeit einen sozialen Mindestschutz gewährleisten, also bis zu einem gewissen Grad auch sozial nachhaltig sein (Minimum Safeguards). Auf jeder Ebene dieses zu durchlaufenden Prüfungsprozesses bedarf es konkreter Prüfkriterien, die insbesondere eine Nachhaltigkeitseinstufung für umweltschädliche Aktivitäten verhindern. Ende 2020 veröffentlichte die PSF die Kriterien für die Taxonomiekonformitätsprüfung der ersten beiden Ziele der EU-Taxonomie, die über die delegierte Verordnung EU 2021/2139 zu großen Teilen unverändert rechtskräftig wurden. Die Verordnung definiert Kriterien für die technische Taxonomiekonformitätsprüfung der Ziele 1) Kampf gegen den Klimawandel und 2) Anpassung an den Klimawandel. Mit der angestrebten Komplementierung der EU-Taxonomielandschaft wurde die PSF 02 | 2023 37
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