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die bank 02 // 2021

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

DIGITALISIERUNG Was

DIGITALISIERUNG Was liegt in der Wallet? Wallets speichern die privaten Schlüssel ab, über die Kunden auf ihre Kryptowerte zugreifen. Anders als bei einem Depot liegen digitale Assets oder deren Abbilder selbst nicht in der Wallet, sondern innerhalb eines digitalen Netzwerks und sind zum Beispiel in einer Blockchain dokumentiert. Wer den Anbieter seiner Wallet wechseln möchte, bekommt deshalb die gleichen Vermögenswerte wie zuvor angezeigt, ohne dass diese etwa von einer Lagerstelle in die andere verschoben werden müssten. Ob Kunden diese neue Verwahrform akzeptieren, hängt jedoch auch davon ab, wie stark sie gezwungen sind, sich umzugewöhnen. Die Banken müssen deshalb genau überlegen, wie sie die Wallets zugänglich machen. Je vertrauter das Bild, desto besser. Darum dürften viele Lösungen darauf hinauslaufen, die Wallet zusätzlich zu Anlagekonto und Depot anzuzeigen, wenn sich Kunden in das Mobile- oder Online Banking einloggen. Technisch ließe sich diese Methode in die vorhandene Infrastruktur der genossenschaftlichen Finanzgruppe durchaus integrieren. Schlüssel zu verwahren, setzt maßgeblich eine sichere Infrastruktur voraus, um zu vermeiden, dass Unbefugte auf die digitalen Assets zugreifen. Hinzu kommt auch, dass die Kunden heute schon gewohnt sind, an verschiedenen Handelsplätzen zu agieren. Auf digitale Assets übertragen heißt das, als Bank nicht nur mehrere Handelsplätze, sondern auch entsprechend unterschiedliche Netzwerke zur Abwicklung anzubinden und mit den dort jeweils verwendeten Protokollen arbeiten zu können. Ohne diese Interoperabilität bliebe das verfügbare Angebot beschränkt und die damit verbundenen Dienste ließen sich kaum skalieren. Neben der gesamthaften infrastrukturellen Betrachtung gilt es, auch die Lizensierung im Blick zu haben. Finanzinstitute, die ihren Kunden anbieten, Kryptowerte beziehungsweise die dazugehörigen Schlüssel zu verwalten, 60 02 // 2021

DIGITALISIERUNG 1 | DLT-fähiges Schema für einen erweiterten OTC-Vertrag „Settled to Market” Einheitliche Bewertung Bewertungsmodell Parametrisierung Terminierungsgebühr Eine tägliche Buchung Netting: Collateral- und Derivate-Cashflows Vorzeitige Terminierung Tägliche Vorfinanzierung Quelle: DZ Bank. müssen der BaFin detailliert nachweisen, wie sie den entsprechenden Sicherheitsaspekten Rechnung tragen. Digitale Finanzprodukte emittieren Werte zu tokenisieren erlaubt aber nicht nur, non-bankable Assets handelbar zu machen und digital zu verwalten. Digitale Finanzprodukte auf einem DLT-Netzwerk zu emittieren, lohnt sich möglicherweise auch bei klassischen Finanzprodukten wie Anleihen, Zertifikaten oder Anteilsscheinen, aber auch für OTC-Produkte wie etwa Commercial Papers, Schuldscheine oder Swaps. Banken sprechen damit sowohl auf privater wie auf institutioneller Seite eine große Bandbreite von Kunden an, bis hin zu Asset Managern. Wie ein solcher Prozess praktisch aussehen kann, lässt sich am Beispiel des ersten Security Token Offerings (STO) veranschaulichen. 2019 hat die BaFin erlaubt, in einer speziellen Ausprägung ein digitales Wertpapier auszugeben. Statt auf dem herkömmlichen Weg eines Initial Public Offering (IPO) an die Börse zu gehen, hat sich das Start-up Bitbond, das über eine Plattform Kredite an Unternehmen vermittelt, entschieden, Investoren über ein Security Token Offering (STO) quasi virtuell zu beteiligen. Wenn die rechtlichen Rahmenbedingungen weiter detailliert werden und damit der Raum für eine breitere Nutzung regulierter Angebote geschaffen wird, könnte auch der graue Markt schnell an Bedeutung verlieren. Smart Contracts einführen Noch mehr lässt sich aus den Tokens herausholen, wenn Banken voll ausschöpfen, was die DLT zu bieten hat. Dazu zählen insbesondere Smart Contracts. Vereinfacht ausgedrückt, handelt es sich bei Smart Contracts um programmierbare Skripte, die vorab definierte Regeln und Abläufe festlegen. Sie erlauben, Tokens bestimmte Eigenschaften zuzuschreiben und so den Lebenszyklus eines Finanzprodukts vollständig abzubilden. Wer zu den erlaubten Eigentümern gehört, lässt sich ebenso vorgeben wie automatisch ausgezahlte Erträge oder eine selbstständige Rückzahlung bei Endfälligkeit. Smart Contracts ermöglichen zudem, über sogenannte Oracles externe Anstöße zu verarbeiten, etwa das aktuelle Zinsniveau oder bereitgestellte Marktdaten. Das lässt sich auch nutzen, um OTC-Derivate leichter abzuwickeln. Beide Vertragspartner stimmen etwa ein gemeinsames Bewertungsmodell ab, das sie über einen Smart Contract direkt ins Derivat hineinschreiben und mit festgelegten Marktdatensets speisen. Das smarte Derivat kann seinen Marktwert fortan selbst bestimmen und die sich daraus ergebenen Verrechnungen (Netting) eigenständig ausführen. Dieses Vorgehen macht die bislang gängigen Abläufe obsolet, nach denen beide Vertragspartner unabhängig voneinander ausrechnen, welche Cashflows sich sowohl aus dem Derivat selbst als auch aus den gesetzlich vorgeschriebenen Sicherheiten (Collaterals) ergeben. Durch die Zusammenlegung von Produkt- und Collateral-Cashflows lassen sich in einem sogenannten Settled-to-Market-besicherten Derivat Erfüllungs- und Ausfallrisiken erheblich reduzieren, was sich entsprechend positiv auf die Risikohinterlegung auswirkt. ÿ 1 Die DZ Bank pilotiert das beschriebene Verfahren derzeit an einem Zins-Swap. Daneben ist sie als Gründungsinstitut an Finledger beteiligt, einer Plattform, die taggleich und vor allem papierlos Schuldscheindarlehen auf der Blockchain abwickelt. 02 // 2021 61

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