DIGITALISIERUNG TOKENISIERUNG Von digitalen Finanzprodukten zu einer neuen Marktinfrastruktur Weltweit verfügen alle privaten Haushalte zusammen über ein Vermögen von mehr als 360 Bill. US-$, rechnet die Credit Suisse im Global Wealth Report für 2019 vor. 30 bis 40 Prozent dieser Assets sind aber nicht liquide, wie Immobilien, Oldtimer oder Kunstsammlungen. Sie lassen sich nur eingeschränkt veräußern und gelten deshalb als „non-bankable“. In der Distributed- Ledger-Technologie (DLT) steckt die Kraft, das zu ändern. Der Reiz für die Banken dürfte jedoch woanders liegen. Die DLT erlaubt, non-bankable Assets in digitale Tokens aufzuteilen und dezentral zu verwalten. Ein wertvolles Gemälde, das beispielsweise auf einer Auktion 1 Mio. US-$ erlöst, lässt sich etwa auf eine Million einzeln handelbare Tokens zum Nennwert von jeweils 1 US-$ übertragen. Wer welchen Anteil an einem Vermögenswert besitzt, ergibt sich daraus, wem der passende Schlüssel gehört, dem diese Tokens zugeordnet sind. Tokenisierung auf den Kapitalmärkten bedeutet also, einen Vermögenswert wie eine Aktie oder einen Schuldschein inklusive der in einem solchen Wert enthaltenen Rechte und Pflichten vollständig digital abzubilden. Neben solchen Security- oder Anlage- Tokens, die beteiligungsrechtliche oder schuldrechtliche Forderungen verbriefen, existieren noch weitere Klassen. Utility Tokens stellen eine Art Türöffner dar, der dazu 58 02 // 2021
DIGITALISIERUNG berechtigt, eine bestimmte Leistung oder eine Infrastruktur zu nutzen. Payment Tokens dagegen dienen vor allem dazu, Leistungen digital zu bezahlen. Bitcoin oder die vor kurzem von einem Konsortium rund um Facebook vorgestellte Kryptowährung Diem (vormals Libra) gehören in diese Kategorie. Die genaue Taxonomie von Tokens ist jedoch alles andere als in Stein gemeißelt. Sie entwickelt sich ständig weiter. Jenseits von Bitcoin spricht die Bundesregierung von der „Token- Ökonomie“ und konsultiert bereits den Gesetzentwurf, um elektronische und explizit auch Krypto-Wertpapiere zu regulieren. Setzt sich dies durch, entfällt das Urkundenerfordernis, das bis heute gilt. Wertpapiere basieren dann auf einem Eintrag in einer digitalen Datenbank. Zwar ist der Weg dahin noch weit, doch die wesentlichen Leitplanken nehmen Form an. Das gilt nicht nur für die Initiativen der Bundesregierung, sondern auch für die der Europäischen Kommission, die sich mit einem Paket zur Digitalisierung des Finanzsektors beschäftigt. Digitale Assets verwalten Die Banken müssen sich also darauf einstellen, dass sich die technische Grundlage ihres Geschäfts in den nächsten Jahren verändern wird. Anders als bisher bedeutet das, private Schlüssel zu verwalten, die den Eigentümer eines innerhalb digitaler Netzwerke abgelegten Assets bestimmen. Das ist deshalb besonders wichtig, weil sich die Verbraucher nicht damit beschäftigen wollen, wie sie ihre Schlüssel sicher verwahren und in welchem Netzwerk welches Finanzprodukt gespeichert ist. Viel eher dürften Banken damit beginnen, eigene Services für Wallets (vgl. Kasten) anzubieten, in denen wie bei einem Schlüsselbund alle diese Zugänge hängen. Das erleichtert Kunden, ihre digitalen Assets zu überblicken. 02 // 2021 59
NR. 2 2021 ZEITSCHRIFT FÜR BANKPOL
EDITORIAL » Banken brauchen ausrei
58 Tokenisierung Weltweit verfügen
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