REFERENZZINSSÄTZE Die Ära des LIBOR geht zu Ende Der Übergang vom US-$ LIBOR zu einem alternativen Zinssatz steht seit mindestens Juli 2017 weltweit im Fokus der Regulierungsbehörden und Marktteilnehmer. Mit Blick auf die hohen Kontraktvolumina ist ein reibungsloser Übergang elementar wichtig, um Marktverzerrungen zu vermeiden. In den USA wurde die Secured Overnight Financing Rate (SOFR) als bevorzugte Alternative gewählt. Angesichts der Bedeutung der Umstellung beleuchtet unser Autor diesen Prozess und die verbleibenden Hürden. 54 02 // 2021
REGULIERUNG Der US-$ LIBOR dürfte, trotz einer gewissen Unsicherheit unter den Marktteilnehmern, bis zum Jahresende 2021 weiterhin veröffentlicht und danach ersetzt werden. Die britische Finanz-Aufsichtsbehörde (Financial Conduct Authority, FCA) hat darauf hingewiesen, dass sie bis zum Jahresende 2020 entscheiden wird, den US-$ LIBOR nicht als repräsentativ für Fremdkapitalkosten einzustufen. Dies würde den LIBOR-Zeitrahmen wohl nicht verändern, aber dem Markt Gewissheit über die endgültige Ablösung dieses Referenzzinssatzes verschaffen. Obwohl die Einführung des SOFR in den USA die Einführung des alternativen Sterling Overnight Index Average (SONIA) in Großbritannien hinauszögert, herrscht Zuversicht, dass der Übergang vom LIBOR zum SOFR planmäßig verläuft und bis zum 31. Dezember 2021 vollständig abgeschlossen sein wird. Ungewiss bleibt der Übergang hingegen für manche LIBOR-Alttransaktionen. Verwendung des SOFR-Zinssatzes bei Barmitteln Es ist davon auszugehen, dass sich die Aktivitäten bei SOFR-Derivaten (Swaps und Futures) vor dem Hintergrund der kürzlich erfolgten Umstellung der Diskontierungsmethode der Legacy-Swaps von Fed Funds auf SOFR in naher Zukunft beschleunigen werden. Laut dem Branchenverband International Swaps and Derivatives Association (ISDA) bezogen sich im Oktober etwa 10 Prozent des Handels mit US- $-Zinsderivaten auf SOFR – gegenüber mehr als 40 Prozent in Großbritannien, die sich auf SONIA bezogen. ÿ 1 Trotz der voraussichtlichen Abschaffung des LIBOR in weniger als 13 Monaten werden weiterhin Finanzprodukte auf LIBOR-Basis ausgegeben. Bislang hat der Markt für Unternehmensanleihen andere Handelsplätze dazu veranlasst, den SOFR-Zinssatz zu übernehmen, wobei seit 2018 Emissionen in Höhe von fast 800 Mrd. US-$ begeben wurden. Im Vergleich dazu wurden im gleichen Zeitraum weniger als 9 Mrd. US-$ in verbrieften Produkten auf SOFR-Basis emittiert. Bei den Firmendarlehen ist der Rückstand mit bisher nur vereinzelten SOFR-basierten Transaktionen sogar noch größer. ÿ 2 Am Markt für strukturierte Produkte in den USA waren bisher – abgesehen von der Anwendung von SOFR-Zinssätzen für staatlich geförderte Unternehmen (GSE) bei Einzel- und Portfolioverbriefungen – SOFR-basierte Emissionen nicht möglich. Stattdessen stützten sich die Handelsteilnehmer weiterhin auf US-$-LIBOR -Transaktionen mit klar definierten Rückgriffsklauseln. Ein wesentlicher Teil der Ablehnung SOFRbasierter Emissionen beruht möglicherweise auf der Unfähigkeit, sich auf eine Standardverwendung eines SOFR-Zinssatzes (Tagesgeldsatz) zur Berechnung eines Kupons für eine längere Laufzeit (z. B. ein oder drei Monate) zu einigen. Der Markt wird wahrscheinlich zu einem vereinfachten Vorausberechnungsmodell („Compounded-in-Advance“) tendieren, bis eine SOFR-Laufzeitenkurve vom Alternative Reference Rate Committee gebilligt wird. Unzureichende Auffangregelungen bei älteren LIBOR-Transaktionen Leider fehlen bei Transaktionen mit Barguthaben auf LIBOR-Basis, die vor 2019 ausgegeben wurden, oft die notwendigen Ausweichbestimmungen, um die Gegenparteien anzuweisen, nach dem Auslaufen des LIBOR einen variabel verzinslichen Kupon festzulegen. Im Jahr 2019 löste der Ausschuss für Alternative Referenzzinssätze (Alternative Reference Rates Com- 02 // 2021 55
NR. 2 2021 ZEITSCHRIFT FÜR BANKPOL
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