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die bank 02 // 2021

die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG den

REGULIERUNG den aufgeführt sind, fallen zweifellos in ihre Verantwortung. Der praktische Schwerpunkt liegt im Depotgeschäft nach WpHG und KAGB, einschließlich der es konkretisierenden Pflichten in der Delegierten Verordnung (EU) 2017/565, insbesondere auch in den Informationspflichten nach Art. 47 Absatz 1 lit. g) und Art. 49. Aber auch die Überwachung des Umgangs des Instituts mit Finanzsicherheiten in Form der Vollrechtsübertragung, mit Wertpapierleihen und Repos sowie Kundengeldern im Wertpapiergeschäft allgemein gehören dazu. Mögliche persönliche Sanktionsrisiken Die Anzahl der Sanktionsnormen sowie die Höhe, die Art und der Umfang der möglichen verwaltungs- 8 , bußgeld- 9 und strafrechtlichen 10 Sanktionen sind nicht nur durch Mi- FID II deutlich gestiegen. Diese grundsätzliche Tendenz gilt für alle aufsichtsrechtlichen Themenbereiche. Ferner ist zu beachten, dass nicht nur aktives rechtswidriges Handeln sanktioniert werden kann, sondern auch ein pflichtwidriges Unterlassen, d. h. auch ein Untätigbleiben, wo ein Handeln (z. B. durch regelmäßige Überwachungen des operativen Geschäfts) erforderlich gewesen wäre. Dies gilt für jede der drei Verteidigungslinien und natürlich auch für die Geschäftsleitung selbst. Den Single Officer persönlich können aufgrund seiner funktionsbedingten Überwachungs- und Schutzpflichten für Kundenfinanzinstrumente und -gelder (strafrechtliche Garantenpflicht) bei schuldhafter Verletzung dieser Pflichten strafrechtliche Sanktionen treffen. Daher ist für ihn eine D & O-Police sinnvoll. Diese persönliche Gefahr sollen folgende Leitsätze des Bundesgerichtshofs in Strafsachen vom 17. Juli 2009 - Az. 5 StR 394/08 (BSR) illustrieren, die eine Verurteilung in einem Fall unzureichender Corporate Compliance betrifft: Z „Die Übernahme von Überwachungs- und Schutzpflichten kann auch durch Dienstvertrag erfolgen. Dabei reicht der bloße Vertragsschluss nicht aus; maßgebend für die Begründung einer Garantenstellung ist die tatsächliche Übernahme des Pflichtenkreises. Hinzutreten muss regelmäßig ein besonderes Vertrauensverhältnis, das den Übertragenden [Geschäftsleitung] gerade dazu veranlasst, dem Verpflichteten [Single Officer] besondere Schutzpflichten zu überantworten. Z Für Inhalt und Umfang der Garantenpflicht kommt es entscheidend auf die Zielrichtung der Beauftragung an, also darauf, ob sich die Pflichtenstellung des Beauftragten allein darin erschöpft, die unternehmensinternen Prozesse zu optimieren und gegen das Unternehmen gerichtete Pflichtverstöße aufzudecken und zu verhindern, oder ob der Beauftragte auch vom Unternehmen ausgehende Rechtsverstöße [so beim Single Officer] zu beanstanden und zu unterbinden hat (sog. Corporate Compliance). Z Beauftragte, denen die Corporate Compliance anvertraut ist, wird regelmäßig strafrechtlich eine Garantenpflicht im Sinne des § 13 Abs. 1 StGB treffen, solche im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Unternehmens stehende Straftaten von Unternehmensangehörigen zu verhindern [so beim Single Officer]. Z Dies ist die notwendige Kehrseite ihrer gegenüber der Unternehmensleitung übernommenen Pflicht [durch Annahme der Ernennung zum Single Officer], Rechtsverstöße und insbesondere Straftaten zu unterbinden. Nach diesem Urteil des Bundesgerichtshofs war der Angeklagte verpflichtet, die von ihm als überhöht erkannten Gebührenrechnungen des Unternehmens zu beanstanden. Er hätte diese rechtswidrige Praxis durch Unterrichtung des Vorstands- oder Aufsichtsrats unterbinden können und müssen. Es ist daher kein Grund ersichtlich, dass ein Single Officer neben den operativ Verantwortlichen nicht auch bestraft würde, wenn er eine von ihm erkannte unzulässige „contractual“- Belieferung von Wertpapiertransaktionen aus einem Fremdbestand nicht unterbinden und stattdessen die aufsichtsrechtlich zwingend erforderliche „actual“-Belieferung von der Geschäftsleitung durchsetzen ließe. Autor Ludger Michael Migge, LL.M (Medienrecht) ist Syndikusrechtsanwalt und Single Officer der DZ BANK AG in Frankfurt. Zuvor war er für die BaFin in der Aufsicht über Finanzdienstleistungs- und Kreditinstitute sowie in der Immobilien- und Finanzwirtschaft in den Funktionen Geschäftsleitung, Recht und Compliance tätig. 1 Zu den Details vgl. Migge, in: Renz, Hense, Marbeiter (Hrsg.), Wertpapier-Compliance in der Praxis, 2. Auflage, Berlin 2019, insbesondere S. 733 bis 739. 2 ESMA, Consultation Paper MiFID II / MiFIR, 22.05.2014, ESMA/2014/549, S. 54, 55, Rn. 10., 11. 3 § 81 Absatz 5 WpHG, Ziffer 2.1.5.1 Satz 1 sowie 2.1.5.2 MaDepot 07/2019 (WA). 4 Ziffer 2.1.5.4 Unterabsatz 1 i. V. m. 2.1.5.1 Satz 2 MaDepot 07/2019 (WA) sowie AT 4.3.1 MaRisk 09/2017 (BA) ebenso wie die aktuelle Konsultationsfassung 14/2020 vom 26. Oktober 2020. 5 Vgl. die sich aus den Erläuterungen der BaFin zu AT 4.4.2 Ziffer 4 Ma- Risk in der Konsultationsfassung 14/2020 vom 26.10.2020 ergebenden Einschränkungen. 6 Ziffer 2.1.5.2 MaDepot 07/2019 (WA), der hier an die weiteren Aufgaben des Single Officer angepasst wurde. 7 Richtlinie 2002/47/EG über Finanzsicherheiten in der konsolidierten Fassung vom 12. Juni 2014: Finanzsicherheiten sind Barsicherheiten, Art. 2 lit. d), Finanzinstrumente, Art. 2 lit. e), im Effektengiro übertragbare Wertpapiere, Art. 2 lit. g) und Kreditforderungen, Art. 2 lit o). Zu beachten ist, dass § 84 Abs. 6 WpHG Finanzsicherheiten und nicht nur Finanzinstrumente regelt. 8 Z. B. §§ 123 bis 126 WpHG sowie § 341a KAGB. 9 Z. B. im Depotgeschäft: § 120 Abs. 8 Nr. 27, 31 bis 34, 97, 110, 111, 123, 127 bis 133, Abs. 20 und 23 WpHG; § 340 Abs. 2 Satz 1 Nr. 25 bis 30, Nr. 50, 55 bis 58, Absatz 7 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 KAGB sowie jeweils §§ 130, 30, 9 OWiG. 10 Z. B. im Depotgeschäft: §§ 34, 35, 37 Depotgesetz sowie sämtliche Delikte des Allgemeinen Strafrechts aus dem Bereich Unterschlagung, Untreue und Betrug. 46 02 // 2021

REGULIERUNG Gemeinsam mit Hilmar Schwarz (DWP Bank) leitet Ludger Michael Migge auch den Online-Zertifikatslehrgang am 21. bis 22. April 2021 Beauftragte/r für den Schutz von Kundenfinanzinstrumenten und -geldern (Single/Safeguarding Officer) beim Bank-Verlag Weitere Infos und Anmeldung: https://www.bv-events.de/event/beauftragte-r-fuer-den-schutz-vonkundenfinanzinstrumenten-und-geldern-3-1. FAZIT Die Fragen zur organisatorischen Integration der Single-Officer-Funktion in ein Institut sind in der MaDepot im Wesentlichen ausreichend umrissen. In methodischer Hinsicht kann konkretisierend auf die Vorgaben der MaComp für den Compliance-Beauftragten zurückgegriffen werden. Die fachliche Verantwortung des Single Officer ist nicht abschließend geregelt. Überall dort, wo ein Institut im Zusammenhang mit seinem Wertpapiergeschäft tatsächlich und / oder rechtlich auf Finanzinstrumente und / oder für das Wertpapiergeschäft zweckbestimmte Gelder ihrer unmittelbaren und mittelbaren Kunden einwirken kann, ist die Single-Officer-Funktion grundsätzlich betroffen. Dies gilt auch, wenn ein Institut selbst kein Depotgeschäft betreibt. Die Bestimmungen zum Schutz von Kundengeldern sind noch weithin ungeklärt. Es liegt eine gesicherte Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Strafsachen vor, die bei einer schuldhaften Verletzung seiner Überwachungs- und / oder Berichtspflichten auch eine strafrechtliche Verurteilung eines Single Officer möglich erscheinen lässt. Bußgeldrechtliche Sanktionen sind ebenfalls möglich. 02 // 2021 47

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