MANAGEMENT die bank: Wenig überraschend haben Kredit-FinTechs unter der Corona-Krise gelitten. Wie ist bei Ihnen das Geschäft gelaufen? Grobe: Auch wir haben Herausforderungen zu meistern und unsere ambitionierten Wachstumsziele nicht erreicht. Man wächst nicht mehr mit dem Faktor 3 oder 4, sondern nur noch um wenige Prozent. Wegen Corona schreiben unsere Kunden nicht mehr so viele Rechnungen wie vormals. Im April, Mai, Juni ist das Geschäft eingebrochen, dann lief es wieder besser. Der November 2020 war dann sogar der absolute Rekordmonat in Billies Geschichte, weil wir einen Ansturm von Neukunden hatten. Das waren vielfach Firmen, die im Spätsommer aus der Krise gekommen sind und für ihr Wachstum Kapital brauchen. Wir haben im November erstmals über 30 Mio. € finanziert. die bank: Zu den Herausforderungen gehörte auch, dass Billie mit der Wirecard Bank zusammengearbeitet hat. Wie haben Sie das Problem gelöst? Grobe: Nachdem wir die Geschäftsbeziehung mit der Wirecard Bank beendet hatten, die ein Refinanzierungspartner war und einen Teil unserer Transaktionskonten führte, hat die UniCredit im Sommer 2020 diese Aufgaben übernommen. Wir sind heute mit allen führenden deutschen Banken im Gespräch, wie man deren Refinanzierungsstrukturen nutzen kann, um mehr Kapital an kleinere Unternehmen zu geben. Die erste Bank, mit der wir zusammengearbeitet haben, war die Targobank. die bank: Was waren bislang die Meilensteine, und was sind Ihre Pläne für die kommenden Jahre? Grobe: In einem ersten Schritt haben wir kleinen und mittleren Unternehmen Factoring angeboten. In einem zweiten Schritt haben wir komplett digitalisiertes Factoring in den Check-out von B2B-Shops überführt. Der nächste große Schritt wird sein, diese beiden Angebote zusammenzuführen. Firmen, die in den B2B-Check-out kommen, sehen dort zum Beispiel, dass der Händler 30 Tage Zahlungsziel anbietet. Aber sie möchten ggf. das Zahlungsziel flexibler gestalten, bevorzugt 60 oder 90 Tage oder möchten in Raten zahlen. Wir bieten diesen Firmen dann an, die gewünschte Zahlungsmethode für all ihre Rechnungen zu wählen, auch für die mit Offline-Händlern. „One size fits all“ passt nicht in die moderne modulare digitale Welt. Wir schaffen ein Netzwerk von B2B-Payments, mit dem wir neben der Verkäufer- auch verstärkt die Käuferseite adressieren. die bank: Wo sehen Sie die wichtigsten Trends bei den FinTechs? Grobe: Wir nennen es das goldene Dreieck von B2B-Payments. Die drei Ecken werden gebildet von: erstens Zahlungsverkehrslösungen, also dem Business Banking, zweitens Finance Workflow und Accounting Automatisation und drittens der Bereitstellung von Liquidität. Viele Payment-Start-ups hatten eines dieser Angebote. Jetzt setzt sich die Erkenntnis durch, dass der Kunde keine Lust mehr hat, vier oder fünf Apps zu nutzen, um einen Kredit mit einem Finance Workflow zusammenzubringen. Alle FinTechs versuchen deshalb jetzt, ihren Platz in der Mitte des Dreiecks zu finden, also alles aus einer Hand anzubieten. die bank: Einige FinTechs haben schon die Fühler Richtung Ausland ausgestreckt, mit unterschiedlichem Erfolg. Plant auch Billie den Gang über die Grenzen? Grobe: Momentan nicht. Das Ziel ist es, eines Tages ein europaweiter Anbieter zu sein. Aber wegen der technischen Komplexität in diesem Bereich werden wir diesen Schritt sehr sorgfältig vorbereiten. Klarna etwa hat fünf Jahre gebraucht, bis man aus Schweden nach Deutschland gegangen ist. die bank: Nicht jeder kennt Billie. Wie machen Sie die Marke bekannter? Grobe: Neben der Nutzung von Online-Kanälen setzen wir weiter auch auf den persönlichen Kontakt per Brief, E-Mail oder Telefon. Es gibt immer noch viele Firmen, die nicht so digital in ihrer Informationsbeschaffung unterwegs sind. die bank: Sie haben bislang in drei Finanzierungsrunden 43,5 Mio. € eingesammelt, zuletzt im April 2019 30 Mio. € in der Series-B. Wird das Geld langsam knapp? Grobe: Nein, wir haben noch den Großteil der 30 Mio. € auf unseren Konten. Wir können noch lange an unserer Vision arbeiten, bevor wir das nächste Mal Geld tanken müssen. die bank: Aktuell sieht man hier nur wenige Kollegen in den Großraumbüros. Wie läuft es mit dem Homeoffice? Grobe: In den ersten beiden Monaten des ersten Lockdowns haben wir das Büro komplett geschlossen, anschließend ha- 20 02 // 2021
MANAGEMENT ben wir den Mitarbeitern freigestellt, ob sie zu Hause oder im Büro arbeiten möchten. Im Dezember waren rund 80 Prozent im Homeoffice. Unsere ganze Technologie ist in der Cloud, das ist also kein Problem. Es funktioniert viel besser als erwartet. die bank: Ihre Büros haben sie gemietet und sogar Platz für 140 Kollegen. Da können Sie ja künftig viel Geld sparen. Grobe: Auch wenn es gut läuft, man merkt schon, dass man das Büro braucht für soziale Interaktion, etwa wenn wir Probleme lösen müssen. Das Büro kann natürlich auch stören, wenn man fokussiert Aufgaben beenden muss. Ich glaube aber, dass sich die Anforderungen an die Räume ändern werden. Wir schaffen große Besprechungsräume, werden aber auch kleinere Zimmer haben, in denen man ungestört arbeiten kann. Es geht in Richtung Hot Desk, bei dem jeder seinen Arbeitsplatz digital buchen kann. Da gibt es schon sehr gute technische Lösungen. die bank: Nicht jedes FinTech kommt gut durch die Krise. In der Branche gab es Kurzarbeit und Entlassungen. Ist es leichter geworden, passende Mitarbeiter zu finden? Grobe: Bei den technischen Positionen läuft es gut, da dort die Wechselbereitschaft groß ist. Die Spezialisten kommen aus verschiedenen Ländern, sind es 02 // 2021 21
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