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die bank 02 // 2020

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

REGULIERUNG Konsistenz

REGULIERUNG Konsistenz vermeintlich einfacher Planungsprämissen, etwa zur Inflations- oder Zinsniveauentwicklung oder auch für die Personalund Sachkostenveränderung, keineswegs selbstverständlich. Qualitative Analyse Neben den äußeren Abhängigkeiten, die für viele Institute ähnlich sind, sollte hier die Aufmerksamkeit zunächst auf die internen Abhängigkeiten gerichtet werden – wobei im Fall von Sparkassen und Genossenschaftsbanken die De-facto-Abhängigkeit von den gruppenspezifischen Dienstleistern durchaus externe Züge annehmen kann. Neben den IT-Rahmenbedingungen und den damit oft verbundenen prozessualen Restriktionen ist insbesondere die qualitative und quantitative Ressourcensituation zu bewerten. Jede substanzielle Veränderung setzt eine entsprechende Mitarbeiterausstattung, aber auch Führungskapazität voraus – beide Faktoren sind meist nur sehr langfristig grundlegend beeinflussbar. Die Positionierung gegenüber Kunden, Geschäftspartnern und Wettbewerbern – also das vielbeschworene Alleinstellungsmerkmal (Unique Selling Proposition – USP) – ist in vielen strategischen Analysen durch ungeprüfte, beinahe floskelhafte Pauschalaussagen geprägt. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass vor allem weiche Faktoren, wie hohe Kundenbindung oder bestehende Vertrauensverhältnisse, bisweilen schneller als gedacht verloren gehen oder gar nicht die Belastbarkeit besitzen, die ihnen hinsichtlich der Vertriebs- und Margenerwartung zugesprochen wird. Auch ist etwa die Bedeutung eines Filialnetzes nur im konkreten Zielmarkt vor dem Hintergrund von regionaler Demograpfie, Zielkundenerwartungen und Wettbewerberverhalten bewertbar. Im Ergebnis sind sogenannte Me-Too- Strategien in der Realität deutlich weiter verbreitet als viele Institute das sich selbst gegenüber zugeben – was nicht per se ein Strategiehindernis ist, sich aber zumindest in den Parametern für die strategische Planung spiegeln sollte. Anfälligkeiten und Schwächen Als mögliche Anfälligkeiten führt die Aufsicht exemplarisch Schwankungen im Finanzergebnis, Konzentrationsrisiken und Volatilitäten etwa im Ertrag oder auch externe Faktoren an. Risiken aus der Refinanzierung sollten angesichts der jüngsten Stresstestergebnisse beherrschbar sein, und auch externe Abhängigkeiten sollten in der Umfeldanalyse bewusstgeworden sein. Bemerkenswert ist die explizite Warnung vor Vertrauen auf unrealistische Strategien – man könnte vermuten, dass derlei in der Vergangenheit bereits praktisch vorgekommen ist. Der Hinweis sollte zumindest als Aufforderung verstanden werden, auch bei der Strategieentwicklung in Alternativszenarien zu denken und die Planung nicht nur auf den Good oder Best Case der Annahmen zu basieren. Erfolgstreiber Unter Erfolgstreibern versteht die Aufsicht wesentliche geplante Veränderungen im Geschäftsmodell gegenüber dem Status quo. Die Erfolgsvoraussetzungen für die Umsetzung der geplanten Strategie sind daher kritisch zu hinterfragen. So wird vielfach die Frage erlaubt sein (müssen), wie genau denn höhere Volumina bei höheren Margen mit geringen Risiken und sinkenden Kosten realisierbar sein könnten und wie auch bei sehr ähnlichen Strategien der relevanten Wettbewerber der Erfolg der eigenen Strategie gesichert werden kann. Operationalisierung und Umsetzung Einer der wesentlichsten Indikatoren für das neue Selbstverständnis der Aufsicht ist der zunehmende Fokus auf Führung und Umsetzung. So sind Veränderungen im Geschäftsmodell auf das Vorhandensein der (quantitativen und 48 02 // 2020

REGULIERUNG qualitativen) Ausführungsvoraussetzungen zu prüfen. Und wenn die Erfolgsbilanz des Instituts in der Treffgenauigkeit früherer Prognosen oder der Umsetzung bisheriger Strategien Schwächen aufweist, bedürfen sowohl Strategie als auch Umsetzungsplanung besonderer Aufmerksamkeit – insbesondere wenn die Strategie im Vergleich zur Vergangenheit zunehmende Komplexität aufweist. Die tatsächliche Umsetzungs- und Erfolgswahrscheinlichkeit des Geschäftsmodells ist also realistisch und selbstkritisch zu bewerten – der allzu oft gewählte Ansatz „Papier ist geduldig“ hält dem Anspruch der Aufsicht längst nicht mehr stand. Organisatorische Verankerung der internen Geschäftsmodellanalyse In der Praxis stellt sich die Frage, wer eine so verstandene Prüfung und Bewertung der strategischen Planung vornehmen sollte. Die Verantwortung für Strategie und Geschäftsmodell liegt ausschließlich bei der Geschäftsleitung – Grund dafür, dass die Prüfung des Strategieprozesses durch die Revision sich meist auf formale Aspekte beschränkt und ansonsten erst bei der Risikoplanung ansetzt. Je nach Ausgestaltung des Strategieprozesses sind übergreifend aufgestellte Organisationseinheiten, etwa die Unternehmensentwicklung oder der Vorstandsstab, damit beauftragt, die Qualität der Planung sicherzustellen. Hier könnten jedoch im Einzelfall Interessenkonflikte auftreten, z. B. wenn mögliche Diskrepanzen zwischen der Top- Down- und der Bottom-Up-Planung nur vordergründig und nicht substanziell beseitigt werden konnten. Es wird daher empfohlen, in die Prüfung der strategischen Planung und des Geschäftsmodells eine unabhängige Stelle einzubeziehen. Im Idealfall verfügt die Interne Revision über Mitarbeiter mit entsprechender Erfahrung und ebensolchem Standing, die frühzeitig in die inhaltliche Qualitätssicherung einbezogen werden. Alternativ oder als übergangsweise Verstärkung der Revision können externe Prüfer diese Aufgabe übernehmen. Wichtig ist jedoch in jedem Falle eine hohe Verbindlichkeit und zugleich Vertraulichkeit, um nicht das Gesamthaus mit unproduktiven Diskussionen über die Qualität der Strategie zu befassen. FAZIT Die Geschäftsmodellanalyse im Rahmen des SREP könnte vordergründig zunächst als weiterer Ausfluss von Überregulierung empfunden werden. Richtig verstanden birgt das von der Aufsicht entworfene Analyse-Raster jedoch die Chance, die eigene Planung und das eigene Geschäftsmodell einer systematischen und kritischen Überprüfung zu unterziehen. Diese Chance sollte nicht zuletzt von den Instituten aktiv genutzt werden, bei denen der neue Aufsichtsprozess bislang noch keine Anwendung fand. Eine frühzeitige Vorbereitung steigert nicht nur die Qualität der eigenen Strategie, sondern erleichtert auch künftige Prüfungen durch die Aufsicht. Autor Dr. Guido Drewes ist Prokurist bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft GC&C Audit in Düsseldorf. Der Diplom-Kaufmann verfügt über mehr als 20 Jahre Erfahrung in der Top-Management- und Strategieberatung. 02 // 2020 49

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