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die bank 02 // 2020

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die bank gehört zu den bedeutendsten Publikationen der gesamten Kreditwirtschaft. Die Autoren sind ausnahmslos Experten von hohem Rang. Das Themenspektrum ist weit gefächert und umfasst fachlich fundierte Informationen. Seit 1961 ist die bank die meinungsbildende Fachzeitschrift für Entscheider in privaten Banken, Sparkassen und kreditgenossenschaftlichen Instituten. Mit Themen aus den Bereichen Bankmanagement, Regulatorik, Risikomanagement, Compliance, Zahlungsverkehr, Bankorganisation & Prozessoptimierung und Digitalisierung & Finanzinnovationen vermittelt die bank ihren Lesern Strategien, Technologien, Trends und Managementideen der gesamten Kreditwirtschaft.

MANAGEMENT 1 |

MANAGEMENT 1 | Ratingmigrationsmatrix von / nach AAA (%) AA (%) A (%) BBB (%) AAA 89,797 9,677 0,496 0 AA 0,06 93,835 5,735 0,28 A 0,014 2,419 93,397 3,944 kumulierte Wahrscheinlichkeit 0,06 93,895 99,63 99,91 Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten der ESMA. Diesem Vorgehen liegt die Annahme der vollständigen Schließung der Refinanzierungs-Gaps des Instituts zugrunde. Die Liquiditätsablaufbilanz zur Messung des Liquidity- Value-at-Risk umfasst daher alle Bilanzpositionen, d. h. auch Positionen wie Grundstücke und Gebäude, Eigenkapital etc. sind hier enthalten. Berücksichtigt werden dabei nur Tilgungs-Cashflows, Zinszahlungs-Cashflows sind entsprechend nicht enthalten. In Analogie zur barwertigen Zinsrisikosteuerung enthält diese Liquiditätsablaufbilanz auch kein nicht mit einem fixierten Liquiditätsspread versehenes Neugeschäft. Ableitung des Konfidenzniveaus Um das Konfidenzniveau von 99,9 Prozent zu berücksichtigen und so eine sinnvolle Integration des Refinanzierungskostenrisikos im Rahmen der Risikotragfähigkeit zu ermöglichen, wird die Differenz zwischen Ausgangsund Zielratingklasse bzw. das Ausmaß des Downgrades durch ein vorgegebenes Konfidenzniveau, das auf eine Migrationsmatrix mit 1-Jahres-Ausfallwahrscheinlichkeiten bezogen wird, ermittelt. Ausgehend von der eigenen Ratingklasse erfolgt eine Summierung der Ausfallwahrscheinlichkeiten der gesamten Zeilenwerte. In der Ratingmigrationsmatrix ÿ 1 wird das Konfidenzniveau von 99,9 Prozent mit einem Wert von 99,91 Prozent bei Migration in die Ratingklasse BBB erreicht. Die Spreaddifferenzen zwischen der Ausgangsratingklasse AA und der so ermittelten Zielratingklasse BBB sind daher Grundlage für die weiteren Berechnungen. Gedankliche Annahme ist hier, dass sich das Rating des eigenen Instituts aufgrund veränderter Einschätzungen der Marktteilnehmer verschlechtert und die Ver- änderung bzw. Erhöhung des verbarwerteten Refinanzierungskostenaufwands das Risiko dieser Veränderung quantifiziert. Ermittlung der Spreaddifferenzen Basierend auf den ermittelten Start- und Zielratingklassen wird eine Datenhistorie für die Spreadwerte der Ratingklassen ermittelt. Problematisch für ein nicht-kapitalmarktorientiertes Institut ohne eigene Emissionstätigkeit ist in diesem Zusammenhang die Ermittlung der entsprechenden Liquiditätsspreads. In der LBS Nord wurde zu diesem Zweck eine Historie mit Renditen des Segments „Financial Unsecured“ für die verschiedenen Ratingklassen für einen Zeitraum von sechs Jahren aufgebaut. Aus diesen historischen Werten werden dann zunächst die Spreaddifferenzen ermittelt. Die Spreaddifferenzen werden dann auf die Liquiditätsspreadkurve der Startratingklasse addiert, bevor auf dieser Basis schließlich die in die Kalkulation des Liquidity-Value-at-Risks einfließenden 1-Jahres-Forwards berechnet werden. Um nun nicht nur die Veränderungen zwischen den Spreads der Ratingklassen zu einem bestimmten Zeitpunkt, sondern auch die Veränderungen bzw. Volatilitäten innerhalb dieser Ratingklassen zu berücksichtigen, wurden die Spreaddifferenzen unter Berücksichtigung eines festen Intervalls ermittelt, den man auch als Haltedauer interpretieren kann. In dem in der Darstellung ÿ 2 dargestellten Beispiel wird das modifizierte Verfahren des Abzugs der Spreaddifferenzen unter Berücksichtigung eines historischen Analysezeitraums von 1.500 Tagen bei einer Haltedauer von 250 Tagen betrachtet. Für dieses konkrete Beispiel ergeben sich folglich 1.250 Spread- Veränderungswerte unter Berücksichtigung der Haltedauer und der Ratingmigration für jede Laufzeitstützstelle bzw. 2.500 Werte, wenn zusätzlich gespiegelte Werte in der Kalkulation berücksichtigt werden. Das beschriebene Verfahren wird für jede Stützstelle der Kurve durchgeführt, somit erhält man für jeden Tag der Betrachtungsperiode und jede Stützstelle Werte für die Spreaddifferenzen zwischen den Ratingklassen. Aus der Erhebung der Spreaddifferenzen ergibt sich dann eine Matrix, die für jeden Tag der Betrachtungsperiode und für jede Stützstelle der beiden Liquiditätsspreadkurven die Spreaddifferenzen gem. definierter Haltedauer zwischen Start- und Zielratingklasse ausweist. Die Forward Rates zur Berechnung der Refinanzierungskosten werden auf Basis des Briefsatzes der kombinierten Bewertungs-, der institutseigenen Liquiditätsspreadkurve und des ermittelten Liquiditätsspreadszenarios berechnet. Die Berechnung der einjährigen Forward Rates für die Ermittlung des Kosten- Cashflows für den Refinanzierungsbedarf basiert somit auf den folgenden drei Komponenten: 1. Bewertungskurve: Die risikofreie Zinsstrukturkurve zum Analysezeitpunkt. Die Zinsstrukturkurve wird für die Bewertung eines zukünftigen sicheren Cashflows herangezogen. Auf Basis dieser Kurve berechnen sich die zur Diskontierung genutzten Zerobond-Abzinsungsfaktoren. 2. Liquiditätsspreadkurve (institutseigen): Die Liquiditätsspreadkurve des betrachteten Instituts zum Analysezeitpunkt. Die Summe aus Bewertungskurve und Liquiditätsspreadkurve für jede Stützstelle spiegelt die institutsspezifischen Refinanzierungskosten zum Analysezeitpunkt wider. 42 02 // 2020

MANAGEMENT 2 | Spreadentwicklung zwischen Start- und Zielratingklasse für einen Laufzeitstützpunkt Dimension (t) % Eine Spreadveränderung aus der historischen Analyse zwischen Start- und Zielratingklasse am Beispiel eines Laufzeitstützpunkts HD = 250 Tage Spreadentwicklung eines Laufzeitstützpunkts (Zielrating BBB). Spreadentwicklung eines Laufzeitstützpunkts (eigenes Rating AA). t historischer Analysezeitraum 1.500 Tage Quelle: Eigene Darstellung. 3. Spreadszenario: Das Spreadszenario beinhaltet die Annahme zur Veränderung der institutseigenen Liquiditätsspreadkurve unter Berücksichtigung des Intervalls der Spreaddifferenzen. Relevant für die Schließung sind dann nur die kumulierten negativen Refinanzierungslücken, die mit einjährigen Forward-Geschäften geschlossen werden. Eine Refinanzierungslücke im Laufzeitband vier bis fünf Jahre würde daher mit einem Forward-Geschäft geschlossen, das in vier Jahren startet und eine Laufzeit von einem Jahr aufweist. Ermittlung der Kostenbarwerte Für jedes Datum der Betrachtungsperiode liegen somit für jede Stützstelle Spreadaufschläge auf Basis der Terminzinssätze mit einem zeitlichem Verschub gemäß der definierten Haltedauer vor. Diese daraus ermittelten Forward- Rates werden anschließend auf die negativen, kumulierten Liquiditäts-Gaps bezogen. Der ermittelte Aufwand für die Schließung der offenen Refinanzierungslücken wird anschließend noch mit der risikolosen Zinskurve verbarwertet. Aus der Addition der so ermittelten Barwerte für die verschiedenen Laufzeitbänder bzw. Stützstellen ergeben sich die Kostenbarwerte für jedes einzelne Szenario. Aus den Kostenbarwerten wird schließlich eine Verlustverteilung gebildet, aus der der Risikowert des Liquidity-Value-at-Risk gemäß Konfidenzniveau abgeleitet wird. Nach Abzug des aktuellen Kostenbarwerts per Auswertungsstichtag erhält man so den Liquidity- Value-at-Risk als Differenz zwischen dem Kostenbarwert des Risikoszenarios und dem aktuellem Kostenbarwert des Auswertungsstichtags. FAZIT Mit der Weiterentwicklung der Methodik zur Messung des Refinanzierungskostenrisikos in der LBS Nord konnten zwei Schwachpunkte der bisherigen Messmethodik behoben werden. Wurde bisher in einer eher statischen Form das Refinanzierungskostenrisiko auf Basis der am Stichtag erhobenen Liquiditätsspreads und der entsprechenden, stichtagsbezogenen Liquiditätsablaufbilanz gemessen, so stellt das neue Verfahren eine Art Liquidity-Value-at-Risk auf Basis einer historischen Simulation dar, da die Erhebung der Spreaddifferenzen über einen historischen Betrachtungszeitraum erfolgt. Zudem werden in der weiterentwickelten Methodik die Spreadvolatilitäten zwischen den Spreads der Ausgangs- und Zielratingklasse und damit auch innerhalb der Ratingklassen berücksichtigt. Weiterhin wurde bezüglich der Bestandteile und der Laufzeiten der Produkte in den Liquiditätsablaufbilanzen konsequent zwischen der Messung des Zahlungsunfähigkeits- und des Refinanzierungskostenrisikos unterschieden. Mit der Weiterentwicklung des Liquiditätsrisikomodells in der LBS Nord wurden die bisherigen Schwachstellen der Methodik behoben und somit eine konsistente Integration des ökonomischen Liquiditätsrisikos in die Risikomessung ermöglicht. Autor Andreas Köbe, Dipl.-Betriebswirt, ist Liquiditätsrisikocontroller bei der LBS Norddeutsche Landesbausparkasse Berlin-Hannover, Hannover. 02 // 2020 43

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