MARKT Das durch Business Angels zur Verfügung gestellte Risikokapital stellt eine weitere Möglichkeit der Finanzierung dar. Bei Business Angels handelt es sich häufig um wohlhabende Personen, die Teile ihres Privatvermögens in Unternehmensbeteiligungen investieren. Auch hier kann das junge Unternehmen häufig von der ausgeprägten Expertise der Business Angels im Gesellschafterkreis profitieren. Nachteil dieser Finanzierungslösung ist aus Sicht kapitalintensiver Unternehmen, dass die Dealgrößen – aufgrund der überlegenden Finanzkraft von Venture Capital Fonds – bei Business Angels kleiner sind. Neben Bootstrapping, Venture Capital und Business Angels existieren noch weitere, alternative Eigenkapitalfinanzierungen für Start-ups wie das Crowdfunding, bei dem das Start-up über eine Internet-Plattform Kapital von vielen Investoren sammelt. In der Praxis haben sich diese Finanzierungsformen jedoch noch nicht für die breite Masse etabliert. Welche Finanzierung eignet sich am besten zur Internationalisierung? Jungunternehmen, die schnell internationalisieren möchten, haben im Vergleich zu Unternehmen, die organisch auf dem Heimatmarkt wachsen, einen viel höheren Kapitalbedarf. Daher eignen sich für sie lediglich Finanzierungsformen, bei denen überdurchschnittlich hohe Volumina bereitgestellt werden. Zudem muss der Kapitalgeber dem Start-up genügend wirtschaftliche Freiheiten für ausreichende Wachstumsmöglichkeiten garantieren. Konkret bedeutet das, dass der Kapitalgeber bereit sein sollte, in den ersten Jahren negative Cashflows zu tolerieren. Aufgrund der hohen Relevanz von Erfahrungswissen für die Internationalisierung erscheint es außerdem zielführend, Finanzierungen in Anspruch zu nehmen, die mit Management-Unterstützung verbunden sind und über die bloße Bereitstellung von Kapital hinausgehen. Obwohl die Finanzierung über 24 02 // 2020
MARKT (Corporate) Venture Capital eine sehr teure Form der Finanzierung darstellt, erscheint sie geeignet, um eine schnelle Internationalisierung zu stemmen: Über die Inanspruchnahme einer hohen Menge an Wagniskapital können die Risiken einer internationalen Expansion kompensiert werden. Denn Venture- Capital-Gesellschaften sind durch ihr hohes Interesse an schnellem Unternehmenswachstum eher bereit, über die ersten Jahre nach der Gründung Verluste ihrer Portfoliounternehmen zu akzeptieren, wenn diese sich dafür auf lange Sicht zu globalen Marktführern in ihren Branchen entwickeln und profitabel werden. So können VC-finanzierte Start-ups eventuelle Fehler bei der Internationalisierung wie schlagende Währungsrisiken oder Fehlinvestitionen besser kompensieren, weil sie im Gegensatz zu ressourcenarmen, organisch gewachsenen Unternehmen durch ihre hohe Kapitalisierung eine „zweite Chance“ erhalten können. Und tatsächlich fällt bei der Analyse der deutschen Start-ups auf der aktuellen Unicorn-Liste auf, dass die meisten dieser Unternehmen Venture-Capital-Gesellschaften in ihrem Gesellschafterkreis haben: So werden beispielsweise Anteile des FinTechs N26 von den Kapitalgebern Redalpine und Earlybird gehalten, und FlixBus hat sich durch Kapital von Holtzbrinck Ventures finanziert. Bei der Analyse der internationalen Verteilung von Risikokapital zeigt sich jedoch ein Rückstand Deutschlands: Laut einer gemeinsamen Analyse von Roland Berger und anderen wurden im Jahr 2017 auf dem US-amerikanischen Markt Venture-Capital-Investitionen in Höhe von 63,8 Mrd. € getätigt (0,371 Prozent des BIP); in Deutschland lag die Summe im gleichen Zeitraum bei lediglich 1,1 Mrd. €. Dies entspricht lediglich 0,035 Prozent des deutschen BIP. FAZIT Die Bedeutung von Start-ups für den erfolgreichen Fortbestand einer Volkswirtschaft ist unbestritten, wie die zahlreichen Beispiele von Wandel durch Innovation illustrieren. Weil vor allem in den digitalen Branchen der Wettbewerb heute auf globaler Ebene stattfindet, gilt es für Start-ups in Deutschland ideale Rahmenbedingungen zu schaffen, um schnell international erfolgreich zu werden. Neben qualitativen Erfolgsfaktoren wie dem Gründerteam oder dem Geschäftsmodell kommt dabei der Start-up-Finanzierung eine besondere Bedeutung zu, da die mangelnde Kapitalisierung einen der größten Gründe für das Scheitern junger Unternehmen darstellt. Der im Vergleich zu anderen Volkswirtschaften herrschende Mangel an Wagniskapital auf dem hiesigen Markt ist symptomatisch für die deutsche Risikoaversion. Hier könnten beispielsweise steuerliche Anreize geschaffen werden, um Investitionen durch Venture-Capital-Gesellschaften oder Business Angels auf dem deutschen Markt zu fördern. Auch ein leichterer Zugang für Start-ups zu Fremdkapital wäre wünschenswert. So fordern einige Experten, dass Geschäftsund auch Förderbanken ihre Kriterien bei der Kreditvergabe an Start-ups im Rahmen ihrer Möglichkeiten nachjustieren und größeres Verständnis für die jungen Geschäftsmodelle entwickeln sollten. Autoren Jan Lange ist als Spezialberater Finanzierung bei der DB Privat- und Firmenkundenbank tätig. Sein Schwerpunkt liegt auf gewerblichen Finanzierungen sowie komplexen Immobilienfinanzierungen. Der Autor dankt Prof. Norbert Schlottmann (DHBW Mannheim) für die Unterstützung als wissenschaftlicher Betreuer beim Verfassen dieses Beitrags. 1 CB Insights (Online im Internet): „The Global Unicorn Club“. 2 Vgl. Johanson, J. / Vahlne, J. : „The Internationalization Process of the Firm - A Model of Knowledge Development and Increasing Foreign Market Commitments”. In: „Journal of International Business Studies”, Nr. 8/1977. 3 Vgl. Oviatt, B. / McDougall, P.: „Global start-ups: Entrepreneurs on a worldwide stage.” In: Academy of Management Executive, Nr. 9/1995. 4 Vgl. KfW-Mittelstandspanel 2019. 5 Vgl. Windborg, J./ Landström, H.: „Financial Bootstrapping in Small Businesses: Examining Small Business Mangers' Resource Acquisition Behaviors.” In: „Journal of Business Venturin”, Nr. 16/2000. 02 // 2020 25
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